Apfelinsel

Talk => Thema gestartet von: MacFlieger am November 13, 2012, 08:34:49

Titel: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: MacFlieger am November 13, 2012, 08:34:49
Filesharing: Zeugenaussage schlägt Screenshot (http://www.heise.de/newsticker/meldung/Filesharing-Zeugenaussage-schlaegt-Screenshot-1748262.html)

Was für ein Theater. Das Gericht glaubt dem Familienvater, dass er keine Musik angeboten hat, weil er beweisen kann, dass er in Urlaub war, und dem Zeugen glaubt, dass der Router stromlos gesetzt wurde.

An der Richtigkeit des Screenshots des Klägers und der Zuordnung des Angeklagten zur IP zweifelt es aber auch nicht. Schon irgendwie widersprüchlich für den normalen Menschenverstand.
Liegt aber daran, dass juristisch keine Notwendigkeit für das Gericht besteht, sich näher mit dem "Beweis" des Klägers zu beschäftigen, da der Angeklagte schon seine Unschuld glaubhaft machen konnte.
Daher wäre es schon zu wünschen, dass der Angeklagte nun gegen die Kläger vorgeht, damit sich das Gericht mit der Glaubhaftigkeit dieser Beweise mal auseinandersetzt.

Denn das ist das eigentliche Problem: Screenshots oder Log-Dateien vom Kläger und nachfolgende Personenzuordnung des Providers werden als absolut glaubhaft vor Gericht angesehen und es ist nur in wenigen Fällen möglich, dass Gegenteil zu beweisen. Das übliche Vorgehen vor Gericht ist hier ins absolute Gegenteil verkehrt. Man muss nicht mehr eine Schuld beweisen, sondern eine Unschuld. Und das ist in fast allen Fällen unmöglich. Im Gegensatz zum Kläger erhält man über die eigene IP zu einem bestimmten Zeitpunkt keine Auskunft vom Provider. Aus Datenschutzgründen. Abstrus.
Eigene Aufzeichnungen über die zugeteilte IP sind nicht glaubhaft, da solche Log-Dateien oder Screenshots natürlich leicht manipuliert werden können. Vergleichbare Log-Dateien und Screenshots des Klägers sind aber über jeden Zweifel erhaben.

Es gabe in letzter Zeit öfters Fälle, bei denen die Zuordnung der IP nicht oder falsch gelang. Leute sind in Urlaub, eine ältere Dame hat zwar einen Internetanschluß, aber weder Computer noch Handy... Das kann an einem falschen oder ungenauen Zeitstempel liegen, an einem Zahlendreher bei der Abfrage beim Provider etc. Wenn man ganz böse ist, kann man auch behaupten, dass sich der Kläger dort IP-Adressen einfach ausdenkt oder bei aktiven IPs einfach das illegale Anbieten behauptet. Mit der aktuellen Verfahrensweise hat man als Computernutzer faktisch keine Möglichkeit, dass Gegenteil zu beweisen.

Daher wäre es schön, wenn sich mal Gerichte mit der echten Beweiskraft solcher Behauptungen auseinandersetzen würden. Aber das scheuen die mit der Teufel das Weihwasser. Das würde erhebliche Konsequenzen auch für andere Fälle haben.
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: Ninnth am November 13, 2012, 09:24:28
Wenn man ganz böse ist, kann man auch behaupten, dass sich der Kläger dort IP-Adressen einfach ausdenkt oder bei aktiven IPs einfach das illegale Anbieten behauptet. Mit der aktuellen Verfahrensweise hat man als Computernutzer faktisch keine Möglichkeit, dass Gegenteil zu beweisen.
Naja wenn 5400 Euro Schadensersatz ist kein Pappenstiel. Da würde doch jeder versuchen den Kopf aus der Schlinge zu ziehen, nicht wahr?
Allerdings hat er ja 2200 Audiodateien angeboten, ich frage mich ob das der ausschlaggebende Punkt war, denn wenn er 2200 Audiodateinen nur runter geladen hätte anstatt anzubieten, wäre vermutlich nichts passiert. Ich habe das so in Erinnerung, dass die Musikindustrie hauptsächlich gegen die vorgeht, die Musik illegal verbreiten, weniger gegen die, welche sie herunter laden. Das mag daran liegen weil es einfach zu viele sind die runter laden und nur einige wenige die hoch laden (bereit stellen)

