Auf den Feudalismus-Vergleich wollte ich weniger eingehen, er ist natürlich extrem übertrieben. Aber sei's drum:
Klar kann man. Man konnte wohl auch im Mittelalter eine Existenz als Nicht-Bauer wählen. Freilich, das wird wohl kaum jemand freiwillig getan haben, weil er dann einfach kein Land zum Bewirtschaften und so auch kein Essen gehabt hätte.
Nein, Hörige und Leibeigene hatten keine freie Orts- oder Berufswahl, hatten die Scholle zu beackern. Die Pflichten wurden vererbt.
Natürlich gab es auch (vgl. wenige) Freibauern, aber die sind ja wohl gerade nicht gemeint.
Ein Verlassen des Hofes ohne Erlaubnis (in der Regel nach Freikauf) war sehr gefährlich. Nicht nur, weil man nichts zu essen hatte. Man wurde verfolgt und wahrscheinlich auch wieder eingefangen, Bestrafung mitunter extrem.
Aber eben doch zum Preis, dass man viele digitale Äcker nicht bewirtschaften kann und so zu einem ähnlichen weirdo und Aussenseiter wird, wie einst die Vagabunden. So völlig abwegig ist der Vergleich mit dem Feudalismus IMO nicht.
Der Druck wird wahrscheinlich immer weiter zunehmen, bzw. ist bei den jungen Leute wohl schon extrem.
Man kann aber wirklich nicht davon sprechen, hier würde irgendetwas lebenswichtiges vorenthalten. Natürlich kommt das dem einen oder anderen so vor, wenn er in der Schule ein Außenseiter ist…
Eine gewisse Lösung aus der Abhängigkeit bei gleichzeitiger Nutzung eines solchen Dienstes kann nur ein freies Netzwerk sein ohne kommerziellen Hintergrund. Das wäre immerhin ein Kompromiss. Momentan sieht es vielleicht mau aus, aber an Wikipedia, OSM und Mozilla haben ja auch viele lange nicht geglaubt.
Ich finde solche Gedankenexperimente jedenfalls interessant, weil sie helfen können, sich in verfahrenen Situationen zu orientieren und mögliche Auswege zu diskutieren.
Naja, gut. Ich hätte das anders ausgedrückt, aber ich bin ja auch kein Journalist. Ist so natürlich knackiger.
Und, sind wir ehrlich, in einer verfahrenen Situation sind wir, wenn wir (ich nehme mich da nicht aus) zwar wünschen, dass die Gesetze auch im Internet Beachtung finden, wir gleichzeitig aber sämtliche Möglichkeiten vereiteln wollen, das auch umsetzen zu können.
Ich persönlich lehne nicht sämtliche Möglichkeiten ab. Aber eine verdachtslose Massenspeicherung auf Vorrat ist nur unheimlich toll für die Behörden. Zumal wenn es nicht wirklich zielführend ist, weil die Profis eh unterm Radar durchtauchen.
Aber dazwischen gibt es ja Möglichkeiten: Eben im Verdachtsfall den Anschluss des Verdächtigen überwachen. Entsprechende Seiten mit Vehemenz bekämpfen.
Was die IP-Adressen angeht: Da wäre in Deutschland sicher nicht so viel Gegenwind, wenn es nicht den Abmahnwahn gäbe. Das muss man sicher immer im Hinterkopf behalten.
Aber tatsächlich kommt doch eh selten etwas raus allein mit den IP-Adressen. Aber natürlich sind solche IP-Sammlungen wahnsinnig interessant und führen dann leider fast schon automatisch zu Aktionen, die nicht ganz zielführend sind, aber für die Betroffenen massive Konsequenzen haben. So z.B. die „Operation Himmel“ 2007. Ich will nichts beschönigen, aber hier ging es letztendlich zumeist um ein Popup-Fenster auf einer sonst legalen Pornoseite.
Je nach Staatsanwaltschaft wurden alle Verfahren eingestellt oder 80% der Anschlussinhaber besucht mitsamt Beschlagnahme aller Rechner etc. und natürlich einem Stigma für den Betroffenen, der ja wohl nur noch umziehen kann. Leider kann ich keine Quote der Verurteilungen finden, bei 12000 eingeleiteten Verfahren hat man sicher bei dem einen oder anderen noch mehr gefunden.
Wahrscheinlich wurde vor allem folgendes bewirkt: Angst bei allen, auch mal ein Popup-Fenster serviert zu bekommen. Und vermehrte IP-Verschleierung bei den Kriminellen.
Ist es nicht so, dass wir "Überwachungsgegner" etwas zu verteidigen versuchen, was es gar nie gab? Freilich wird in der Öffentlichkeit gerne das Bild vom anarchistischen Internet gezeichnet. Und freilich glauben die Jungs von Anonymous daran, dass das Internet wirklich anarchistisch ist (zumindest so lange, bis dann doch die Polizei vor der Tür steht). Und freilich tun auch viele staatliche Akteure so, als wäre das Internet etwas anarchistisches, ihrer Kontrolle entzogenes, das sie machtlos zurück lässt. Aber kaschiert das häufig nicht nur Unfähigkeit der betreffenden staatlichen Organe? Und dient es den übrigen staatlichen Organen nicht häufig einfach nur als Schutzschild vor der Rechtsstaatlichkeit? (Im feudalistischen Umfeld, in welchem man sich nur mit den übrigen Feudalherren arrangieren muss, agiert es sich deutlich einfacher als in einer Republik. Und solange man dem Internet-Volk vorgaukeln kann, es lebe in einer Anarchie, stört sich da auch keiner daran. Sondern die Leute, wir, kämpfen sogar noch dafür, dass die bisherigen Zustände so bleiben...)
Zustimmung. Man sieht ja, wie es auch gehen kann: kreuz net ist weg vom Fenster. Aber das war nicht die Polizei, Zivilpersonen hatten ermittelt, da haben sie Schiss bekommen… wo sind denn die Beamten, die sich auskennen? Die guten Leute verdienen viel mehr in der Privatwirtschaft.
Ja, ich auch. Mir ist aber rechtsstaatliche Kontrolle lieber als unrechtsstaatliche. Und das heisst womöglich, dass man überdenken muss, ob das, wofür man eintritt, wirklich das ist, wofür man einzutreten glaubt und wofür man eintreten möchte.
Immer. Die Welt ist auch nicht so einfach, wie sie die „Netzaktivisten“ darstellen. Leider besteht ein enormes Gefälle an Know-How zwischen ihnen und z.B. den Innenpolitikern. Das macht den Dialog so schwierig.