Gerade zum Thema Systempflege kursieren eine Menge Halbwahrheiten und Irrtümer. Insbesondere Switcher, die unter Windows allerhand Probleme mit einem immer langsamer und instabiler werdenden System hatten, sind es gewohnt, diverse Routine-Entschlackungen durchzuführen.
Was ist unter Mac OS X nun notwendig und sinnvoll?
Kurze Antwort: Kaum etwas.Punkt für Punkt:
Defraged!:OS X defragmentiert bei Festplattenaktivitäten bis zu einer gewissen Grenze automatisch im Hintergrund. Zudem legt es oft benötigte Systemteile selbstständig an den besten Ort, mit einer Defragmentierung durch Drittprogramme kann man das nur verschlimmbessern. Mehr Leistung ist also keineswegs zu erwarten - als Beitrag zur Entschleunigungsdebatte dauert dafür die Prozedur via Drittprogramm bei großen Festplatten eine mittlere Ewigkeit. Wer trotzdem ab und zu eine defragmentierte Platte haben will, zieht lieber eine kompletten Clone, löscht die Platte und spielt den Clone zurück. Zu bewerkstelligen ist das seit Panther mit dem Festplattendienstprogramm (im Ordner Programme/Dienstprogramme), andere User nehmen den
Carbon Copy Cloner.
Wer wirklich Leistung braucht, der schaltet sich mehrere Platten zu einem
striped-RAID zusammen. RAID 0 (und 1, aber das bringt Sicherheit, kein Tempo) kann man mit dem Festplattendienstprogramm eingerichtet werden, für komplexere RAIDS benötigt man einen speziellen Controller. Oder man wechselt zu SSD.
Hier findet man einen guten, leider nur englisch verfügbarer TidBITS-Artikel zum Thema Defragmentierung.
Alles in allem: Für Normale Benutzer komplett sinnlos und potentiell kontraproduktiv.
Die berühmte Rechte"-Reparatur":Schon der Name ist unglücklich. Zutreffender wäre, "zurücksetzen", und zwar auf den Ursprungszustand bei der Installation. Selbst veränderte Rechte innerhalb der eigenen Ordner sind davon nicht betroffen.
Auch dieses Prozedere kann mit dem Festplattendienstprogramm durchgeführt werden.
Mit Rechten sind die Zugriffsrechte der verschiedenen Benutzer und Prozesse gemeint, wie es sie in jedem Unix-System gibt. Kommt es dabei zu Fehlern, kann das Funktionieren von Programmen und dem System beeinträchtigt werden. Allerdings geschieht das weitaus seltener, als es anscheinend von Vielen vermutet wird - oft wird die Reparatur als erste Maßnahme empfohlen. Natürlich, daß kann man machen - schaden tut es auf keinen Fall. Nur allermeistens sind falsch gesetzte Rechte nicht die Ursache.
Die Rechte-Reparatur kann als Vorsichtsmaßnahme vor System-Updates durchgeführt werden, denn hier könnten falsch gesetzte Rechte das Ganze gefährden - allerdings ist auch das eher die Ausnahme.
Alles in allem: Bei Problemen kann es sinnvoll sein, und vor Updates. Eine Tuning-Maßnahme ist es nicht, es bringt in keinem Fall eine Geschwindigkeitssteigerung.
Festplatte überprüfen:Diese Maßnahme wiederum ist äußerst sinnvoll. Auch sie kann mit dem Festplattendienstprogramm erledigt werden, Benutzer von Versionen früher als 10.4.3 müssen dazu von CD (in der Regel die Installations-CD der eingesetzten Mac-OS-X-Version) oder einem anderen Volume booten - also eine andere OS-X-Installation auf einer zweiten Festplatte oder Partition. Dabei ist in jedem Fall zu beachten, daß das Festplattendienstprogramm aktuell ist. Eine Pflege z.B. einer Lion-Installation über eine ältere OS-X-Version ist zu vermeiden.
