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Florian

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Re: Bankenkrise
Antwort #720: Juni 17, 2017, 18:55:09
Sind die scheinbar zwingend linken Komödianten besser qualifiziert als die Ökonomen?
Kann sein. Wer weiß…

Es ist ja keine Frage, dass wir eine Phase von sinkenden Reallöhnen hatten.
Einen gewaltiger Gehaltseinschnitt bei Akademikern in vielen Branchen verursachte ironischerweise aber z.B. die EU-harmonisierte Bologna-Reform und die Freizügigkeit der Arbeitnehmer.

Seit einigen Jahren steigen die Nominallöhne aber wieder, und auch die Reallöhne.
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/152761/umfrage/entwicklung-der-loehne-in-deutschland/

Ich muss auch mal sagen: Die deutschen Beschäftigten hatten über viele Jahre nichts zu lachen. Scheinbar haben aber nicht nur die deutschen Ökonomen und Politiker und Arbeitgeber und Gewerkschafter die auseinander laufende Entwicklung nicht gesehen, sondern alle anderen auch nicht. Oder warum hat man seit Euro-Einführung nicht mal geschaut, was anderswo los ist?
„Bei uns nicht durchsetzbar!" Gemeint ist, man wird nicht wiedergewählt. Schon schlimm, da fährt man lieber sein Land an die Wand.

Ich meine damit keinen Wettlauf um die niedrigsten Lohnstückkosten, aber bitte ein stetes Bewusstsein der Entwicklungen anderswo und langsame Annäherung.

Wobei das Diagramm ja nur die Entwicklung zeigt, nicht die totalen Zahlen.

https://www.iwkoeln.de/studien/iw-trends/beitrag/christoph-schroeder-lohnstueckkosten-im-internationalen-vergleich-257781

Der dort auch gezeigte Produktivitätsvergleich führt weiter.
Man hat also nicht mal die Hälfte der deutschen Produktivität, ergo erhöht man erstmal kräftig die Löhne… das kann in einem gemeinsamen Währungsraum nicht funktionieren. Jetzt den schwarzen Peter in Berlin zu erspähen, passt echt ins Bilde. Ja, auch hierzulande wurde übertrieben, aber Deutschland konkurriert ja weniger mit Portugal und co. als mit den USA und China und vielleicht noch Frankreich. Das ist nun mal ein großer Teil des deutschen Wirtschaftsmodells. Ja, auch das könnte man ändern, wurde uns ja auch lange eingeredet! Á la GB in die Dienstleistungsgesellschaft. Da schaut es aber auch nicht rosig aus…

Fazit: Was nicht zusammenpasst, sollte man nicht verrühren.

Jetzt wird die misslungene Suppe halt mit so viel Geld versalzen, dass sie keinem mehr schmeckt.
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Re: Bankenkrise
Antwort #721: Juni 18, 2017, 15:55:45
Danke für den Link! "Eine aus deutscher Sicht starke Verbesserung der Lohnstückkostenposition lässt sich nur gegenüber dem Euroraum seit 1999 beobachten." betätigt immerhin, dass die Grafik nicht ganz falsch ist.

Wobei das Diagramm ja nur die Entwicklung zeigt, nicht die totalen Zahlen.

Nicht zufällig beginnt das Diagramm 1999. In diesem Jahr wurden die Wechselkurse für die gemeinsame Währung festgezurrt. Bis dahin könnte man annehmen, dass Unterschiede einigermaßen durch Wechselkursanpassungen ausgeglichen wurden. Seither ist dies nicht mehr möglich und die in der Grafik gezeigte Entwicklung gewinnt stark an Bedeutung. Hier hat der Euro Flexibilität aus dem System genommen. Einziger mir bekannter neuer Regelmechanismus ist "innere Ab- oder Aufwertung". Also Lohn- und Rentenanpassung und dergleichen. Wie wenig eingeübt das ist und wie wenig geschmeidig das läuft, läßt sich u. a. an Griechenland, aber eben auch in Deutschland, studieren.