Aber diese ganze Debatte um illegale Musik, war das nicht in den 90er Jahren aktuell? Ich dachte das ist schon lang nicht mehr so schlimm wie damals dank iTunes Musik Store und die anderen offiziellen Möglichkeiten Musik online zu kaufen.
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: Jochen am November 13, 2012, 09:31:48
Ich lese

... Da der Beklagte einen Mietvertrag über sein Urlaubsdomizil zum Beweis vorlegen konnte ...

Das besagt aber doch nicht, dass er auch dort war ?

Jochen
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: Ninnth am November 13, 2012, 09:52:20
... Da der Beklagte einen Mietvertrag über sein Urlaubsdomizil zum Beweis vorlegen konnte ...
Das besagt aber doch nicht, dass er auch dort war ?

Das ist richtig, jedoch kann man davon ausgehen dass es stimmt. Wenn ich mir in Ibiza für 2 Wochen nen Bungalow miete dann geht man halt davon aus dass ich da auch Urlaub mache und genau das hat das Gericht wohl getan.

Es heisst in dem Artikel ja auch:
Da der Beklagte einen Mietvertrag über sein Urlaubsdomizil zum Beweis vorlegen konnte, reduzierte sich die Haftungsfrage, wie so häufig bei Filesharing-Prozessen, auf die Frage, ob Fremde seinen Anschluss für die Rechtsverletzungen missbraucht haben.

Es wurde also die Haftungsfrage im Prozess reduziert auf die logische Schlussfolgerung, wenn er im Urlaub ist dann muss jemand anders den  Anschluss benutzt haben. Wenn ein Richter sein Urteil fällt, so kann er die Entscheidung davon abhängig machen (natürlich allem im gesetzlichen Rahmen) wem er mit seinem Rechtsverständnis, Logik und Erfahrung Glauben schenkt. Offensichtlich hat er sich hierbei für den Beschuldigten entschieden.
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: MacFlieger am November 13, 2012, 09:59:37
Naja wenn 5400 Euro Schadensersatz ist kein Pappenstiel. Da würde doch jeder versuchen den Kopf aus der Schlinge zu ziehen, nicht wahr?

Wenn Du dann zu betreffenden Zeitpunkt nicht zufällig in Urlaub bist und(!) glaubhaft beweisen kannst, dass Dein Router aus ist, hast Du keine Chance.

Zitat
Allerdings hat er ja 2200 Audiodateien angeboten, ich frage mich ob das der ausschlaggebende Punkt war, denn wenn er 2200 Audiodateinen nur runter geladen hätte anstatt anzubieten, wäre vermutlich nichts passiert. Ich habe das so in Erinnerung, dass die Musikindustrie hauptsächlich gegen die vorgeht, die Musik illegal verbreiten, weniger gegen die, welche sie herunter laden. Das mag daran liegen weil es einfach zu viele sind die runter laden und nur einige wenige die hoch laden (bereit stellen)

Äh, nein.
Richtig ist: Das Bereitstellen ist auf jeden Fall illegal. Der Download ist dann illegal, wenn er aus eindeutig zu erkennender illegaler Quelle erfolgt.
Nur ist ein Bereitstellen viel einfacher zu erkennen, als ein Download. Wie willst Du erkennen, wer was herunterlädt? Das ist aktuell auch nicht möglich. Bei FileSharing ist es aber so, dass man bei einem Download automatisch auch bereitstellen muss.
Bei FileSharing gibt es nicht "viele die herunterladen" und "wenige die bereitstellen". Alle(!) die herunterladen stellen mind. die Zeit während des Downloads auch bereit.

