Forum

Florian

  • Zurück in der Zukunft
Deutsche Energiepolitik - Laufzeitverlängerung etc.
September 07, 2010, 18:03:33
Ihr habt es ja mitgekriegt.

Dazu fallen mir ein paar Sachen ein:

Die älteren AKWs dürfen nur acht Jahre zusätzlich laufen, die ab 1981 (brandneu!) durchschnittlich zwölf weitere Jahre. Gibt es also doch Sicherheitsunterschiede? Ach so, ja, wenn ein Flugzeug drauffliegt. Da hatte man ja noch 2001 beschlossen, etwas (was?) zu unternehmen, aber geschehen ist nichts. Will man nun durch weniger zusätzliche Jahre das Risiko senken? Ist das seriöse Politik?
Oder gibt es doch noch ganz andere Unterschiede, die nicht kommuniziert werden? Natürlich… aber hier besteht ja angeblich null Gefahr. Warum also diese Unterscheidung? Albern.

Die Multis sollen einige Jahre 2,3 Mrd. p.a. abdrücken. Praktischerweise ein Fix-Betrag. D.h. die Strompreise können (und werden) steigen, die Steuer kann ganz einfach an den Kunden weitergegeben werden. Teilweise kann man's auch auf die Körperschaftssteuer anrechnen.
Anschließend sollen sie dann gezwungen werden mit 3 Mrd. im Jahr (auch fix) in Erneuerbare  Energien und Netze zu investieren. Also eine Aktion, die sie sowieso machen müssten. Man zwingt sie also z.B. eigene Windparks zu bauen, deren subventionierter Betrieb sich ja heute schon lohnt.


Für diese Geschenke an die Oligopol-Teilnehmer nimmt man in Kauf die alten Gräben wieder aufzureißen. Warum gibt man der Opposition so ein mächtiges Schwert in die Hand? Das Thema war doch schon erledigt und mit einer kleineren Laufzeitverlängerung und einer sinnvoller gestalteten Steuer hätte man das viel besser verkaufen können, wenn's denn wirklich sein musste.

Diese Beschlüsse dann auch noch dermassen hochzujubeln wirkt ganz schön unseriös. Insbesondere natürlich im Fall Röttgen, der Umweltminister wollte ja ganz was anderes und findet es jetzt doch spitze.
Sehr problematisch ist ja die fehlgelaufene Privatisierung, die den Wettbewerb aushebelte. Das entstandene Oligopol wird nun auch noch zementiert. Gleichzeitig faselt die Kanzlerin von dezentraler Energieerzeugung und der Energiewende.

Selbst wenn mir die Beschlüsse gefielen, der Auftritt unsrer Obersten war für mich Realsatire. Es gibt keine amerikanischen Panzer in Bagdad.
_______
"If music be the food of love, play on!”
                         William Shakespeare
Re:Deutsche Energiepolitik - Laufzeitverlängerung etc.
Antwort #1: September 07, 2010, 19:39:55
Tja, ich gebe dir in allen Punkten 100% Beifall.

Ich bin immer noch sprachlos, was Merkel und Co. dort abliefern. Die verkaufen diesen Schrott jetzt auch noch als Energiewende? Ich werde wahnsinnig. Echt.

Es wäre ein gänzich anderer Kompromiss gewesen, wenn man die Energiekonzerne nun gefordert hätte, alles zu tun um erneuerbare Energien zu födern und dann, aber erst dann, in ein paar Jahren, das Thema nochmals aufzugreifen. Sofern dann noch nötig. Aber ich befürchte, egal wie man es dreht und wendet, am Ende hätten wieder Konzerne irgendeine Schraube gefunden und alles für sich hingedreht.

Machen wir uns nichts vor, die Politik ist von der Wirtschaft gesteuert. Mehr denn je. Es ist kein Miteinander. Hier geht es um das Gewinnen, nicht das Verteilen. Ah, doch, verteilt werden die "Mehrkosten" des Paketes an uns.

Schönen Dank, Frau Merkel, Vorsitzende im Kabinett des Grauens.
Re:Deutsche Energiepolitik - Laufzeitverlängerung etc.
Antwort #2: September 07, 2010, 20:05:21
Die Stimmung unter uns Wahlschafen ist doch wohl eher leicht gegen Atom eingestellt.

