warlord wirft da interessante Fragen auf, finde ich.
Aber ist es am Ende wirklich wünschenswert, wenn sich die Parteien, wie ja auch die Gesellschaft, immer mehr vereinzeln? Ähnlich ist es ja in Italien, wo es viele mehr oder weniger klare Klientelparteien gibt. Natürlich muss man die dortigen Umstände nicht kopieren, ich glaube auch nicht, dass man es überhaupt könnte. Aber es stellt sich die Frage, inwieweit die dann noch eine Mehrheit bilden können.
Natürlich könnten sich auch je nach Entscheidung verschiedene Mehrheiten finden, aber bis die Verhältnisse danach sind, scheint mir der Weg unendlich lange. Ein Mehrheitswahlrecht nur mit Direktkandidaten könnte dieses beschleunigen, weil hier unabhängige Köpfe eine Chance hätten, aber eben auch nur theoretisch, ausser in Berlin-Kreuzberg.
Es sei denn, man schüfe die Parteien generell ab, aber das röche nicht nur nach Diktatur.
Das deutsche Wahlrecht verhindert den Einzug von Kleinparteien durch eine 5%-Hürde, der Miniaturisierung der Parlamentsparteien ist also Grenzen gesetzt. Wo aber bliebe die Legitimität dieses Parlaments, würden neben den vielen Nichtwählern auch noch 20% oder 30 % ihre Stimmen Kleinparteien geben, die nicht im Parlament vertreten sind?
Schafft man die Hürde ab, hat das aber auch wieder negative Wirkungen, zum einen sitzen dann wieder die Extremisten drin und vergiften jede Debatte. Zum anderen glaube ich, dass sehr viele Leute mit einer solch unübersichtlichen Lage ihre Schwierigkeiten hätten und sich eher nicht besser vertreten fühlen würden.
Freilich gäbe es genug Freiräume mit oder ohne Parteien oder Wahlrechtsänderungen, sind doch deutsche Abgeordnete eigentlich sowieso einzig ihrem Gewissen verpflichtet - wie viel mehr Begeisterung für Politik gäbe es, würde das gelebt!
Ich persönlich bin mit dem jetzigen System zunehmend unzufrieden. Zwar finde ich mich mit vielen Positionen in diversen Parteien wieder und denke nicht, dass es jemals eine Florian-100%-Partei geben wird oder geben sollte. Nein, mich stört etwas anderes:
Man wählt hier eben keine Politik, sondern Parteien.
Diesmal ist es ja noch recht klar, die FDP hatte sich festgelegt. Aber auf eine Koalition, weniger auf Sachpunkte. Und selbst wenn es ausnahmsweise hieß, mit der FDP gäbe es kein Fortbestehen des Gesundheitsfonds, ist der Stand Heute: Schon nicht mehr gültig, der Fonds bleibt.
Und in manchen Bundesländern kennt sich ja keiner mehr aus. Auch in Brandenburg weiß man ja jetzt nicht, ob die SPD mit der Linken oder der CDU koaliert, und ich nehme doch an, die Poltik unterscheidet sich je nachdem doch deutlich. Oder etwa nicht? Dann sind die Parteien ja völlig beliebig geworden und es stimmt was ganz grundsätzlich nicht.
Da wird mir das Mehrheitswahlrecht wie in England schon immer sympathischer, bei allen Schwächen. Aber selbst dort konnte sich ja mittlerweile eine dritte Partei etablieren, wahrscheinlich sehnen sich viele dort nach einem Verhältniswahlrecht.