Aber darum geht es hier nicht. Wenn einer FileSharing betreibt und dann erwischt wird, hat er Pech gehabt, dann muss er zahlen. Ob die Zahlungen angemessen sind oder nicht, ist noch diskussionswürdig, aber um solche Fälle geht es nicht!

Wenn morgen ein Brief bei Dir eintrudelt mit einem Log-Auszug, dass IP xy zu diesem oder jenen Zeitpunkt etwas bereitgestellt hat und der Provider dazu Deinen Namen ausspuckte, was machst Du dann? Richtig: Wenn Du nicht zufällig im Urlaub oder Krankenhaus o. Ä. warst und(!) beweisen kannst, dass Dein Router aus war (reine Abwesenheit reicht nicht!), zahlst Du.

Zitat
Aber diese ganze Debatte um illegale Musik, war das nicht in den 90er Jahren aktuell? Ich dachte das ist schon lang nicht mehr so schlimm wie damals dank iTunes Musik Store und die anderen offiziellen Möglichkeiten Musik online zu kaufen.

Noch einmal: Es geht nicht um illegale Musik.
Es geht um die Beweislastumkehr. Es gibt einige Fälle, bei denen klar der falsche beschuldigt wurde und nur durch Zufall da wieder raus kam. Die alte Frau ohne Computer und Handy musste ebenfalls ihre Unschuld beweisen. Und nicht umgekehrt, wie es sonst vor Gericht üblich ist.
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: warlord am November 13, 2012, 10:04:30
Daher wäre es schön, wenn sich mal Gerichte mit der echten Beweiskraft solcher Behauptungen auseinandersetzen würden. Aber das scheuen die mit der Teufel das Weihwasser. Das würde erhebliche Konsequenzen auch für andere Fälle haben.

Wie kommst Du denn auf die Idee, dass sich das Gericht nicht mit der Beweiskraft ausgeinander gesetzt hätte?

Auch wenn Falschzuordnungen von IPs vorkommen können und schon vorgekommen sind - hundertprozentige Fehlerfreiheit kann wohl nie jemand garantieren - dürfte das IP-Protokoll des Providers doch wohl das Beweiskräftigste sein, was bei solchen Aussage-gegen-Aussage-Situationen berücksichtigt werden kann. Oder worauf würdest Du denn abstellen wollen?
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: Jochen am November 13, 2012, 10:07:02
... Da der Beklagte einen Mietvertrag über sein Urlaubsdomizil zum Beweis vorlegen konnte ...
Das besagt aber doch nicht, dass er auch dort war ?

Das ist richtig, jedoch kann man davon ausgehen dass es stimmt. Wenn ich mir in Ibiza für 2 Wochen nen Bungalow miete dann geht man halt davon aus dass ich da auch Urlaub mache und genau das hat das Gericht wohl getan.


Ich hatte auch mal einen unterschriebenen Mietvertrag für ein Urlaubsdomiziel in England im August.
Sogar Anzahlung geleistet.
Den Urlaub konnte ich nicht antreten.

Im September des gleichen Jahres hatte ich immer noch den unterschriebenen Mietvertrag.

Jochen
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: Ninnth am November 13, 2012, 10:18:46
... Da der Beklagte einen Mietvertrag über sein Urlaubsdomizil zum Beweis vorlegen konnte ...
Das besagt aber doch nicht, dass er auch dort war ?

Das ist richtig, jedoch kann man davon ausgehen dass es stimmt. Wenn ich mir in Ibiza für 2 Wochen nen Bungalow miete dann geht man halt davon aus dass ich da auch Urlaub mache und genau das hat das Gericht wohl getan.


Ich hatte auch mal einen unterschriebenen Mietvertrag für ein Urlaubsdomiziel in England im August.
Sogar Anzahlung geleistet.
Den Urlaub konnte ich nicht antreten.

Im September des gleichen Jahres hatte ich immer noch den unterschriebenen Mietvertrag.