Von Politikern ist man es doch eigentlich gewohnt, dass sie ihr Fähnchen in den Wahlwind hängen.

Hier aber nicht.

Und das verstehe ich nicht.

Ich gehe davon aus, dass unsere Entscheidungsträger auf der Gehaltsliste der Atomindustrie stehen.


Re:Deutsche Energiepolitik - Laufzeitverlängerung etc.
Antwort #3: September 07, 2010, 20:10:20
Meine Güte, schau sich einer nur das Dilemma um die Endlagerung in Gorleben an. Ist ja nicht zu glauben. Man kann das Zeug nicht Endlagern. Der Werkstoff / die Technik ist uns nicht gegeben.
Hrmpf, ich rege mich auf. Ich muss was trinken.

elafonisi

  • Verbergnix
Re:Deutsche Energiepolitik - Laufzeitverlängerung etc.
Antwort #4: September 08, 2010, 07:39:57
Wer bezahlt eigentlich die Zwischen- und Endlagerung und den Abbau der alten Atommeiler? Doch wohl kaum die Energieversorger und wenn sie doch an den Kosten beteiligt werden, wird alles sowieso auf den Kunden = Steuerzahler abgewälzt. Allein die Erforschung des Salzstockes in Gorleben hat bis jetzt 1,5 Mrd. Euro gekostet und nach Meinung von Experten wird es noch weitere 1,5 Mrd. kosten und weitere 15 - 20 Jahre dauern, bis feststeht, ob Gorleben überhaupt als Endlager taugt. Die nachkommenden Generationen werden sich freuen, über unsere Hinterlassenschaften.
Re:Deutsche Energiepolitik - Laufzeitverlängerung etc.
Antwort #5: September 08, 2010, 08:12:13
Wer bezahlt eigentlich die Zwischen- und Endlagerung und den Abbau der alten Atommeiler? Doch wohl kaum die Energieversorger und wenn sie doch an den Kosten beteiligt werden, wird alles sowieso auf den Kunden = Steuerzahler abgewälzt.

Der Kunde zahlt immer alles ;-)

Jochen
_______
Wenn Du es eilig hast, gehe langsam.
Re:Deutsche Energiepolitik - Laufzeitverlängerung etc.
Antwort #6: September 08, 2010, 09:32:18
Wer bezahlt eigentlich die Zwischen- und Endlagerung und den Abbau der alten Atommeiler?

Das ist meiner Meinung nach der wichtigste Punkt!
Man braucht überhaupt keine Laufzeitbeschränkung festlegen, kürzen oder verlängern. In der großen Zeitungs-Anzeige haben die Betreiber doch angekündigt, dass man unwirtschaftliche Atommeiler sowieso abschalten würde. Wenn die Betreiber die echten Betriebskosten, also nicht nur Uran-Gewinnung, Bau und Betrieb des Atommeilers, bezahlen bzw. dann auf die Strompreise umlegen müssten, dann wäre es überhaupt keine Frage, wie lang die noch laufen würden. Die Strompreise wären um ein Vielfaches höher als aktuell und somit Atomstrom die unwirtschaftlichste Variante.
Zusätzlich müssten halt für jede kWh die Erforschung, Betrieb von Endlagerstätten, evtl. mehrfache Umlagerungen/Aufbereitungen bei Endlagerwechseln für die kommenden viele tausend Jahre der Lagerung zurückgelegt werden. Es ist mir völlig unklar, warum derartiges nicht öffentlich gefordert wird. Und immer wieder ein "Atomstrom ist billiger" wiederholt wird. Atomstrom ist erheblich teurer, wenn man wirklich die kompletten Kosten einbezieht!
_______
Was ist die Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn, Verstand ist stets bei wen´gen nur gewesen." -- Schiller
Re:Deutsche Energiepolitik - Laufzeitverlängerung etc.
Antwort #7: September 08, 2010, 10:37:48
Nicht zu vergessen die Kosten für eine dem Risiko angemessene Haftpflichtversicherung, die zur Zeit gesetzlich nicht vorgeschrieben ist:
http://www.kernenergie.de/kernenergie/Themen/Sicherheit/04-Atomhaftung/
Re:Deutsche Energiepolitik - Laufzeitverlängerung etc.
Antwort #8: September 08, 2010, 10:49:33
Und meine persönlichen Opfer gleicht mir auch niemand aus.

