Forum

elafonisi

  • Verbergnix
Konzernstrategie
März 31, 2009, 11:47:53
Ein Bericht aus der FTD über die neue Einkaufsstrategie von Siemens. Kosten runter, Qualität egal, Preise rauf = Made in Germany? Ich kann es mir auf jeden Fall leisten, Siemens aus meiner Lieferantenkartei zu streichen!
Re: Konzernstrategie
Antwort #1: März 31, 2009, 12:07:50
Das alte Lied der Einkäufer.

Die Qualität wird aber deutlich steigen.
Nein, der Kunde wird davon nix merken, ihm gehen die Siemesteile (oder von wem auch immer) eher kaputt.
Nur konzernintern wird die gemessenen Qualität steigen.
Oder vielleicht gibt es sogar eine neue Norm, die die Qualitätssteigerungen fast schon wissenschaftlich untermauert wird.

Und wenn sich dann in den Siemens-Callcentern die Anrufe wegen defekten Produkten häufen, werden die ins Ausland verlegt um Kosten zu sparen.
Und wenn sich genug Kunden über diese Callcenter und die nicht erfolgte Hilfe beschweren (wie eigentlich?), wird die Callcentererreichbarkeit deutlich gesenkt werden. Keine Anrufe im Callcenter = keine Beschweren über mangelhafte Produkte = tolle Qualität.

Die zuständige Managerin hat sich damit eine feine Extragratifikation verdient.


Das alles könnte so schön langweilig und uninteressant sein, wenn es uns nicht ständig weiter in den Dreck reiten würde.
« Letzte Änderung: März 31, 2009, 12:59:00 von fränk »

Florian

  • Zurück in der Zukunft
Re: Konzernstrategie
Antwort #2: März 31, 2009, 12:51:32
Also, da will ich jetzt nicht groß widersprechen, aber doch etwas einschränken:
Man kann auch in China hochwertige Produkte fertigen. Das beweist u.a. auch Apple. Wenn natürlich oberstes Gebot der günstigste Preis ist, wird das nirgendwo zu guten Produkten führen.
Und das im Siemenskonzern viel Wildwuchs herrscht und man auch mal auslichten könnte, ohne
das gleich alle kaputt geht, dieser Meinung kann man wohl auch sein. Ich weiß natürlich nicht, ob das bei den Zulieferern der Fall ist und inwieweit die Belegschaft von den vielen Reformen nicht schon lange die Nase voll hat.

Für den Kunden ist halt die große Frage, ob Siemens hier einseitig Preissenkungen im Einkauf bewirken will oder doch noch Rücksicht auf andere Faktoren nimmt. Da habe ich natürlich auch so meine Vermutung, aber warten wir's mal ab.

_______
"If music be the food of love, play on!”
                         William Shakespeare
Re: Konzernstrategie
Antwort #3: März 31, 2009, 13:16:30
Man kann auch in China hochwertige Produkte fertigen.

Natürlich kann man das.

Aber den Firmen geht es ja nicht darum.
Es geht ihnen einzig um den billigen (und nicht preisgünstigen) Einkauf.

Es ist die Grundeinstellung dieser Leute, die die Qualität und damit das Kundeninteresse an die Wand fahren.

Nun kann man sicherlich sagen, der Kunde wird an der Kasse abstimmen und das billigen Zeugs eher kaufen als das teure. Stimmt.
Nur verkauft Siemens seine Klamotten keinen Deut billiger, wahrscheinlich müssen sie die EK-Preise nur senken und den Profit nur steigern "um kein Übernahmekandidat zu werden".

Ich bin zu sehr in einer altmodischen Unternehmermoral gefangen.
Ich kann gar nicht anders, als vernünftige Qualität zu produzieren. Ich mache das sogar, wenn es nicht ausdrücklich gefordert wird, weil ich manchmal mehr weiß, als der Besteller am Schreibtisch.
Ich verliere dann 0,02€ x 1.000 Stück und auf der anderen Seite merkt niemand, dass es so war.
Bis ich dann eines Tages zu teuer bin bzw. ein anderer es billiger macht. Zuerst wird garantiert dieser winzige Arbeitsgang für 0,02€ gestrichen und der Kunde merkt zum ersten mal etwas von seinem Fehler in der Konstruktion. Nur ist es dann für mich zu spät.

Nun könnte ich Markting betreiben und poltern, wie genial ich doch arbeite........ aber das alles darf meinen Gegenüber am Schreibtisch nicht interessieren. Er muss beim billigsten Anbieter kaufen. Wenn dieser billigste Anbieter nun mangelhafte Qualität liefert, ist ein andere Abteilung dafür zuständig die mangelhafte Qualität schön zu lügen.

Für jemanden, der dieses ganzen Mist nicht mit macht und versucht sich ehrlich durch zu schlagen, für jemanden, der vernünftig arbeitet, weil er keine Lust auf Reklamationen und unzufriedene Kunden hat, ist diese ganze Wahnsinn nur noch zum Kotzen!

Man ist so herzbestrullernd hilflos ausgeliefert.

Florian

  • Zurück in der Zukunft
Re: Konzernstrategie
Antwort #4: März 31, 2009, 14:07:20
Aber den Firmen geht es ja nicht darum.
Es geht ihnen einzig um den billigen (und nicht preisgünstigen) Einkauf.