Jochen

Ja soetwas passiert natürlich zu 0.1 % aber der Richter geht von der Wahrscheinlichkeit aus die am grössten ist und die ist eben nicht so wie dein spezieller Fall ;)
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: Ninnth am November 13, 2012, 10:26:04
Wenn morgen ein Brief bei Dir eintrudelt mit einem Log-Auszug, dass IP xy zu diesem oder jenen Zeitpunkt etwas bereitgestellt hat und der Provider dazu Deinen Namen ausspuckte, was machst Du dann? Richtig: Wenn Du nicht zufällig im Urlaub oder Krankenhaus o. Ä. warst und(!) beweisen kannst, dass Dein Router aus war (reine Abwesenheit reicht nicht!), zahlst Du.

Na wie gut dass ich kein Filesharing bereibe :D *uff *Glück gehabt :D

Zitat
Aber diese ganze Debatte um illegale Musik, war das nicht in den 90er Jahren aktuell? Ich dachte das ist schon lang nicht mehr so schlimm wie damals dank iTunes Musik Store und die anderen offiziellen Möglichkeiten Musik online zu kaufen.

Noch einmal: Es geht nicht um illegale Musik.
Es geht um die Beweislastumkehr.

Ja ich weiß das. Das war ja auch nur eine zusätzliche Frage die mit der Thematik Filesharing unmittelbar verknüpft ist und daher habe ich sie gestellt. Wenn das nicht erwünscht ist, dass ich mir Gedanken mache die darüber hinausgehen und es eine strikte "Immer-beim-Thema-bleiben-Taktik gibt, dann ziehe ich mich gerne wieder zurück. Entschuldige bitte die Störung, war nicht beabsichtigt.
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: MacFlieger am November 13, 2012, 10:32:30
Wie kommst Du denn auf die Idee, dass sich das Gericht nicht mit der Beweiskraft ausgeinander gesetzt hätte?

In diesem speziellen Fall:
Es können nicht Kläger und Angeklagter gleichzeitig Recht haben.
Das Gericht glaubt dem Angeklagten, äußert aber keine Zweifel an der Beweiskraft der Unterlagen des Klägers. Das klingt zunächst einmal schizophren, ist es aber nicht. Ein Gericht prüft nur so viel, wie es meint für ein Urteil zu benötigen. D.h. nachdem der Richter dem Angeklagten Glauben geschenkt hat, war eine Prüfung der Beweiskraft der Anklage nicht mehr erforderlich. Daher äußert sich das Gericht dazu auch nicht. Ist ja auch korrekt und in diesem fall zum Glück nicht das Problem.

Das Problem tritt dann auf, wenn Du nicht so simpel beweisen kannst, dass Du es nicht warst. Vor deutschen Gerichten ist es aktuell so, dass Du dann keine Chance hast, da raus zu kommen, weil die Beweiskraft des Klägers immer ungeprüft als sicher angenommen wird. Das und nur das ist ein Problem.

Zitat
Auch wenn Falschzuordnungen von IPs vorkommen können und schon vorgekommen sind - hundertprozentige Fehlerfreiheit kann wohl nie jemand garantieren - dürfte das IP-Protokoll des Providers doch wohl das Beweiskräftigste sein, was bei solchen Aussage-gegen-Aussage-Situationen berücksichtigt werden kann.

Das ist soweit richtig. Es ist das Beweiskräftigste, was vorliegt. Aber es ist eben nur ein Detail und dann noch der harmloseste.