Ich habe schon vor über 20 Jahren, auf Festivals Kapellen wie BAP und Grölemeyer ertragen um gegen den Atommist zu protestieren... alles für die Katz!
Re:Deutsche Energiepolitik - Laufzeitverlängerung etc.
Antwort #9: September 08, 2010, 12:53:01
Atomstrom ist erheblich teurer, wenn man wirklich die kompletten Kosten einbezieht!

Kannst Du das mal belegbar darlegen. Würde mir sehr helfen.

Jochen
_______
Wenn Du es eilig hast, gehe langsam.

elafonisi

  • Verbergnix
Re:Deutsche Energiepolitik - Laufzeitverlängerung etc.
Antwort #10: September 08, 2010, 15:01:48
Die Sache wird immer dubioser (von FTD)
Re:Deutsche Energiepolitik - Laufzeitverlängerung etc.
Antwort #11: September 08, 2010, 15:30:54
Kannst Du das mal belegbar darlegen. Würde mir sehr helfen.

Nein, kann ich nicht. :)
Es gibt keine Modellrechnung dafür, da niemand entstehende Kosten über mehrere Hunderttausend(!) Jahre wirklich veranschlagen kann.
Aber muss man wirklich belegen können, ob eine kWh Atomstrom nur 1€ kostet oder evtl. 100€?
Überlege nur einmal was für Kosten in diesen gewaltigen, nicht zu überschauenden Zeiträumen (so lange gibt es noch nicht einmal die Menschen) auflaufen. Die Lager müssen überwacht werden, bei der Überwachung wird wieder Energie verbraucht, die bezahlt werden muss, Leute müsen dort beschäftigt werden. Es ist kaum vorstellbar, dass Lager und auch Gefässe über diesen Zeitraum stabil sind. Dann müssen diese Abfälle mehrfach umgelagert/umgefüllt werden. Und wenn das nur alle 1000 Jahre ist, wären das schon mehrere hundert mal.
Seriös kann niemand diese Kosten abschätzen und daher auch keine belegbaren Zahlen liefern. Man kann aber problemlos feststellen, dass das extrem teuer ist.
_______
Was ist die Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn, Verstand ist stets bei wen´gen nur gewesen." -- Schiller
Re:Deutsche Energiepolitik - Laufzeitverlängerung etc.
Antwort #12: September 08, 2010, 17:27:18
Kannst Du das mal belegbar darlegen. Würde mir sehr helfen.

Nein, kann ich nicht. :)
Leute müsen dort beschäftigt werden.

Diese Leute freuen sich, es sind Arbeitsplätze  :)

Jochen
_______
Wenn Du es eilig hast, gehe langsam.
Re:Deutsche Energiepolitik - Laufzeitverlängerung etc.
Antwort #13: September 08, 2010, 17:35:12
....es sind Arbeitsplätze  :)

Immer wenn ich von der Seite der Politik, die den Atomstrom wollen oder von der Wirtschaft selber das Wort „Arbeitsplätze“ höre, wird gelogen. Immer!
Re:Deutsche Energiepolitik - Laufzeitverlängerung etc.
Antwort #14: September 08, 2010, 18:08:15
Diese Leute freuen sich, es sind Arbeitsplätze  :)

Ja und? Auf jeden Fall kosten die Geld und Energie und damit weiteres Geld, was bei der Kostenrechnung mit eingehen müsste. Und nur darum ging es. Ob eine Endlagerung mehr Arbeitsplätze schafft, ob diese evlt. besser woanders eingesetzt werden könnten in den nächsten hunderttausend Jahren war nicht die Fragestellung. Die Fragestellung war, wie viel kostet das eigentlich, was eigentlich auf den kwH-Preis aufgeschlagen werden müsste.
Ich bleibe dabei. Wenn man alle Kosten in den Strompreis mit einbeziehen würde, wäre es mit Abstand das teuerste und evtl. mit sensationellem Verhältnis.
Für mich ist Atomstrom die mit Abstand teuerste Stromsorte, die jemals von Menschen entwickelt wurde. Ich würde schon fast vermuten, dass Menschen, die per Fahrrad Dynamos antreiben, finanziell günstiger wären.
_______
Was ist die Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn, Verstand ist stets bei wen´gen nur gewesen." -- Schiller