Diesen Regelungsbedarf, in mittlerweile erheblicher Größenordnung, aber einfach zu ignorieren, die Sache einfach laufen zu lassen, ist mMn überhaupt nicht gut.

Florian

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Re: Bankenkrise
Antwort #722: Juni 18, 2017, 18:13:16
Klar ist das nicht gut, es ist sogar desaströs und würde nicht die EZB ihr Mandat extrem weit ausdehnen und wären nicht viele „Rettungspakete“ für Banken und Griechenland geschnürt worden, wäre der Euro längst nicht mehr.
Aber auf alle Zeiten kann man diese Gegenmaßnahmen ja auch nicht fortführen.

Ach ja, und das letzte Rettungspaket für Athen verstößt ja eindeutig gegen den Bundestagsbeschluss. Den dieser fordert die Teilnahme des IWF. Der macht aber nicht mehr mit, bis Griechenland „Schuldenerleichterungen“ bekommt. Unsere Regierung will das auf keinen Fall, und schon gar nicht vor der Wahl. Also macht man einfach weiter, weil die SPD findet das eh okay und die eigenen Leute beißen sich vor der Wahl natürlich auf die Zunge.
Die Selbstentmachtung des deutschen Bundestags erreicht immer neue Etappen.

So oder so: Ich hoffe, wir bekommen nach der Wahl endlich wieder eine vernünftige Opposition. Auf die Regierung hoffe ich schon nicht mehr. :)
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Re: Bankenkrise
Antwort #723: Juni 18, 2017, 19:31:18
Ne vernünftige Opposition kommt aber auch nur zustande, wenn die CDU die absolute Mehrheit erhält. Heißt also, CDU wählen.

Florian

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Re: Bankenkrise
Antwort #724: Juni 18, 2017, 23:16:16
Hauptsache nicht wieder Große Koalition.
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Re: Bankenkrise
Antwort #725: Juni 19, 2017, 00:11:07
Volle Zustimmung
Re: Bankenkrise
Antwort #726: August 22, 2017, 13:51:16
Hier werden 4 Analysen zur Weltwirtschaft referiert:
http://m.spiegel.de/wirtschaft/soziales/a-1163647.html

Mein Bauchgefühl sagt, keine von denen trifft es. Aber ich habe ja keine Ahnung, ich fürchte wie alle anderen auch.

Florian

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Re: Bankenkrise
Antwort #727: August 24, 2017, 14:23:04
Es wird wohl eine Mischung aus den genannten Ursachen sein.

Ich meine, dass v.a. viel zu wenig investiert wird. Die Firmen horten das Geld, auch wenn sich langsam eine kleine Verbesserung einzustellen scheint. Die öffentliche Hand hat die Chance der Minizinsen rein ideologisch begründet ausgeschlagen.
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Re: Bankenkrise
Antwort #728: August 27, 2017, 16:06:03
Es wird wohl eine Mischung aus den genannten Ursachen sein.

Ich glaube nicht, dass 4 unvollständige Erklärungsversuche zusammen eine komplette Analyse ergeben. Ich glaube es wird vor allem im Dunklen getappt:
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/geldpolitik-die-notenbanker-sind-verstoert-1.3641707

Die Banken/Finanzkrise (und dieser GesprächsFaden) feiern dieses Jahr 10 jähriges Jubiläum. Die Fachwelt hatte die weltweite Krise nicht vorausgesehen (von Außenseitern abgesehen). Was mich verstört, niemand hat - soweit ich das überblicke - ein Forschungsinstitut beauftragt/gegründet, diese mangelhafte Prognosefähigkeit im Nachgang zu analysieren mit dem Ziel, Verständnis und Prognose signifikant zu verbessern. Eine Diskussion in der (Wirtschafts)Wissenschaft mit dem Ergebnis: "nächstes mal machen wir es besser, weil wir folgenden Fehler in der Prognose nicht mehr machen." Fehlanzeige. Mir ist nicht mal eine ggf. ergebnislos verlaufene Diskussion bekannt. >:(

Florian

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Re: Bankenkrise
Antwort #729: August 31, 2017, 13:57:40
Stimmt. Komplett wird's nicht.
Ökonomie ist auch keine Naturwissenschaft mit reproduzierbaren Experimenten. Bzw. ist die Welt zu kompliziert dazu.

