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Proteste in Bangladesch: Textilarbeiter zünden Fabriken an
Mai 23, 2006, 19:08:11
Nun ja,

die Geschichte wiederholt sich.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,417813,00.html

Jochen
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Wenn Du es eilig hast, gehe langsam.
Re: Proteste in Bangladesch: Textilarbeiter zünden Fabriken an
Antwort #1: Mai 23, 2006, 19:55:53
ja, da hast du recht. ein wahnsinn, für welchen hungerlohn die arbeiter dort ausgebeutet werden.
ich möchte nicht wissen, wer sich alles mit der arbeit dieser menschen die taschen vollstopft...
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«Das Internet? Gibt's diesen Blödsinn immer noch?»  (Homer Simpson)
Re: Proteste in Bangladesch: Textilarbeiter zünden Fabriken an
Antwort #2: Mai 23, 2006, 20:00:32
ich möchte nicht wissen, wer sich alles mit der arbeit dieser menschen die taschen vollstopft...

WIR in letzter Konsequenz  ???

Jochen
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Wenn Du es eilig hast, gehe langsam.

Patrick

  • 4 - 8 - 15 - 16 - 23 - 42
Re: Proteste in Bangladesch: Textilarbeiter zünden Fabriken an
Antwort #3: Mai 23, 2006, 21:02:47
Wo wir gerade bei Ausbeutung sind und aus aktuellem Anlaß:

In Sialkot (der englische Eintrag ist deutlich umfangreicher) in der pakistanischen Region Punjab werden etwa 80% aller Fußballe für den Weltbedarf produziert, bis vor einigen Jahren fast ausschliesslich in Kinderarbeit. Zwar hat die FIFA etwas gegen die  Kinderarbeit in Sialkot unternommen, aber auch die Erwachsenen nähen diese Bälle zu einem Hungerlohn. Es gibt zwar Bemühungen für fairen Handel, aber die Stückzahlen liegen ja noch nicht mal im Promille-Bereich.
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Dr. Jones: Well I can assure you, Detective Britten, that this is not a dream. What?
Michael: That's exactly what the other shrink said. (Awake 1x01)

Kapitän

  • Ahoi Kameraden.
Re: Proteste in Bangladesch: Textilarbeiter zünden Fabriken an
Antwort #4: Mai 23, 2006, 21:38:49
Seit einem sehr eindringlichen Artikel vor einigen Monaten in unserer Zeitung, bemühe ich mich doch etwas bewusster meine Textilien aus zu wählen.
Auch wenn ich schon vorher wusste, dass Menschen für Hungerlöhne, unter miserablen Arbeitsbedingungen und mit allen möglichen Schikanen "unsere" Discounter-Kleider nähen, führte der Artikel doch sehr anschaulich an hand einer Einzelperson vor Augen, was dort wirklich abgeht.
Bei näherem Betrachten der ständigen Billig-Artikel von Aldi, Lidl, Tchibo usw. und etwas Nachdenken kommt man an sich schon von alleine drauf, dass bei diesen Produkten nicht nur an der Qualität, sondern mit Sicherheit auch an den Löhnen, der Arbeitssicherheit und den gesamten Arbeitsbedingungen der Näherinnen und Näher gespart wird (siehe den Einsturz einer - ich glaube - indischen Textilfabrik vor einigen Monaten).

Ich für meinen Teil, versuche solche billigst-Angebote aus zu lassen (auch wenns manchmal nicht gelingt) und auf bessere Qualität zu setzen, meist zu einem höheren Preis.
Allerdings muss ich zugeben, dass ich in vielen Dingen skeptisch bin, ob es tatsächlich einen Unterschied macht, wenn ich das teuerere Produkt wähle. Oder ob nicht eh alles aus der gleichen Fabrik stammt?
Naja, immerhin beim Kaffee kann ich mir einigermaßen sicher sein, dass der aus Fairem Handel stammt  :)

Ahoi.
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Es ist so ruhig?!
Re: Proteste in Bangladesch: Textilarbeiter zünden Fabriken an
Antwort #5: Mai 23, 2006, 22:30:24
Ich hoffe nicht, dass ich hier eine Diskussion los trete.
Arbeitgeber vs Arbeitnehmer
Auch in Europa war und ist nicht alles Gold was glänzt.
Und was hier bei uns schon alles auf dem Altar der Kostensenkung geopfert wurde, teilweise leichtfertig und unter dem Mäntelchen

Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollen sich vor Ort untereinander einigen, die wissen am besten was gut für das Unternehmen ist.

