Apfelinsel
Talk => Thema gestartet von: Jochen am Februar 01, 2011, 20:07:46
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Da ja auch hier …
Was meint Ihr wie sich die politische Lage in den arabischen Staaten verändern wird ?
Mehr in Richtung Islam
Mehr in Richtung nicht Islam.
Falls Mubarak aufgibt, wird dies gewiss ein Signal für die in anderen Staaten protestierenden Menschen sein.
Gaddafi wird wohl auch bangen ;-)
Ob allerdings das Fehlen eines Gegenparts gut ist ? Wer weiss ? Der Niedergang des Kommunismus hat nicht nur Vorteile.
Jedenfalls ist es spannend Geschichte zu erleben.
Jochen
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Man kann natürlich nicht wissen, was passiert. Ich versuche mal einen Überblick.
Mubarak ist Geschichte, soweit würde ich aber schon vorhersagen wollen. Er will ja noch die Amtszeit absitzen - das wird nichts. Ich frage mich ja immer, was das soll. 30 Jahre via Ausnahmezustand regiert, im Mai wird er 83, die Milliarden dürften doch schon lange gut angelegt sein ausser Landes. Das sein Sohn ihn nicht mehr beerben wird wie geplant ist auch klar. Warum packt er nicht seine Koffer?
Auf jeden Fall ist wichtig: Die Länder unterscheiden sich extrem. Die Medien wollen jetzt schon einen Bogen spannen von Tunis bis Sanaa.
Gerade der Jemen bereitet allerorts große Kopfschmerzen. Das Land ist schon lange sehr unruhig, die Bevölkerung extrem jung (stark wachsend) und die Armut riesengroß. Der „perfekte“ Cocktail für schlimme Entwicklungen, wie uns Geschichte und Gegenwart lehren. Zudem sind die Animositäten innerhalb des Landes schon in den letzten Jahren stetig gewachsen. Ein „failed state“ Jemen gegenüber Somalias könnte ein Hotspot der Weltpolitik werden.
Für Tunesien bin ich recht optimistisch. Ich denke auch ein Erfolg der Demokratie hätte starke Auswirkungen auf die anderen Maghreb-Staaten. Libyen klammere ich einmal aus. Ein demokratischeres, dynamischeres, reicheres Nord(west)afrika wäre für Europa natürlich eine Art Lottogewinn. Hier muss wirklich alles unternommen werden, was uns möglich ist. Aber ich fürchte man starrt wieder mal orientierungslos auf die Szenerie. EU-Außenpolitik ist ja oft nur eine Lachnummer.
In Ägypten halte ich eine Liberalisierung für wahrscheinlich, wie weit sie gehen wird - die große Frage. Einen Fall in die Militärdiktatur oder eine Theokratie muss man m.E. nicht erwarten. Die viel gefürchteten Muslimbrüder stehen erstmal selber vor Richtungsentscheidungen, welche die Bewegung zerreißen könnten.
Assad/Syrien erscheint mir sattelfester. Hier fürchte ich sehr die Eröffnung einer Auslandsfront, um Dampf abzulassen. Im Libanon ist ja schon angerichtet.
Was meint Ihr wie sich die politische Lage in den arabischen Staaten verändern wird ?
Mehr in Richtung Islam
Mehr in Richtung nicht Islam.
Das ist teilweise zu beantworten: Insofern es zu einem Mehr an Demokratie geben sollte, wird es auch mehr politischen Islam geben. Den meinst Du ja wohl.
Das muss uns aber nicht gleich immer Angst einflößen.
Und hier muss man einfach mal auf die Türkei kommen. Dort regieren schließlich auch „Religiöse“. Sicher ist dort nicht alles gut, aber doch sehr viel besser als in den arabischen Staaten. Es gibt eine legale Opposition, die ihre Bedeutung eher selbst minimiert hat als das es durch irgendwelche autokratische Methoden des Regimes geschehen wäre. Die Presse ist ziemlich frei.