Na gut, ich bin genauso skeptisch… aber wissen tun wir es nicht. Die Hoffnung stirbt zuletzt, naja, ein kleines Licht, etc., pp.  :-[

Zitat
Nun könnte ich Markting betreiben und poltern, wie genial ich doch arbeite........ aber das alles darf meinen Gegenüber am Schreibtisch nicht interessieren. Er muss beim billigsten Anbieter kaufen. Wenn dieser billigste Anbieter nun mangelhafte Qualität liefert, ist ein andere Abteilung dafür zuständig die mangelhafte Qualität schön zu lügen.

Das ist wirklich ein Riesenproblem. Das hat so schlimme Ausmaße angenommen. Auch werden gewachsene Beziehungen zwischen Einkäufer und Produzent („auf den konnte man sich immer velassen!“) teilweise gleich mal unter Kumpelei-Verdacht gestellt - wenn nicht gleich Schlimmeres. Das finde ich auch so kontraproduktiv.
Es ist eben dieses furchtbare Kurzstreckendenken. Jetzt muss der Preis stimmen, ob das Ding acht oder zwölf Jahre hält, interessiert nur die Wenigsten.

Zitat
Man ist so herzbestrullernd hilflos ausgeliefert.

Den Druck hat Siemens ja genauso… ich weiß, null Trost.
Wenn man sich mal die wahren Produktionskosten in China anschaut (ohne die Zwischenhändler und Aufschläge) wird Einem noch mehr Angst und Bange.
Welche Zustände dort so herrschen, interessiert ja Niemand.
_______
"If music be the food of love, play on!”
                         William Shakespeare

elafonisi

  • Verbergnix
Re: Konzernstrategie
Antwort #5: März 31, 2009, 14:27:47
Wenn ich einen Motor kaufe wo Siemens drauf steht erwarte ich ein sehr gutes Produkt, schließliche bezahle ich dafür auch mehr als bei einem anderen Hersteller. Wenn die Motoren aber demnächst aus China kommen, kann ich auch direkt Chinaware kaufen und muß ncht den Namen mitbezahlen.

Ich denke außerdem, wenn man die neue Einkaufstrategie in dieser Art und Weise publiziert will damit auch erreichen, dass der Selbstausbeutungsprozess der Lieferanten an Geschwindigkeit zumimmt. Viele von denen sind ja zu fast 100% von Siemens abhängig, weil die es versäumt haben sich auch um andere Kunden oder Geschäftsfelder zu kümmern. Auch dem Aktienkurs wird die neue Strategie bestimmt  nicht geschadet haben. Und Frau Dingsbums kriegt bestimmt auch einen satten Bonus, wenn die Beschaffungskosten sinken. :P
Re: Konzernstrategie
Antwort #6: März 31, 2009, 14:34:02
Das Schaf Verbraucher weiss leider nicht welche Macht es hat.
Es wird vom Schäfer und vom Hund schön in der Herde gehalten.

Jochen
_______
Wenn Du es eilig hast, gehe langsam.
Re: Konzernstrategie
Antwort #7: März 31, 2009, 14:36:13
Den Druck hat Siemens ja genauso… ich weiß, null Trost.

Nein.
Siemens macht diesen Druck.

Siemens könnte diesen Druck aber auch nicht machen.
Dazu müssten sie aber mit etwas weniger Profit zufrieden sein (vielleicht auch nicht).

Dann sollten sie dieses "etwas weniger Profit" auch so verkaufen und nicht gleich von "Miesen" sprechen und dann "Made in Germany" aggressiv vermarkten und sich so von der Konkurrenz unterscheiden.
Es wäre zwar auch nur eine "neue Masche", die sie dann reiten, aber es würde uns Deutschen eher nützen.

Ach.... dümmliche Träumerei!

Florian

  • Zurück in der Zukunft
Re: Konzernstrategie
Antwort #8: März 31, 2009, 14:48:17
Gut, Siemens könnte teurer produzieren, mit weniger Marge verkaufen. Nur wie lange? Und ja, dieses hätte Auswirkungen auf den Aktienkurs.
Und nicht nur das. Am Ende kann man womöglich durch den kleineren Gewinn nicht mehr so viel investieren, wie Diejenigen, die günstiger produzieren und gerät technologisch ins Hintertreffen, ein Horrorszenario.

Das ist die Logik des Systems, welches durch die Billigproduktion in fernen Ländern an seine Grenzen gekommen ist.

P.S.: Dieses Made in Germany ist doch kein Zugpferd mehr bzw. funktioniert nicht mehr so gut wie einst. Wie überall sind die Kunden von Siemens auch sehr preisbewusst. Nur da wo man wirklich sichtbar und sofort besser ist, werden noch schöne Preise bezahlt.
_______
"If music be the food of love, play on!”
                         William Shakespeare
Re: Konzernstrategie
Antwort #9: März 31, 2009, 14:53:33
Das ist die Logik des Systems, welches durch die Billigproduktion in fernen Ländern an seine Grenzen gekommen ist.

Und hier hätte ich gerne einen Manager oder einen Konzern, der wirklich etwas Neues macht.
Jemand der nicht die immer gleichen, langweiligen und zu kurz gedachten Hebel, an den immer gleichen Stellen ansetzt und damit nur mitschwimmt, sondern einen der diese Logik durchbricht und damit Erfolg hat.

Dann dürfen die Pappnasen der Branche diesen Weg auch kopieren.
Re: Konzernstrategie
Antwort #10: März 31, 2009, 15:02:42
Umsatz pro Mitarbeiter

Meine Firma: 170.000 Euro
Siemens: 180.000 Euro
Microsoft: 510.000 Euro
Apple: 770.000 Euro

Wenn ich richtig recherchiert habe.

Wo sitzen keine Pappnasen  ;D

Jochen
_______
Wenn Du es eilig hast, gehe langsam.