Und wenn ich dann die Biertischparolen höre.

Naja, es hat auch bei uns eine Zeit gedauert bis es uns so gut ging.

Mal schauen ab wann der Trend mal wieder in eine andere Richtung geht, oder hat es schon begonnen ?

Jochen

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Wenn Du es eilig hast, gehe langsam.

Florian

  • Zurück in der Zukunft
Re: Proteste in Bangladesch: Textilarbeiter zünden Fabriken an
Antwort #6: Mai 23, 2006, 23:14:08
Die Lage der Textilindustrie in Bangladesh ist seit Aufhebung der chinesischen Exportlimits bzw. des Auslaufens der Exportvergünstigungen für Bangladesh schon enorm angespannt, d.h. selbst hier kann man mit den chinesischen Produkten nicht mehr konkurrieren. V.a. weil versäumt wurde, die Logistik zu verbessern, als noch Zeit und Geld dafür da waren.
Nun gibt es natürlich den Zwang zu Kostensenkungen und das dürfen wieder die Hungerlöhner ausbaden.

Und ja, daran sind wir alle mitschuldig. Alle wissen es, fast alle geben es zu, fast niemand handelt.
Nehme mich nicht aus.

Ich muss aufpassen, nicht gleich wieder einen riesigen Aufsatz zu schreiben. Aber das sind alles menschliche Verhaltensweisen, die noch in jeder Gesellschaft nachzuweisen sind, natürlich in verschiedenen Formen. Mein Optimismus auf einen weit um sich greifenden Sinneswandel hält sich daher sehr in Grenzen und leider wird man als Pessimist selten überrascht.

Na, und dann ja wohl die Nachricht des Tages passend zum Thema: Apple und Nike steigen ins Bett.
« Letzte Änderung: Mai 23, 2006, 23:50:18 von Florian »
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"If music be the food of love, play on!”
                         William Shakespeare
Re: Proteste in Bangladesch: Textilarbeiter zünden Fabriken an
Antwort #7: Mai 23, 2006, 23:27:46
Auslaufens der Exportvergünstigungen für Bangladesh

Echt?
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Complete liberty of contradicting and disproving our opinion, is the very condition which justifies us in assuming its truth for purposes of action; and on no other terms can a being with human faculties have any rational assurance of being right. (John Stuart Mill - On Liberty)
Re: Proteste in Bangladesch: Textilarbeiter zünden Fabriken an
Antwort #8: Mai 23, 2006, 23:35:53
Na, und dann ja wohl die Nachricht des Tages passend zum Thema: Apple und Nike steigen ins Bett.

Hier noch das fehlende L  ;D

Ich mag ja eigentlich Nike als Marke nicht. Aber irgendwie ist das schon cool: http://www.nike.com/nikeplus/
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Florian

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Re: Proteste in Bangladesch: Textilarbeiter zünden Fabriken an
Antwort #9: Mai 24, 2006, 00:00:55
Auslaufens der Exportvergünstigungen für Bangladesh

Echt?

Naja, vielleicht falsch formuliert. Das alte Quotenregime, daß Bangladesh und andere sehr arme Länder wie Kambodscha begünstigte, ließ man auslaufen. Profitiert hat davon v.a. China, denn die Firmen dort dürfen nun weitaus mehr exportieren, wobei man das ja nun notdürftig wieder begrenzen will (v.a. wegen der EU und den USA, nicht wegen Bangladesh.
Bangladesh leidet besonders, da man blindlings auf den Textilexport setzte und kein anderes Standbein aufbaute. So war der Textilanteil am Export bei deutlich über 80%. Entsprechend nun die Lage. 
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Re: Proteste in Bangladesch: Textilarbeiter zünden Fabriken an
Antwort #10: Mai 24, 2006, 08:22:45
Kann Dir noch immer nicht ganz folgen, von was für Quotenregimen Du sprichst. Hat die EU eine mengenmässige Limitierung für Textilimporte?
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Florian