Weder die Nato-Mitgliedschaft wurde in Frage gestellt noch wird das Land massiv islamisiert - auch wenn man gewisse Tendenzen sicher unterstellen kann. In Frage Menschenrechte wurden große Fortschritte gemacht, mehr als die vormaligen Regierungen in Jahrzehnten zustande gebracht hatten.
Und die Wirtschaft boomt! Das wurde auch im arabischen Raum bemerkt. Irgendwie scheint es also doch auch besser zu gehen, ohne die Traditionen aufzugeben. Das man den Anschluss ans 21. Jahrhundert verloren hat, wissen die Leute. Ganz ähnlich wie vor 20 Jahren, und doch ganz anders.
Jedenfalls ist es spannend Geschichte zu erleben.
Definitiv. Aber wie heißt dieser chinesische Wohlspruch? „Mögest Du in langweiligen Zeiten leben“.
Ich gebe zu bedenken:
Iran 2009 („grüne Revolution“), Libanon 2005 („Zedernrevolution“) - da schrieben unsere Medien sich auch die Finger wund, da würde sich was ändern… Ukraine („orangene Revolution“) und so weiter, und so fort, viel zu oft wird zu früh gefeiert.
Und: Auch 1989/90 brachte neben vielen wunderbaren Entwicklungen leider auch demokratische Misserfolge und sogar Krieg und Völkermord.
Aber natürlich geht mir regelrecht das Herz auf, wie hier die Menschen auf die Strasse gehen, für Freiheit und auch Wohlstand. Trotz Risiken für Leib und Leben.
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Handy-Nachrichten via Googledienst in Twitter. So können die Menschen aus Ägypten Botschaften absetzen. Endlich mal eine klare Ansage der oft gescholtenen Fimen. Gute Sache finde und wollte dies nur kurz mit einfügen.
http://www.nordbayern.de/nuernberger-zeitung/google-unterstutzt-opposition-in-agypten-1.473729
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Ich denke mal.
Taktik Mubarak.
Lass sie ruhig gegen mich demonstrieren, solange die das friedlich machen passiert eh nix.
Irgendwann geht denen der Atem aus.
Deswegen wird von offizieller Seite die Gewalt der Pro Mubarak Demonstranten verurteilt.
Jochen
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Der Westen fällt Ägyptens Oppositionellen in den Rücken
Sehr guter Artikel der Tagesschau (http://www.tagesschau.de/kommentar/aegyptenundderwesten100.html).
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Finde ich weniger.
Was soll den der Westen eigentlich genau machen?
Sanktionen treffen v.a. die Menschen - völkerrechtliche Grundlage gibt es dafür wohl auch nicht. Einstellung der Hilfszahlungen? Also einen treuen Verbündeten im Regen stehen lassen? Könnte man machen - stellt sich die Frage, was andere Verbündete so davon halten.
Soll ein Politiker anreisen und vor den Massen sprechen, wie der Schreiber meint… geht es noch unrealistischer? Eine solche Einmischung wäre wirklich beispiellos. Und soll die Demokratiebewegung mit dem Stigma der Ferngesteuerten beglückt werden?
Edit: Und wenn westliche Politiker ihre Interessen deutlich formulieren - ist das nicht ein Fortschritt? Besser jedenfalls als so zu tun, als würde man Demokratie über alles stellen. Es ist nun mal ein Balanceakt. Fällt Mubarak bzw. Kamarilla doch nicht, was dann?
Klar würde ich mir selbst mehr Unterstützung für die Demokratie in aller Welt wünschen, „Realpolitik“ ist oft zynisch und unappetitlich. Aber so einfach wie der Autor sollte man es sich nicht machen.
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Finde ich weniger.
Was soll den der Westen eigentlich genau machen?
Die Sache der Demonstranten gut heißen! Und Mubarak nicht unterstützen. Die beiden Dinge würden schon viel helfen. Da passiert in einem solchen Land endlich das, was oft gewünscht wird - ist es dann soweit, wird gehadert und taktiert. Allen voran die USA können ohne ihren eigenrn Einfluss aber schon gar nichts akzeptieren.