Es ist so:
- Im Auftrage von Rechteinhabern werden Anwälte und darauf spezialisierte Firmen beauftragt, Nutzer illegaler Dienste aufzuspüren.
- Diese benutzen dazu eine Software, die sich in die Filesharing-Systeme einklinkt und schaut, von welchen IPs man aktuell etwas downloaden kann und protokolliert das in einer Textdatei. Diese verwendete Software wurde noch nie auf Funktionssicherheit oder Fehlergrößen unabhängig überprüft. Man weiß weder, wie gut und sicher diese Programme funktionieren noch ist das Ergebnis der Programme (Textdatei) überhaupt gegen eine Manipulation, die im Sinne des Betreibers vorteilhaft wäre, geschützt. Trotzdem wird das Ergebnis als absolut beweiskräftig vor deutschen Gerichten anerkannt.
- Die fraglichen IPs werden beim Provider angefragt. Dieser Punkt ist noch der am wenigsten problematische im Sinne von Beweiskräftigkeit. Aber auch hier kommen Fehler vor und es gibt keinerlei Untersuchung, wie häufig die sind. Das Ergebnis dieser Anfrage ist als absolut beweiskräftig anerkannt.
- Auf der anderen Seite ist eine nachträgliche Überprüfung für den Angeklagten nicht möglich. Eine eigene Anfrage an den Provider über die eigene IP wird entweder aus Datenschutzgründen abgelehnt bzw. ist meistens nicht nicht mehr möglich, da die Daten mittlerweile gelöscht sind. Eine Korrektur eines Fehlers bei der Providerabfrage (z.B. Zahlendreher, vertippt etc.) ist für den Angeklagten nicht möglich.
- Auch die Protokollierung der eigenen IP durch eigene Log-Dateien wird vor Gericht nicht akzeptiert. Es sind nur einfache, leicht manipulierbare Textdateien und nicht beweiskräftig.

Du siehst: Das Problem ist weniger eventuelle Fehler bei der Abfrage beim Provider neben der Unmöglichkeit diese überprüfen oder korrigieren zu lassen, sondern dass einfache Textdateien des Klägers ohne Prüfung beweiskräftig sind, das gleichen beim Angeklagten aber nicht.
Es sind auch schon öfters bei Überprüfung dieser Logdateien des Klägers durch Beklagte große Fehler z.B. bei Zeitstempeln beobachtet worden. Diese werden dann meist durch einen Softwarefehler bei der Anzeige erklärt, die zugrundeliegenden Daten sind aber trotzdem beweiskräftig. Die Software, die dort vom Kläger benutzt wird, wurde noch nie unabhängig geprüft. Und selbst wenn sie mal geprüft würde, in der aktuellen Form ist es doch ganz schlimm, dass derjenige, der finanzielle Interessen an der Klage hat, problemlos das Hauptbeweisstück manipulieren kann (Textdatei).
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: MacFlieger am November 13, 2012, 10:42:24
Wenn morgen ein Brief bei Dir eintrudelt mit einem Log-Auszug, dass IP xy zu diesem oder jenen Zeitpunkt etwas bereitgestellt hat und der Provider dazu Deinen Namen ausspuckte, was machst Du dann? Richtig: Wenn Du nicht zufällig im Urlaub oder Krankenhaus o. Ä. warst und(!) beweisen kannst, dass Dein Router aus war (reine Abwesenheit reicht nicht!), zahlst Du.

Na wie gut dass ich kein Filesharing bereibe :D *uff *Glück gehabt :D

Du hast schon verstanden, dass Du dazu kein Filesharing betreiben musst?
Was machst Du, wenn morgen dieser Brief kommt und Du eben nicht im Urlaub, Krankenhaus etc. warst und nicht belegen kannst, dass der Router aus war?
Genau das ist die Frage und das Problem!

Zitat
Ja ich weiß das. Das war ja auch nur eine zusätzliche Frage die mit der Thematik Filesharing unmittelbar verknüpft ist und daher habe ich sie gestellt. Wenn das nicht erwünscht ist, dass ich mir Gedanken mache die darüber hinausgehen und es eine strikte "Immer-beim-Thema-bleiben-Taktik gibt, dann ziehe ich mich gerne wieder zurück. Entschuldige bitte die Störung, war nicht beabsichtigt.