Die Schritte im Programm sind selbsterklärend. Werden Fehler gefunden, sollte man sie gleich reparieren. Ist dem Programm das nicht möglich, ist etwas arg im Argen. Dann helfen nur noch Drittprogramme wie Disk Warrior.
Unten im Fenster findet man den S.M.A.R.T.-Status. Das ist das Ergebnis einer Eigenanalyse der Festplatte. Steht da nicht "Überprüft", oder, bei älteren Platten, "nicht unterstützt", hat die Platte Fehler gefunden. Dann kann es allerdings schon zu spät sein. Jetzt sollte man, falls noch möglich, schleunigst die Sicherungskopie auf den aktuellen Stand hin überprüfen und der fehlerhaften Platte das Vertrauen entziehen.
Mehr zum Thema S.M.A.R.T.-Status in
diesem Thread.
Was dieser Status bedeutet, kann man
hier nachlesen. Es gibt ein Unix-Tool, um sich alle Parameter, die S.M.A.R.T. umfasst, anzeigen zu lassen, nämlich die
smartmontools. Die Installationsanleitung dort ist relativ kompliziert. Relativ einfach geht es mit DarwinPorts; eine Anleitung findet sich
hier. Die Anwendung ist nicht unbedingt trivial, aber die Ausgabe ist wirklich umfassend, um den Zustand einer Festplatte festzustellen. Allerdings funktioniert das nur mit ATA/sATA-Platten, die am integrierten Bus hängen, USB- oder Firewire-Platten können nicht überprüft werden, ebenso Festplatten, die an einem zusätzlichen ATA-Controller, z.B. von
ACard hängen. Die Gründe dafür werden auch bei den
smartmontools erklärt.
Eine Empfehlung für das Utility
SMARTReporter gibt
dieser englische Macworld-Artikel, man sollte sich aber der Punkte aus dem erwähnten Thread bewusst sein.
Alles in allem: Es ist nicht die Frage, ob eine Festplatte den Geist aufgeben wird, sondern nur wann. Habe deshalb immer ein Auge auf sie! Eine solche Kontrolle ersetzt aber keinesfalls die Notwendigkeit eines vernünftigen Backups!
RAM freiräumenEs gibt einige Programme, mit denen man angeblich Arbeitsspeicher (RAM) „freiräumen“ kann. Diesem Gedanken liegt ein Missverständnis zugrunde. OS X verwaltet den Arbeitsspeicher schon von alleine so gut wie möglich. So hält es zwar benutzte Daten im Speicher, damit sie bei Wiederholung sofort verfügbar sind. Es gibt diesen Speicher aber sofort frei, wenn er von anderen Programmen benötigt wird.
Diese RAM-Räumer fordern nun massiv RAM an und schmeißen diese Daten unnötigerweise heraus. Braucht man sie doch noch mal, müssen sie noch mal geladen werden. Der Mac wird also höchstens langsamer.
Genauer wird das
hier im Forum erklärt.
Alles in allem: Humbug, Finger weg.
Die Prebindings:Tools wie
Onyx bieten an, die "Prebindings" neu zu knüpfen. Das ist absolut unnötig, bei jeder Installation eines Programms macht Mac OS das schon selber, und zwar schon seit Jaguar. Seit 10.4.3 benötigen Programme sogar überhaupt keine Prebindings mehr, nur bei dynamischen Bibliotheken werden sie noch benutzt.
Alles in allem: Kompletter Unsinn und sowieso längst obsolet.
Die Cron Jobs:Jede Nacht um drei... laufen die "Cron Jobs", periodische Skripts. Genauer gesagt laufen die seit Tiger über launchd, aber das führt hier zu weit. Wissen muss man nur, daß a) diese Skripts nicht ausgeführt werden, wenn der Rechner schläft oder (natürlich) ausgeschaltet ist und b) sie andererseits für einen ordnungsgemäßen Betrieb von OS X nicht unbedingt nötig sind.