Die Finanzkrise wurde durchaus erforscht. Das man eine Prognosefähigkeit wesentlich verbessern könnte, ist ein Irrglaube - meine ich.
Man wird vielleicht etwas skeptischer, wenn alle Hurra schreien. Aber die Frage ist dann auch, hat man recht und was soll man dann unternehmen?

Seit der Krise ist ja einiges geschehen, die Frage ist halt nur, ob es genug war. Klares Nein meinerseits.

a) Während man Banken und Versicherungen stärker regulierte, ließ man andere Mitspieler unbehelligt (z.B. Hedgefonds).
b) Den Banken ist viel zu wenig verboten worden. Man hat auch heute noch, und wieder mehr, einen regen Handel mit Finanzprodukten, die dermassen verschachtelt sind, dass sie niemand mehr versteht.
c) Die Geldmenge ist derart explodiert, dass die Notfallfonds überfordert sein könnten.
d) Trump will die Bankenregulierung rückgängig machen.
e) Der Euroraum blieb weitgehend unverändert, man hat eben nicht die Konsequenzen gezogen. Alles lassen es laufen, dank der EZB ohne große Konsequenzen - derzeit.

Es heißt ja immer, es wird erst gehandelt, wenn es schon geknallt hat. Dieser Spruch scheint widerlegt, oder wie groß muss der Knall sein, dass sie gilt?
 
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Re: Bankenkrise
Antwort #730: August 31, 2017, 14:30:26
Notenbanken und Politik haben ja durchaus gelernt und die Fehler von 1929 umschifft. Die Krisenintervention hat einigermaßen funktioniert. Aber über die Ursachen der Krise auch nur nachzudenken, da verweigern sich Politik, Wirtschaftswisswnschaft und Medien, aus meiner Sicht, geradezu ostentativ.

Florian

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Re: Bankenkrise
Antwort #731: August 31, 2017, 17:11:34
Politik ja, Medien teilweise, Wissenschaft nein.

https://de.wikipedia.org/wiki/Finanzkrise_ab_2007
http://www.bpb.de/politik/wirtschaft/finanzmaerkte/135463/ursachen-der-finanzkrise
(Beide haben Quellenangaben, die zu Literatur führen)

https://www.iwkoeln.de/iw-dossiers/beitrag/ursachen-der-finanzkrise-20205
http://europainstitut.de/fileadmin/schriften/EI_Paper_1_090223_Finanzkrise.pdf

Und das ist ja nur das Ergebnis einer kurzen Suche. Kannst auch von allen möglichen deutschen Ökonomen aller Couleur Bücher zum Thema Finanz- und Eurokrise finden.
Natürlich stellen nur Wenige die Grundsatzfrage, ob vielleicht das derzeitige Wirtschaftssystem unweigerlich solche Krisen hervorbringt. Aber auch dazu finden sich sicher einige Bücher und Online-Artikel.
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Re: Bankenkrise
Antwort #732: August 31, 2017, 22:54:41
Politik ja, Medien teilweise, Wissenschaft nein.

Bündige Replik!

Ich meld mich zum Thema, kann aber etwas länger dauern bei dem Lesestoff. ;)
Re: Bankenkrise
Antwort #734: September 29, 2017, 20:40:08
8 Jahre brauchte es bis zur Anklage gegen die ehemaligen HRE Chefs. Jetzt, kurz vor der Verjährung (nach 10 Jahren), hat das Gericht keine Lust mehr:
"Die von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwürfe gegen beide Angeklagte konnten im Rahmen der bereits erfolgten Beweisaufnahme bisher nicht ausreichend aufgeklärt werden. Ob die erforderlichen Beweiserhebungen noch vor Ablauf der absoluten Verjährung (März bzw. August 2018) abgeschlossen werden können, ist nicht abzuschätzen."
=> Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage in, für die Angeklagten, unbedeutender Höhe:
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/hre-prozess-die-deutsche-finanzkrise-ist-abgehakt-fuer-euro-1.3689498