Kein Thema, so meinte ich es nicht. Deshalb habe ich ja auch trotzdem auf die Frage nach dem rechtlichen Hintergrund bei Filesharing hingewiesen. Jeder der beim Filesharing eine Datei aus illegaler Quelle herunterlädt, stellt diese auch gleichzeitig zur Verfügung. Da bei der Frage der Illegalität die Bereitstellung auf jeden Fall völlig klar ist und eben Nutzer von Filesharing durch die oben erwähnte Problematik leicht erkannt werden können, finden alle aktuellen Abmahnverfahren im Bereich des Filesharing statt. Auch wenn dieser Bereich wegen unterschiedlichster Gründe abnimmt. Die Anstrengungen werden hier auch schon aus finanziellen Gründen verstärkt. Es wurde mal vor einiger Zeit ein Werbeschreiben eines Anwalts öffentlich, in dem er die Zusatzeinnahmen durch Abmahnungen beschrieb und auch klar stellte, dass man so viel mehr Geld als durch herkömmliche Wege verdienen kann.

Mein Hinweis, dass es mir nicht um Filesharing geht, hatte ich nur gebracht, weil Filesharing und seine rechtlichen Folgen für mich an dieser Stelle nicht wichtig waren. Wer beim Filesharing Dateien aus illegaler Quelle herunterlädt und dann bezahlen muss, der macht es dann zu Recht und das ist kein Problem.

Das für mich wichtigere Problem entsteht an der Stelle, wenn man kein Filesharing betreibt, aber dies jemand behauptet und hier eine gegenüber der normalen Notwendigkeit in unserem Rechtssystem die Beweislast umgekehrt wird und(!) eigene Beweise nicht zählen oder die Schaffung derselben unterbunden wird.
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: Ninnth am November 13, 2012, 10:48:39
Das für mich wichtigere Problem entsteht an der Stelle, wenn man kein Filesharing betreibt, aber dies jemand behauptet und hier eine gegenüber der normalen Notwendigkeit in unserem Rechtssystem die Beweislast umgekehrt wird und(!) eigene Beweise nicht zählen oder die Schaffung derselben unterbunden wird.

Ja das ist tatsächlich ein Problem. Ich frage mich grade was ich tun soll wenn ich ein Schreiben bekommen würde aber gar kein Filesharing betreibe? Ein Bekannter der im Versicherungsfeld tätig ist hat mir mal geraten wenn ich eine dubiose Schriftsache bekomme bei dem es um etwas geht was ich nicht getan habe, soll ich die liegen lassen und nicht darauf antworten. Oft wird versucht massenweise Haushalte anzuschreiben und man stürzt sich dann nur auf die, welche antworten.

Ob das im Falle einer gerichtlichen Vorladung auch funktioniert bezweifle ich aber. Das mit der Beweislast ist interessant. Ist dass denn nur in Deutschland so? Ich wohne nicht in Deutschland, also habe ich vielleicht doch mehr Glück in diesem Fall :)
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: warlord am November 13, 2012, 10:56:01
Du siehst: Das Problem ist weniger eventuelle Fehler bei der Abfrage beim Provider neben der Unmöglichkeit diese überprüfen oder korrigieren zu lassen, sondern dass einfache Textdateien des Klägers ohne Prüfung beweiskräftig sind, das gleichen beim Angeklagten aber nicht.
Es sind auch schon öfters bei Überprüfung dieser Logdateien des Klägers durch Beklagte große Fehler z.B. bei Zeitstempeln beobachtet worden. Diese werden dann meist durch einen Softwarefehler bei der Anzeige erklärt, die zugrundeliegenden Daten sind aber trotzdem beweiskräftig. Die Software, die dort vom Kläger benutzt wird, wurde noch nie unabhängig geprüft. Und selbst wenn sie mal geprüft würde, in der aktuellen Form ist es doch ganz schlimm, dass derjenige, der finanzielle Interessen an der Klage hat, problemlos das Hauptbeweisstück manipulieren kann (Textdatei).

Ja, wenn das so ist, dass das nur Textdateien sind, dann gebe ich Dir Recht. Nur kann ich mir nicht so recht vorstellen, dass die ein Gericht dann tatsächlich als beweiskräftig ansieht. (Oder doch, dass sie ein Gericht fragwürdigerweise als beweiskräftig einstuft, kann ich mir vorstellen. Aber nicht, dass es allgemeine Gerichtspraxis ist.)