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Die Sache der Demonstranten gut heißen!
Also z.B. sagen, ihre Demonstrationen seien verständlich, dürften nicht gewaltsam beseitigt werden und Ägypten müsse in Eigenverantwortung den Weg zur Demokratisierung einschlagen?
All das ist schon geschehen.
Aber vor allem: Was ist denn „die Sache“ der Demonstranten? Das ist nun mal nicht so einfach zu beantworten - ausser, dass Mubarak weg soll. Aber ist das sinnvoll? Da gibt es eben verschiedene Ansichten. Fände es generell merkwürdig, wenn Staatsoberhäupter anfingen, den Rücktritt anderer Staatsoberhäupter zu fordern.
Und bei aller Sympathie: Wer sagt denn, dass die Demonstranten auch die Mehrheit hinter sich haben?
Ein geordneter, gebremster Prozess erscheint da doch irgendwie angebracht. Aber natürlich ist wieder so, dass dieser dem Regime wahrscheinlich in die Karten spielt.
Und Mubarak nicht unterstützen. Die beiden Dinge würden schon viel helfen. Da passiert in einem solchen Land endlich das, was oft gewünscht wird - ist es dann soweit, wird gehadert und taktiert.
Ich meine auch, man könnte mehr wagen. Aber das Ganze ist doch wirklich eine äußerst diffizile Angelegenheit. Neulich flog noch der französische Premier im Urlaub quer durch Ägypten auf Rechnung der ägyptischen Regierung. Nur mal ein Beispiel, wie eng man war. Eine 180°-Wende wäre zu all dem Risiko doch auch ziemlich unglaubwürdig und was bringt's wem? Der ägy. Opposition den Hauch der Fremdbestimmung, „dem Westen“ womöglich nur Scherereien.
Allen voran die USA können ohne ihren eigenrn Einfluss aber schon gar nichts akzeptieren.
Der Autor fordert u.a., sie sollen endlich mehr Einfluss nehmen. :)
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Mubarak ist zurückgetreten!
Die Macht übernimmt das Militär. Hoffentlich nur vorläufig.
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Ich glaube da machen sich viele Ägypter falsche Hoffungen.
Das Militär hat die Macht übernommen und das Volk freut sich. ???
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Die Armee hat in Ägypten ein gutes Image, nicht so verstrickt zu sein ins Regime… oje, dass kennen wir doch auch irgendwie. :)
Es ist natürlich fragwürdig, ob sie wirklich die Demokratisierung einleiten. Andererseits scheint es ja sehr so, als wäre der Streit innerhalb der Führung jetzt entschieden. Das Militär kann ohne Soldaten auch nichts machen, und das sich auch anderswo nicht genug Schläger auftreiben lassen, haben wir ja auch gesehen.
Ob die neuen Bewegungen aber auch die Fähigkeit haben, in einem langwierigen, intransparenten Prozess ihre Interessen durchzubringen, müssen wir erst sehen. Bisher wurden sie ja trotz aller warmen Worte völlig ignoriert, verhandelt wurde nur mit der Altopposition, die sicher leichter zu befriedigen sein dürfte. Schließlich sind da viele alte Kämpen müde und haben Lust auf einen Platz an der Geldpipeline. Oder ist in Ägypten alles anders? Wir werden es bald schon wissen.
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Nun also (doch) Libyen. Leider kann man kaum Genaues sagen, da eine unabhängige Berichterstattung unmöglich ist. Aber eins scheint sicher: Viele Tote und Verletzte.
Jetzt ist auch noch der Flughafen von Bengasi lahmgelegt, die Stadt befindet sich angeblich in den Händen der Aufständigen. Mehrere Clans haben der Zentralregierung die Gefolgschaft aufgekündigt und drohen mit einem Lahmlegen der Ölförderung.
Man könnte also meinen Gaddafi ist am Ende. Aber er hat das gesamte Militär mit seinen Verwandten und engen Vertrauten durchsetzt und ist offensichtlich fest entschlossen, den Aufstand gewaltsam zu beenden.