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Re: Proteste in Bangladesch: Textilarbeiter zünden Fabriken an
Antwort #11: Mai 24, 2006, 12:30:08
Über die Jahrzehnte entstanden hunderte Einzelabkommen zwischen der EU und USA und den Entwicklungsländern, natürlich meistens zum Schutz der Textilindustrie der reichen Länder. So entstand im Laufe der Jahre dieses Quotenregime, daß z.B. (fiktives Beispiel) Bangladesh erlaubte 1 Million Unterhosen in die EU auszuführen. Die ärmsten Länder bekamen da meistens einen Bonus, d.h. höhere Kontingente. Das sah man als einen Teil Entwicklungshilfe, was natürlich leicht zynisch ist, denn schließlich war die Quote ja trotzdem eine Beschränkung.
1995 sah man das dann ein, und gerade die starken Textilexporteure hatten darauf gedrängt. Man vereinbarte eine Freigabe des Textilhandels in zehn Jahren, also 2005. Seitdem darf also jedes Land, exportieren, so viel es (ver)mag.
Nur: Mit dieser Freigabe konnte natürlich die chinesische Textilindustrie, immer schon stark, voll angreifen. Die ärmsten Länder können da nicht konkurrieren, v.a. weil es an der Logistik mangelt. Die zehn Jahre Übergangsfrist wurden auch nicht sinnvoll genutzt, die Lage zu verbessern.

Eine kleine Galgenfrist bleibt noch, weil sich China beim WTO-Eintritt eine Selbstbeschränkung auferlegte, falls die eigenen Exporte starke Risse im betreffenden Markt verursachen würden. Nun besteht also eine Deckelung der chinesischen Textilexporte, die jeweils angepasst wird. Nur, man sieht es ja auch in Europa, trotzdem darf die dortige Industrie viel mehr exportieren als vorher.
Warum Galgenfrist? Weil diese Verpflichtung Chinas 2008 ausläuft. D.h. dann wird der Markt erst das chinesische Textilexportwunder in voller Wucht kennen lernen.

Hier  ein guter ZEIT-Artikel dazu.
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Re: Proteste in Bangladesch: Textilarbeiter zünden Fabriken an
Antwort #12: Mai 24, 2006, 14:27:32
Aha, jetzt verstehe ich. Da gabs so lange Übergangsfristen. War mir gar nicht bewusst. Hier in der Schweiz wurden diese mengenmässigen Beschränkungen schon vor einigen Jahren aufgehoben.

Die Marktmacht der Chinesen wird hier übrigens so etwas eingedämmt, indem man China bei Textilien keine Entwicklungsland-Präferenzzollansätze zugesteht. Und wenn ich so einen Blick in den EU-Zolltarif werfe, scheint das auch die EU nicht zu tun. Tarifär scheinen Entwicklungsländer wie Bangladesch also durchaus noch einen gewissen Schutz gegenüber der chinesischen Marktmacht zu geniessen.
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Florian

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Re: Proteste in Bangladesch: Textilarbeiter zünden Fabriken an
Antwort #13: Mai 24, 2006, 18:16:08
Gewisser Schutz - ja. Aber eben sehr viel weniger. Wobei die Quotenregelung natürlich auch nicht sinnvoll war. Diese Dinge sind jedenfalls ein Grund, warum in Bangladesh und anderen Ländern die Textilindustrie stark unter Druck steht und das wirkt sich eben auch auf Löhne und Arbeitsbedingungen aus. Wobei diese teilweise schon vorher menschenunwürdig waren, auch klar. 
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Re: Proteste in Bangladesch: Textilarbeiter zünden Fabriken an
Antwort #14: Mai 24, 2006, 18:31:33
Einen interessanten Ansatz bezüglich Produkte-Ethik und Offenlegung von Produktionsinformationen bietet übrigens respect-inside - the product DNA. Bin mal gespannt, ob das was wird.
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