Antwort #101: November 17, 2014, 18:12:25
Serraos Text kann ich fast zu 100% unterschreiben. Und doch hinterlässt er ein ungutes Gefühl bei mir.
Das beschriebene Phänomen - immer schriller werdender Ton - Schweigespirale - Ausgrenzung von als "politisch unkorrekt" eingestuften Meinungen, diese Scheinheiligkeit und Intoleranz der vermeintlich Toleranten beklage ich auch seit längerem. Und mit den beiden letzten Worten hängt dann auch mein ungutes Gefühl zusammen. Seit längerem. Seit längerem durchzieht dieses Phänomen den Journalismus fast flächendeckend. Bei einer ganzen Reihe von Themen, "rechte Szene", Hooligans, Drogen, Ökologie. Die Liste liesse sich wohl noch deutlich verlängern. Auch und gerade die Süddeutsche ist da alles andere als eine löbliche Ausnahme. Bis heute las ich noch nie solche selbstkritischen Überlegungen (natürlich nur bedingt selbstkritisch; bezogen auf die Branche ist es selbstkritisch, aber angeprangert werden natürlich "andere").
Dass es heute soweit ist und solche Überlegungen angestellt werden, ist gut. Und ich hoffe, es ist purer Zufall, dass sie gerade jetzt und bei diesem Thema endlich angestellt werden. Ich hoffe, Serraos Text wäre auch erschienen, wenn man Frau Henkel nicht "Homophobie" hätte unterstellen können, sondern z.B. Sympathien für die Hooligan-Szene. Ich hoffe, allein ich zweifle.
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Complete liberty of contradicting and disproving our opinion, is the very condition which justifies us in assuming its truth for purposes of action; and on no other terms can a being with human faculties have any rational assurance of being right. (John Stuart Mill - On Liberty)