Geld und Waffen hat er auch genügend, vom Ausland lässt er sich sowieso nicht reinreden, auch Erfahrung als Geächteter hat er genügend und gefiel sich lange in der Rolle.
Man muss leider einen langen Bürgerkrieg fürchten, in dem sich die verschiedenen Clans und Ethnien die Köpfe einhauen.
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Wie sich die Abläufe ähneln
Leaks reported by al-Arabiya TV suggest Col Gaddafi will announced major political reform in his televised speech, which is expected shortly.
Quelle: http://www.bbc.co.uk/news/world-middle-east-12307698
Jochen
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Interessanterweise gibt es hier zu aktuell erlebter Geschichte wenig feedback. Woran das wohl liegt ?
Überfordert ;D
Jochen
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Vielleicht sind unsere Beiträge nicht interessant genug? ;D
Vielleicht haben aber viele Leute nur keine Lust, sich auch noch in einem (überwiegend) Mac-Forum über das Weltgeschehen zu unterhalten? Könnte ich verstehen. Zumal man hier ja keine Insideransichten findet sondern (bisher) nur das, was man überall liest.
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Vielleicht ist das Thema nicht interessant genug.
Was interessieren mich die Arabs? ;)
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Was interessieren mich die Arabs? ;)
Womöglich bald sehr viel. Schließlich steigt wahrscheinlich die Wahrscheinlichkeit™ einer direkten Nachbarschaft. :)
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Interessanterweise gibt es hier zu aktuell erlebter Geschichte wenig feedback. Woran das wohl liegt ?
Überfordert ;D
Jochen
Das Thema ist mir thematisch zu entfernt von den anderen Postings; und Ereignisse die mit Blut den Lauf der Geschichte verändern auch etwas zu heikel um einfach so drauf los zu kommentieren.
Es ist eine Sache alles zu bemerken, und eine ganze Andere zu allem seine Bemerkung abzugeben.
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Der Weltsicherheitsrat erlaubt „Luftangriffe“, also weit mehr als die bloße Durchsetzung einer Flugverbotszone (die natürlich auch Bombardierungen eingeschlossen hätte) in Libyen.
Frankreich und England werden wohl alsbald losschlagen, Italiens Regierung (bis vor kurzem engster Freund Ghadafis) stellt mindestens die Basis auf Sizilien zur Verfügung.
Deutschland, derzeit ja nicht-ständiges Mitglied im Rat, hat sich enthalten und will sich laut Westerwelle nicht beteiligen.. Ob man das durchhalten wird können, steht für mich in Frage.
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Typisches Dilemma: so sehr ich Gaddafi auch für einen drogenkranken Irren halte, der abgesetzt werden muss, bin ich von der Legitimation von Luftangriffen nicht überzeugt.
1. Ist es nicht so, dass Gaddafi Chef einer Regierung eines souveränen Staates ist, die/der bis jetzt von der Uno völkerrechtlich als legitim angesehen wurde?
2. Und diese Regierung geht miltiärisch gegen bewaffnete "Rebellen"/"Aufständische" vor, die gegen die "Verfassung" dieses Staates verstossen bzw. gegen die Regierung des Staates revolutionieren?
Auf der anderen Seite ist klar: wenn diese Gelegenheit jetzt nicht genutzt wird, wird sehr, sehr viel an Akzeptanz und Sympathie für "den" Westen verspielt. Wenn nicht jetzt, wann dann?
Schwierig...
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Das frage ich mich auch.
Ist es immer sicher, wer „böse“ ist und wer nicht?
Man stelle sich vor, im Berlin beginnen ein paar hundert Leute Polizeistationen und Kasernen zu stürmen und die UNO belegt unseren Luftraum mit einem Flugverbot, weil die Regierung auf diese Leute schießen lässt.
Ja, es hinkt.... ;)
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Wenn man dieser Seite (http://www.welt-in-zahlen.de) etwas Glauben schenkt, wird klar, warum der Einsatz von Bodentruppen in Libyen vermieden wird.
