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Florian

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Jack Tramiel gestorben
April 10, 2012, 17:33:51
Heute ist der Commodore-Gründer und zeitweise Atari-Boss Jack Tramiel verstorben.

Commodore gab es ja schon seit 1953, anfangs reparierte man IBM-Maschinen und importierte Schreibmaschinen aus Europa. Ins Bewusstsein der breiten Masse kam man natürlich mit den Rechnern Anfang der 80er. Insbesondere der C64 war ja unglaublich erfolgreich.
Aber schon 1984 wurde Tramiel aus der Firma gedrängt und übernahm sehr bald die Hardwaresparte von Atari. Die waren damals schwer von der Videospielkrise gebeutelt, an der auch Commodore seinen Anteil gehabt hatte, denn deren Werbung machte die Überlegenheit der Heimcomputer gegenüber den Konsolen extrem zum Thema. Und tatsächlich waren Computer ja jetzt günstig genug.

Ein Spiegel-Artikel von 1984 bringt uns Tramiel sehr viel näher als heutige Nachrufe:
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13511455.html
Er war schon ein knallharter Manager.

Atari brachte nun den XL gegen den C64 heraus, und es entstand ein regelrechter Krieg zwischen den Firmen und der Userschaft.
Interessant auch die Geschichte um Amiga: Atari arbeitete mit ihnen zusammen (ursprünglich war eine Spielkonsole geplant) und wollte sie schließlich übernehmen, um einen 68000-basierten Heimcomputer zu entwickeln. Doch kurz vor Ablaufen der Gebotsfrist kam ihnen Commodore dazwischen. Daraus wurde dann der Commodore Amiga. Atari konnte mit dem ST kontern, aber die Stärken waren unterschiedlich. Wobei der ST in den Staaten mit Farbmonitor verkauft wurde und damit noch direkter konkurrierte.

Die Rivalität dauerte all die Jahre an, heute sind beide Firmen längst Geschichte.

Commodore wurde abgewickelt, der Name immer weiter verkauft und für alles missbraucht. Derzeit versucht „Commodore USA“ Intel-Rechner zu verkaufen mit Linux und „Commodore-Optik“.
Atari ist auch nur noch ein Name - Der Spielehersteller Infogrames kaufte sich ein und benannte sich um in Atari. In Europa sind die Markenrechte bei Namco Bandai.

Umso stärker muss man ja wohl das Comeback von Apple einordnen.

Nach diesem kleinen Ausflug in die Computergeschichte werde ich natürlich meinen immer noch tadellos funktionierenden C64 anschalten und mir die neuesten Demos reinziehen. Denn so tot die Firma, so lebendig die Szene. 

Jack Tramiel wird als großer Manager in Erinnerung bleiben, der lange den richtigen Riecher hatte und mit Vehemenz gegenüber allen Seiten den Computer für die Massen erschwinglich machte - natürlich um mehr davon zu verkaufen - aber das taten wir ja gerne.
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Re: Jack Tramiel gestorben
Antwort #1: April 11, 2012, 08:41:30
An Jack Tramiel kann ich mich auch noch gut erinnern. Ich habe fast 10 Jahre einen Atari STbetrieben und der lief mit TOS, was wahlweise The Operating System oder Tramiel Operating System heißt.

Ich erinnere mich doch gerne an diese Zeit. Man konnte so vieles entdecken und die Rechner auch noch mit Lötkolben und Geschick aufrüsten und verbessern.
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Florian

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Re: Jack Tramiel gestorben
Antwort #2: April 11, 2012, 14:38:26
Ich erinnere mich doch gerne an diese Zeit. Man konnte so vieles entdecken und die Rechner auch noch mit Lötkolben und Geschick aufrüsten und verbessern.

Das ist wohl auch der Grund, neben einer Riesenportion Nostalgie, warum es eben noch so viele treue Bastler und Programmierer gibt.
Ein solche Apple-Szene gibt es dagegen fast nicht. Weder gibt es Demos (naja, ein paar im Jahr falls Crossplatform, oft nicht funktionierend) oder viele Retrobastler oder neue Erweiterungskarten für den Apple II. Auch Emulator-mäßig herrscht in Bezug auf viele Plattformen Trübsal.
Entgegen des Klischees wurde und wird mit den teuren Apple-Geräten eben gearbeitet, sie waren nie so das Hobbyisten-Ding. Und Apple lebt es natürlich auch vor, siehe Rosetta, siehe kurze Supportdauer.
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Re: Jack Tramiel gestorben
Antwort #3: April 11, 2012, 15:01:09
Ich denke, eine noch "lebende" Plattform gibt halt ganz einfach weniger Anlass zu Basteleien, als eine "verstorbene". Falls der Mac dereinst auch das zeitliche segnen sollte, kann ich mir schon vorstellen, dass es da schon auch eine aktivere Bastler-Szene geben wird.
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Florian

