Wie kommst Du denn auf die Idee, dass sich das Gericht nicht mit der Beweiskraft ausgeinander gesetzt hätte?
In diesem speziellen Fall:
Es können nicht Kläger und Angeklagter gleichzeitig Recht haben.
Das Gericht glaubt dem Angeklagten, äußert aber keine Zweifel an der Beweiskraft der Unterlagen des Klägers. Das klingt zunächst einmal schizophren, ist es aber nicht. Ein Gericht prüft nur so viel, wie es meint für ein Urteil zu benötigen. D.h. nachdem der Richter dem Angeklagten Glauben geschenkt hat, war eine Prüfung der Beweiskraft der Anklage nicht mehr erforderlich. Daher äußert sich das Gericht dazu auch nicht. Ist ja auch korrekt und in diesem fall zum Glück nicht das Problem.
Das Problem tritt dann auf, wenn Du nicht so simpel beweisen kannst, dass Du es nicht warst. Vor deutschen Gerichten ist es aktuell so, dass Du dann keine Chance hast, da raus zu kommen, weil die Beweiskraft des Klägers immer ungeprüft als sicher angenommen wird. Das und nur das ist ein Problem.
Auch wenn Falschzuordnungen von IPs vorkommen können und schon vorgekommen sind - hundertprozentige Fehlerfreiheit kann wohl nie jemand garantieren - dürfte das IP-Protokoll des Providers doch wohl das Beweiskräftigste sein, was bei solchen Aussage-gegen-Aussage-Situationen berücksichtigt werden kann.
Das ist soweit richtig. Es ist das Beweiskräftigste, was vorliegt. Aber es ist eben nur ein Detail und dann noch der harmloseste.
Es ist so:
- Im Auftrage von Rechteinhabern werden Anwälte und darauf spezialisierte Firmen beauftragt, Nutzer illegaler Dienste aufzuspüren.
- Diese benutzen dazu eine Software, die sich in die Filesharing-Systeme einklinkt und schaut, von welchen IPs man aktuell etwas downloaden kann und protokolliert das in einer Textdatei. Diese verwendete Software wurde noch nie auf Funktionssicherheit oder Fehlergrößen unabhängig überprüft. Man weiß weder, wie gut und sicher diese Programme funktionieren noch ist das Ergebnis der Programme (Textdatei) überhaupt gegen eine Manipulation, die im Sinne des Betreibers vorteilhaft wäre, geschützt. Trotzdem wird das Ergebnis als absolut beweiskräftig vor deutschen Gerichten anerkannt.
- Die fraglichen IPs werden beim Provider angefragt. Dieser Punkt ist noch der am wenigsten problematische im Sinne von Beweiskräftigkeit. Aber auch hier kommen Fehler vor und es gibt keinerlei Untersuchung, wie häufig die sind. Das Ergebnis dieser Anfrage ist als absolut beweiskräftig anerkannt.
- Auf der anderen Seite ist eine nachträgliche Überprüfung für den Angeklagten nicht möglich. Eine eigene Anfrage an den Provider über die eigene IP wird entweder aus Datenschutzgründen abgelehnt bzw. ist meistens nicht nicht mehr möglich, da die Daten mittlerweile gelöscht sind. Eine Korrektur eines Fehlers bei der Providerabfrage (z.B. Zahlendreher, vertippt etc.) ist für den Angeklagten nicht möglich.
- Auch die Protokollierung der eigenen IP durch eigene Log-Dateien wird vor Gericht nicht akzeptiert. Es sind nur einfache, leicht manipulierbare Textdateien und nicht beweiskräftig.
Du siehst: Das Problem ist weniger eventuelle Fehler bei der Abfrage beim Provider neben der Unmöglichkeit diese überprüfen oder korrigieren zu lassen, sondern dass einfache Textdateien des Klägers ohne Prüfung beweiskräftig sind, das gleichen beim Angeklagten aber nicht.
Es sind auch schon öfters bei Überprüfung dieser Logdateien des Klägers durch Beklagte große Fehler z.B. bei Zeitstempeln beobachtet worden. Diese werden dann meist durch einen Softwarefehler bei der Anzeige erklärt, die zugrundeliegenden Daten sind aber trotzdem beweiskräftig. Die Software, die dort vom Kläger benutzt wird, wurde noch nie unabhängig geprüft. Und selbst wenn sie mal geprüft würde, in der aktuellen Form ist es doch ganz schlimm, dass derjenige, der finanzielle Interessen an der Klage hat, problemlos das Hauptbeweisstück manipulieren kann (Textdatei).