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Klar, man hat Gaddafi ja gerne jede Menge Waffen verkauft.
Sein überwiegend sowjetischer Fuhr- und Flugpark ist aber an sich nicht besonders bedrohlich, zumal man die Zahlen ja nicht mehr 1:1 nehmen kann, denn die Opposition konnte ja einiges erobern bzw. in Besitz nehmen.
Seine Elitetruppen sind natürlich schon gut ausgebildet und -gerüstet. Aber auch da sind v.a. die USA meilenweit voraus.
Rein militärisch wäre es also kein großes Problem für die NATO. Aber man will halt möglichst überhaupt keine Toten. Zudem kann das Ganze natürlich eskalieren, der alte Terror-Pate Gaddafi wird sicher keine Skrupel haben, eine Untergrundarmee aufzustellen, die dann „einen Irak“ veranstalten würde.
Drittens darf man sich dann wieder anhören, der Westen würde andauernd islamische Länder besetzen und führe einen Kreuzzug.
Für die jetzige Resolution hat man dagegen sogar die Mehrheit der Araber. Die hassen nämlich Gaddafi. Derweil entsenden die Saudis Militär nach Bahrain um die dortigen Schiiten zu „befrieden“.
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Sein überwiegend sowjetischer Fuhr- und Flugpark ist aber an sich nicht besonders bedrohlich, zumal man die Zahlen ja nicht mehr 1:1 nehmen kann, denn die Opposition konnte ja einiges erobern bzw. in Besitz nehmen.
Da wäre ich mir nicht so sicher. An Flugzeugen steht da einiges, was durchaus zum Problem werden kann. Selbst eine etwas ältere Mirage oder die russischen SU-x sind nicht zu unterschätzen.
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Da wäre ich mir nicht so sicher. An Flugzeugen steht da einiges, was durchaus zum Problem werden kann. Selbst eine etwas ältere Mirage oder die russischen SU-x sind nicht zu unterschätzen.
Und für 30 angeschossenen libysche Flieger gibt's weniger Anerkennung, als es Kritik für zwei abgeschossenen Franzosen oder Briten gibt.
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Aber die libysche Führung hat soeben einen kompletten Waffenstillstand und das Ende alle Kampfhandlungen verkündet.
Eine Drohung reichte dafür wohl aus.
Und die Deutschen sind nun die feigen Oberdeppen der UNO, der EU und der Nato.
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Da wäre ich mir nicht so sicher. An Flugzeugen steht da einiges, was durchaus zum Problem werden kann. Selbst eine etwas ältere Mirage oder die russischen SU-x sind nicht zu unterschätzen.
Klar, nicht zu unterschätzen… aber die werden es kaum auf einen Luftkampf ankommen lassen.
Aber jetzt haben ja hoffentlich tatsächlich Verhandlungen Vorrang.
Edit: Anscheinend war dieser „Waffenstillstand“ wieder mal eine billige Finte von Gaddafi. Jedenfalls werden aus mehreren Städten Kämpfe gemeldet.
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Und die Deutschen sind nun die feigen Oberdeppen der UNO, der EU und der Nato.
Die deutsche Presse scheint sich ja regelrecht panisch um unser Ansehen in der Welt zu sorgen.
In der ausländischen finde ich dagegen v.a. Zitate von deutschen Medien dazu…
Nun ja. Intern ist klar, dass man sich diplomatisch ins Abseits manövriert hat, dass sehe ich auch so. Oder orientiert man sich schon an den neuen Großmächten China, Indien und Brasilien sowie an unserem Lieblingspartnerland Russland und kehrt den westlichen Verbündeten den Rücken? So weit vorausschauend hätte ich Westerwelle nie eingeschätzt. ;)
Aber nein, dafür fliegen die AWACS wieder in Afghanistan, dem bekanntermassen gefährlichsten Luftraum. Die Taliban haben ja jede Menge Kampfjets.
So, und es wird weiter geschossen und gestorben in Libyen. Von wegen Waffenruhe. Hoffentlich gelingt es Gaddafi nicht, vor dem internationalen Eingreifen vollendete Tatsachen zu schaffen.
