Ich denke wir sind uns ziemlich einig, mir ist das nur zu viel des Guten, was so geschrieben wird. En détail…
Da war Think Different, 1997, damals für die kleine, verzagte Mac-Gemeinde wohl die passende Werbung, wenn auch pathetisch bis auf die Knochen. Und seitdem?
Hatte z.B. die Get-a-Mac-Reihe eine andere Message? Ja, jede Episode hat irgend einen wirklichen Vorzug thematisiert. Aber allen gemeinsam war doch die Message, mit dem Kauf eines Mac wirst Du vom trotteligen Biedermann zum sympathischen dynamischen Typen.
Korrekt, wie bei fast jeder Werbung. Nimmt man das richtige Deo, fallen die schönsten Frauen über einen her. Sitzt man im richtigen Auto, hat man eine glückliche Familie und/oder ein tolles, aufregendes Leben. Apple hat vielleicht mit als erster im Computer-Bereich damit geworben. Das ist sicher ganz wesentlich.
Was sie aber nicht behaupteten: Man wird durch einen Mac ein
besserer Mensch. Oder das Apple
moralisch überlegen wäre.
Das ist doch mehr eine Projektion, die sich lange aus dem Status des Underdogs ergab. Und natürlich zelebrierte Apple diese Rolle geradezu, erst gegen IBM, dann gegen MS. Das sprach natürlich die Sozialromantiker an. Und dann war Jobs auch irgendwann mal so was wie ein Beinahe-Hippie.
Immer wieder kommt es ja zur Fehlannahme, die Underdogs (auch die Verlierer) sei irgendwie der bessere Menschenschlag. Das ist ja ein uraltes Motiv in vielen Kulturen.
Man muss aber aufpassen, sich da nicht irgendeine charakterliche Stärke bei Kauf des richtigen Produkts heraus zu konstruieren. Das spielt ja überall eine Rolle, ich sag' nur Bio oder Manufaktum. Es wird nicht gesagt, aber den Effekt gibt es wohl - angeblich sogar messbar.
Wo es meiner Meinung nach geradezu lächerlich wird, ist, wenn man seine eigene Projektion überprüft und dann krakeelt, man wäre betrogen worden. Wo doch in Wirklichkeit v.a. ein Selbstbetrug stattfand.
Ich meine, es war für mich schon auch tatsächlich beglückend, als ich meinen ersten Mac kaufte. Das habe ich eine zeitlang auch Jedem erzählt. Das man damit klare Kante gegen das verhasste Monopol fuhr, nahm ich gerne mit. Weil Monopole immer schlecht sind.
Ich war natürlich auch frustrierter Windows-Nutzer, schon meinen ersten PC kaufte ich widerwillig, für einen neuen Amiga hätte ich das Fünffache bezahlt, aber die gab es ja nicht mehr.
Bin ich deswegen besser oder auch nur cooler? Natürlich nicht.
Und Apple ist immer schon ein Konzern gewesen, nicht anderes. Eine Weile haben sie viel richtig gemacht und womöglich jetzt nicht mehr ganz so viel. Das ist alles.
Und mir scheint, man wusste und weiss auch sonst gut, den mittlerweile zum Selbstläufer gewordenen und natürlich in stärkerem Masse von der "Jüngerschaft" als von Apple selbst kultivierten Mythos subtil immer wieder zu befeuern. Zugegeben, schwer sich an die einzelnen Impulse alle zu erinnern und sie wirklich fest zu pinnen. Mag sein, dass einiges davon nicht mal Absicht ist. Aber hey, brauchen wir über die Gesamtausstrahlung der Firma Apple, die sich ja wohl kaum völlig von selbst aufgebaut hat, wirklich ernsthaft diskutieren?
Klar, so sagt man natürlich Sachen wie „alles, was uns antreibt ist, die besten Produkte herzustellen.“
Man muss hier aber echt mal auf andere US-Firmen gucken. In dieser Intensität tut man das ja selten. Dort wird einfach generell mit mehr salbungsvollen Worten und Show gearbeitet. Apple hat das sicher in den Jobs-Jahren perfektioniert. Wer darauf hereinfällt, ist aber selber schuld.
Ich sehe nicht, dass dies wirklich Verpflichtung wäre über die Produktqualität hinaus.
Selbstverständlich sehe ich aber
alle Firmen in der Pflicht, die Zustände der Produktion zu überwachen und wo nötig einzugreifen. Aber Apple nicht mehr als andere. Das sie mehr tun als die anderen, hat aber natürlich auch Gründe in der Erwartungshaltung der (potentiellen) Käufer (die das anders sehen als ich).
Schon lustig, irgendwie…