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Re: Jack Tramiel gestorben
Antwort #4: April 11, 2012, 15:39:24
Stimmt schon, dass spielt wohl auch eine Rolle.
Allerdings ist der Apple II ja auch schon lange tot, und die Szene ist selbst in den USA sehr klein (okay, die ist insgesamt kleiner bei allen Plattformen). Und aktive Softwarehersteller für Classic OS kenne ich jetzt so auf Anhieb auch nicht. Die meisten haben selbst den PPC schon aufgegeben.
Ich sage mal die Nutzerschaft war eben schon eine andere, allein aufgrund des Preises. Übertrieben: Welcher Zwölfjährige hatte einen Apple II? Welcher 35-jährige fängt noch mit dem Programmieren an?
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Re: Jack Tramiel gestorben
Antwort #5: April 11, 2012, 15:54:51
Ich meinte allerdings Basteleien, während die Rechner noch aktiv waren.
Sowohl bei meinem Atari 600XL als auch bei meinem Atari ST habe ich durch Löten den Hauptspeicher vergrößert.
Beim XL dann diverse eigene Peripherie gebastelt und an die Joystick-Anschlüße (=Userport beim C64) angeschlossen.
Beim Atari ST dann noch zusätzlich die Geschwindigkeit der seriellen Schnittstelle verdoppelt, die Auflösung der Grafikkarte vergrößert (Overscan), fremde Diskettenlaufwerke angeschlossen, das ganze Gerät in ein XT-Gehäuse verfrachtet...

Man hat schon viel mehr gemacht. Wer würde denn heute an der Hauptplatine seines Macs Leiterbahnen unterbrechen und eigene Verbindungen per Kabel direkt an die Pins der ICs löten?
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Re: Jack Tramiel gestorben
Antwort #6: April 11, 2012, 17:06:03
Ja, klar, bin vielleicht etwas abgedriftet, ich meinte nur aus der damals entstanden Bastelei ist was dauerhaftes entstanden, Soft- und Hardware.

Heute steckt man doch höchstens mal einen PC zusammen. Im Mac-Bereich nicht mal das. Macs sind auch extrem Bastler-unfreundlich, teilweise fast schon als Wegwerfobjekt zu bezeichnen. Natürlich hat der technische Fortschritt (und oft auch der größere Geldbeutel) Basteleien fast vollständig erübrigt. Aber es ist auch was verloren gegangen. Damals stand man noch über der Technik, sie war zu verstehen und zu beeinflussen. Wem gelingt das heute noch? Dieses Gefühl, den Computer auszutricksen, mehr aus ihm heraus zu kitzeln… aber natürlich auch die Zeit und jugendliche Begeisterung und Aufnahmefähigkeit dafür. Ich sag ja: Nostalgie.
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Bonobo

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Re: Jack Tramiel gestorben
Antwort #7: April 12, 2012, 03:40:51
Mein erster eigener Computer war auch ein »Jackintosh«, wie er damals auch genannt wurde, ein Atari MegaST 2 (unglaubliche 2 MB RAM) und eine Megafile 20 (externe Festplatte mit wahnsinnigen 20 MB Speicherplatz), dazu dieser geniale papierweiße Monitor und zum Daddeln ein Atari-Farbmonitor. Hinten hatte ich einen Adapter mit Umschalter für beide Monitore, sodass ich nur neu starten und nicht immer noch Monitorkabel wecheseln musste. Hach, diese Backupsitzungen mit dutzendweise Floppys …

Meine ersten Spiele waren »Mercenary - Flucht von Targ«, »Hex« und natürlich Tetris. Die Musik von Tetris kann ich heute noch spontan singen und pfeifen :D

Signum 2 war (sozusagen) mein erstes Layoutprogramm. Später haben mir Gemini-Shell und die Mupfel den Weg zu NeXT gewiesen, und wie die Entwicklung der letzten 15 Jahre zeigte, war dies (zumindest für mich) genau richtig. Als Mac OS X erschien, war ich besser darauf vorbereitet als die Mac-Benutzer, die nie NeXTstep verwendet hatten, für mich war’s »endlich wieder zuhause« …

Aber zurück zum Atari: Nach zwei Monaten schon hatte ich ihn auf Mac umgeschaltet … zuerst mittels Software (remember »Frankie«? ;D) und später mit einer Steckkarte, das war schon sehr geil …

Thanks, Jack, see you later.

(Und danke für diesen Thread, Florian!)
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– Salvador Dalí
Re: Jack Tramiel gestorben
Antwort #9: April 18, 2012, 08:45:07
Retro im Apple Universum:

Coole Spielerei.Natürlich nur auf jailbroken Geräten. :(

Aber das bringt mich auf einen Nachteil in der Mac-Welt. Es ist sehr schwer alte Geräte in einer virtuellen Maschine zu betreiben. Für einige sehr alte System (68K-Macs) gibt es wohl Lösungen mit Ecken und Kanten, aber für PPC-Macs? Mit sogar einigermassen aktuellem System (z.b. 10.4 oder 10.5)?
Anders herum ist es simpel, auch älteste DOS-Spiele laufen zu lassen.
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