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Ihr habt die Geschehnisse ja sicher auch verfolgt oder wenigstens mitbekommen.
Wie seht Ihr denn das militärische Eingreifen der internationalen Koalition und auch die Enthaltung der Deutschen im Sicherheitsrat? Da gibt es ja viele Pros und Contras.
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Wie seht Ihr denn das militärische Eingreifen der internationalen Koalition...
Ich kann es nicht beurteilen, weil es keine Information von irgend einer Seite gibt, die ich als „glaubwürdig“ einschätzen.
...und auch die Enthaltung der Deutschen im Sicherheitsrat? Da gibt es ja viele Pros und Contras.
Da bin ich (ausnahmsweise ;)) auf der Linie unsere Regierung: Ich kann mich nicht entscheiden, was richtig ist.
(im Gegensatz zu unserer Regierung kann ich mir diese Enthaltung aber auch leisten)
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Wie seht Ihr denn das militärische Eingreifen der internationalen Koalition und auch die Enthaltung der Deutschen im Sicherheitsrat? Da gibt es ja viele Pros und Contras.
Mal abgesehen davon, dass ich mir kein qualifiziertes Urteil erlauben kann, stellt sich mir die Frage: Wann greift die Allianz im Jemen, in Syrien in Bahrein, in .... ein?
Seit Jahren läuft in Dafour ein Völkermord ab: keine Bodenschätze, keine strategische Bedeutung -> kein Interesse. In meinen Augen Doppelmoral.
Westerwelles Bemerkung, die Bundeswehr hat 7000 Soldaten in international im Einsatz und sei damit an ihrer Leistungsgrenze angelangt, erstaunt mich jedenfalls, bei einer derzeitigen Truppenstärke von 250.000 ? Mann. Ich finde dieses Argument hätte er sich sparen können.
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Qualifiziert oder nicht… 8)
Ich bin ja noch unterm deutschen Altersschnitt, aber ich hätte mir nie denken können, dass eine schwarz-gelbe Regierung, ein FDP-geführtes Aussenministerium, eine solche Entscheidung treffen würde. Mit einer Enthaltung sagt man in einem solchen Fall nein. Die FDP war doch die Partei von Leuten wie Genscher, cleveren Diplomaten und Fadenziehern - und jetzt eine solche Aufkündigung sowohl europäischer Verteidigung wie transatlantischer Verbundenheit!
Man erinnere sich an die werte Frau Merkel, die einen offenen Entschuldigungsbrief („nicht alle Deutschen denken so“) in die USA schickte, weil Rot-Grün nicht den vorhersagbaren Wahnsinn des Irak-Kriegs mitmachen wollten. Damals bot ein Joschka Fischer der Propaganda von Colin Powell (und pikanterweise auch vom Bundesnachrichtendienst) Paroli: „We are not convinced!“. Heute kuscht man sich in eine Enthaltung und sagt dann hintenrum: Ja, wir sind dagegen, oder doch nicht? Naja, sollen es die Anderen halt machen.
Schröder hatte damals Chirac an seiner Seite, Deutschland steht in seinem Umfeld sehr alleine da.
Wäre es jetzt nicht an der Zeit für Entschuldigungsbriefe der Opposition für diese Regierung?
Mit einem Ja, aber einer Nichtbeteiligung, hätte man sich dagegen elegant aus der Affäre gezogen. Notfalls schickt man halt ein paar Tornados, die eh keiner braucht, und die Eurofighter erst recht nicht - es gibt ja keine Luftkämpfe. Oder ein Versorgungsschiff…
Man kann nur hoffen, dass uns diese Abstimmung nicht noch teuer zu stehen kommt.
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Vielleicht hat unsere Regierung einfach nur unterschätzt, wie eine Enthaltung im Ausland gesehen wird.
Könnte es nicht sein, dass Westerwelle, Merkel und der Stab dahinter einfach nur einen einfachen Weg gehen wollten, einfach nur enthalten und alle sind zufrieden?