Diese Skripts kappen und packen v.a. Caches und aktualisieren diverse Datenbanken und pflegen Sicherheitskopien von bestimmten Systembestandteilen.
Wer den Rechner nicht nachts um drei laufen lassen will oder kann, kann das Terminal starten (im Ordner Programme/Dienstprogramme). Dort kann man, Admin-Rechte vorausgesetzt, die Dinge selbst anschupfen. Die passenden Befehle sind:
periodic daily
periodic weekly
periodic monthly
Alternativ verwendet man Anacron (um den Zeitpunkt zu verlegen) für
Tiger oder für die
vorherigen Systeme oder
Onyx oder ein sonstiges Tool, um die Skripts manuell auszulösen.
Alles in allem: Kann man hin und wieder machen. Pflichtprogramm ist es nicht.
Caches leeren:Caches machen das System ja schneller - schließlich werden sie genau dazu angelegt, um auf öfters benötigte Dinge schneller zuzugreifen. Es gibt also nur zwei sinnvolle Gründe für das Löschen eines Caches: Er ist zu groß geworden oder er ist defekt. Ausnahme ist der Web-Cache des Browsers, der womöglich sensible Daten enthält. Er sollte in solchen Fällen nach Beendigung er Sitzung (etwa Internetbanking) geleert werden, was die Browser in der Regel in den Einstellungen erlauben.
Ein häufiger Kandidat für Probleme ist der Font Cache. Dies äußert sich in falsch dargestelltem Text, er sieht z.B. aus wie eine wirre Zeichenkette. Auch bei einem sehr, sehr langsam startendem Finder kann es helfen, diesen Cache (bzw. Caches) zu löschen. Am einfachsten geschieht das mit der Software
Font Finagler (Shareware).
Selber machen erfordert eine kleine Terminal-Session, mit Unterschieden bei den verschiedenen OS-X-Versionen. Siehe
hier.
Alles in allem: Bei bestimmten Fehlerbehebungen hilfreich. Keine notwendige Routinemaßnahme und kein Tuning-Tip.
Wir erkennen:Eigentlich bietet der Ordner Dienstprogramme uns alle Tools, die wir zur Systempflege brauchen. Optimieren tut sich OS X von alleine. Wer andere Programme einsetzt, sollte wissen, was er tut und warum.
Es ist sinnvoll, den Schreibtisch möglichst sauber zu halten, ein zu voller kann den Start verlangsamen. Dies gilt natürlich auch und noch mehr für Startobjekte! Man sollte sich auf die wirklich notwendigen beschränken.
Ungenutzte Programme kann man auch mal beenden und im Browser sollte man nicht allzu viele Tabs ansammeln zum irgendwann lesen.
Gibt es denn nun wirklich keine Bastel-Möglichkeit, OS X schneller zu machen?
Nun, ab Tiger kann man Dashboard und Spotlight entfernen (siehe z.B.
hier und
hier (runterscrollen zu "A better way"), aber alles andere ist entweder Voodoo oder entfernt für den Normalanwender sinnvolle Systembestandteile. Wer ein solch beschränktes System will, das nicht einmal ins Netz kommt, kann dieser, etwas knappen, Anleitung folgen:
http://kiritan.a.tobij.de/tigerspeed_deutsch.pdf. (Achtung, veraltet, nur zur Anschauung.)
Der Sinn sei einmal dahingestellt, bei bestimmten Anwendungen (der Autor der Anleitung empfiehlt es für Live-Videokompositionen) kann es leichte Geschwindigkeitsgewinne bringen. In meinen Tests ergab sich allerdings nichts, was die Mühe lohnen würde. Mein Rat: Lasst es bleiben.
Vielen Dank an: warlord, mbs, radneuerfinder, Patrick & Macflieger.