Ich traue ihnen zu, die Nummer einfach nur falsch eingeschätzt zu haben.
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Wäre es jetzt nicht an der Zeit für Entschuldigungsbriefe der Opposition für diese Regierung?
Hmm? In dieser Frage müssten sich Regierung und Opposition doch wohl einig ein? Wofür also entschuldigen?
Weiss nicht, ob Ihr das nicht etwas zu selbstkritisch seht. Mir scheint Deutschland derzeit die verlässlichste und konsequenteste Linie zu haben. Das Land wäre mit einer Gutheissung einer Intervention in Libyen in meinen Augen reichlich unglaubwürdig geworden, wenn man berücksichtigt, wie heftig es doch die Intervention im Irak kritisiert hatte.
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Hmm? In dieser Frage müssten sich Regierung und Opposition doch wohl einig ein? Wofür also entschuldigen?
Ja, klar, war ja auch nicht ernst gemeint.
Ich wollte nur daran erinnern, dass damals Frau Merkel die „transatlantische Solidarität“ wichtiger waren als Logik und Völkerrecht. Heute dagegen stellt man sich gegen alle.
Ich würde es nicht automatisch für verwerflich halten, wäre der Grund ehrenwert. Dies sieht in Deutschland eigentlich nur die Linke so. Der Rest ist indifferent oder schaut weg. Nicht umsonst rumort es jetzt gewaltig in den Regierungsparteien. Man hätte sich sehr viel eleganter anstellen können.
Weiss nicht, ob Ihr das nicht etwas zu selbstkritisch seht. Mir scheint Deutschland derzeit die verlässlichste und konsequenteste Linie zu haben. Das Land wäre mit einer Gutheissung einer Intervention in Libyen in meinen Augen reichlich unglaubwürdig geworden, wenn man berücksichtigt, wie heftig es doch die Intervention im Irak kritisiert hatte.
Finde ich überhaupt nicht. Der Irakkrieg war auch nicht völkerrechtlich gedeckt. Die Fälle sind für mich sehr unterschiedlich und die Regierungen ja auch. Eben deshalb auch mein Rückgriff auf Frau Merkels Rolle damals in der Opposition. Ich empfinde das v.a. als Bruch in der Kontinuität dieser Parteien. Aber auch insgesamt.
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Die völkerrechtliche Deckung der Intervention in Libyen ist ja durchaus auch strittig. Reinhard Merkel bringt das in der FAZ (http://www.faz.net/s/Rub117C535CDF414415BB243B181B8B60AE/Doc~ED1054B1A2C78441F8F32CC4486887553~ATpl~Ecommon~Sspezial.html) IMO ziemlich gut auf den Punkt.
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Die völkerrechtliche Deckung der Intervention in Libyen ist ja durchaus auch strittig.
Korrekt, sie ist strittig. Zudem sind die langfristigen Auswirkungen über Libyen hinaus womöglich höchst problematisch.
Das ist aber nicht die Begründung der deutschen Regierung.
Vielleicht ist es wirklich so, dass man von außerhalb anders sieht. Ich sehe aber Personen und Parteien, die wieder einmal jede Berechenbarkeit - und wie ich auch meine Cleverness - vermissen lassen. Scheinbar werden auch wichtige Bündnisfragen mal eben so nebenbei entschieden. Und dann noch alberne Handel wie ein paar deutsche Soldaten für die AWACs in Afghanistan zur Entlastung der Koalition, deren Angriffe man „neutral“ sieht.
Wohlwollender könnte man sagen: Deutschland sucht nach wie vor nach seiner Rolle in der Welt.
Aber dieser Regierung bringe ich kein Wohlwollen entgegen, wie man wohl mittlerweile bemerkt hat. :)
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In einem Interview hat die Bundeskanzlerin angemerkelt, dass für das Nein im Sicherheitsrat sehr gute Gründe gegeben habe, leider hat sie nicht rausgelassen welche.
Vielleicht können wir ja irgendwann mal bei WL die Gründe nachlesen.
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In einem Interview hat die Bundeskanzlerin angemerkelt, dass für das Nein im Sicherheitsrat sehr gute Gründe gegeben habe, leider hat sie nicht rausgelassen welche.
Vielleicht können wir ja irgendwann mal bei WL die Gründe nachlesen.
Welches Nein? Dazu war man dann ja doch zu feige, wie die Russen, die dann am nächsten Tag vom bösen Kreuzzug schwadronieren.
Bald spielt das alles keine Rolle mehr, dann ist Europa total pleite und stimmt geschlossen so, wie es die neuen Supermächte wollen. Deutschland spielt nur die Vorreiterrolle in diesem Great Game. Hier habt Ihr es zuerst gelesen. ;)
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Welches Nein? Dazu war man dann ja doch zu feige, wie die Russen, die dann am nächsten Tag vom bösen Kreuzzug schwadronieren.
Uiihh, ja klar, war kein Nein!
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Vielleicht können wir ja irgendwann mal bei WL die Gründe nachlesen.
Bei wo? ???
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Bei wo? ???
Wikileaks ;)
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Und nun? Quelle ZDF (http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/11/0,3672,8226859,00.html). Vielleicht fliegt uns der nahe Osten ja noch schneller um die Ohren als der Euro.
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Im Moment läuft auf WDR 2 gerade die Sendung "Arena" zum Thema Libyen, falls jemand Interesse hat.
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Es wird so schwierig wie erwartet. Die Rebellen konnten zwar dank der Luftangriffe Fortschritte machen, aber um das ganze Land einzunehmen sind sie einfach militärisch zu schwach und schlecht organisiert.
Nun stellen sich natürlich viele Fragen: Soll man Waffen und Ausbilder schicken? Oder doch eigene Truppen? Könnte man sich mit einem dauerhaft geteilten Land arrangieren? Und wer sind diese Rebellen eigentlich und was hat ihre stark religiös geprägte Ausdrucksweise zu bedeuten?
Währenddessen beteiligt sich jetzt sogar Schweden mit ein paar Jets zur Luftraumüberwachung.
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Mittlerweile sind ja viele Fragen in Libyen beantwortet, doch es tauchen immer neue auf.
Was machen 400 Polisario-Kämpfer in Tripolis an Seiten der Gaddafitruppen? Kompliziert: Die Polisario, die gegen die Besetzung der Westsahara durch Marokko kämpft, wird von Algerien gepäppelt. Algerien wiederum war Freund mit Gaddafi, auch wegen dessen Feindschaft zur Al Quaeda im Maghreb. Hat man die Polisario gezwungen/bezahlt, etwas für die Unterstützung zurückzugeben oder sind sie längst schon Verfügungsmasse des Bouteflika-Regimes, eigentlich eine Armee-Abteilung?
Algerien gibt nun auch noch dem Gaddafi-Clan Asyl. Es stört sich sehr an den Islamisten in Reihen des Übergangsrats. Berühmt-berüchtigt Abdul Hakim Belhadj, Kommandeur des Militärrats in Tripolis.
Überhaupt waren unter den effektivsten Kämpfern viele islamistische Trupps.
Jetzt kommt auch auf, dass der Sudan im Südosten einmarschiert ist und die Kufra-Oasen erobert hatte - als Dienst für die Rebellen. Denn Gaddafi unterstütze die Rebellen in Dafur/Sudan, wo ja ein verheerender Bürgerkrieg tobt, der nur irgendwie keine Rolle mehr spielt im Weltbewusstsein.
Nun wurden in den Gaddafi-Regalen H&K-Gewehre gefunden, die dieser gar nicht haben hätte dürfen.
Außerdem waren, dass konnte man erwarten, viel mehr westliche Ausbilder und Waffen im Spiel als behauptet. Und wohl auch einige Spezialkräfte.
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Das New England Complex Systems Institute glaubt heraus gefunden zu haben, dass Grenzen für den Frieden wichtig sind:
http://necsi.edu/research/social/scienceofpeace.html