Weisst Du denn, dass diese Beweise der Kläger wirklich so dürftig sind? Oder gehst Du einfach aufgrund der Berichterstattungen davon aus? Letztere würde ich doch jeweils sehr mit Vorsicht geniessen. Die dürften meiner Ansicht nach doch grösstenteils auf Schutzbehauptungen der Beklagten basieren. (Sorry, auch obige Story des Beklagten stinkt doch zum Himmel. War da wirklich die gesamte Familie mit im Urlaub, samt dem filesharenden Sohnemann...?)

Jedenfalls mag ich nicht recht glauben, dass da massenweise Unschuldige beklagt werden. Und die dann auch noch verlieren vor Gericht. Sicher gibt es solche Fälle. Zu Fehlurteilen kommt es ja auch bei grösseren und schlimmeren Angelegenheiten. Da werden sie hier erst recht nicht absolut vermeidbar sein. Aber, that's live...
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: fränk am November 13, 2012, 11:04:31
Es wurde schon einmal irgendwo in Presse und TV thematisiert.

Es ist wohl in D gängige Praxis, dass die (angeblich) Geschädigten, die Logdateien so spät vom Provider anfordern, dass sie sie zwar noch bekommen, die Dateien kurz danach aber gelöscht werden.

Dann erfolgt die Klage, der Beschuldigte will ebenfalls die Logdateien einsehen und kann keine mehr vpm Provider bekommen, weil der ja erzählen muss, er hätte sie gelöscht.
Der Beschuldigte sieht dann alt aus, weil er nur auf das Exemplar der Logdateien zurückgreifen kann, was ihm der Kläger zur Verfügung stellt (wenn er es überhaupt macht, bevor die beiden Parteien vor einem Richter stehen).
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: warlord am November 13, 2012, 11:08:04
Das für mich wichtigere Problem entsteht an der Stelle, wenn man kein Filesharing betreibt, aber dies jemand behauptet und hier eine gegenüber der normalen Notwendigkeit in unserem Rechtssystem die Beweislast umgekehrt wird und(!) eigene Beweise nicht zählen oder die Schaffung derselben unterbunden wird.

Ich denke, man müsste da doch immer auch wissen, wie denn die Beklagten agiert haben. Wenn ich als Unschuldiger mit solch untauglichen Beweismitteln beklagt werde, dann muss ich natürlich auch geltend machen, dass die vom Kläger vorgelegten Beweise untauglich sind. Und erläutern, wieso sie das sind. IANAL, aber soweit ich weiss, muss ein Gericht in einem Zivilverfahren nur berücksichtigen, was von den beiden Seiten wirklich vorgebracht wird. Wenn der Kläger etwas behauptet und dies mit untauglichen Beweismitteln unterlegt und der Beklagte einfach nur sagt, nö ich war's nicht, aber nichts vorlegt, nichts geltend macht und die "Beweise" der Gegenseite nicht angreift, dann ist's klar wie die Sache ausgeht. Aber das war dann weder Schuld des Klägers noch des Gerichts...
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: MacFlieger am November 13, 2012, 11:12:16
Ich frage mich grade was ich tun soll wenn ich ein Schreiben bekommen würde aber gar kein Filesharing betreibe? Ein Bekannter der im Versicherungsfeld tätig ist hat mir mal geraten wenn ich eine Schriftsache bekomme soll ich die liegen lassen und nicht darauf antworten. Oft wird versucht massenweise Haushalte anzuschreiben und man stürzt sich dann nur auf die, welche antworten.

Das betrifft wohl eher die Fälle, bei denen es um Abofallen ging. Da ist es tatsächlich so, dass der Kläger hier massenhaft Leute anschreibt, deren Adressen er eben unter Vorspiegelung falscher Tatsachen von diesen selber erhalten hat. Da findet nie eine Providerauskunft oder IP-Ermittlung statt. In diesen Fällen ist es tatsächlich so, dass die keine echte rechtliche Grundlage haben und man das aussitzen kann. Außer es kommt in sehr sehr seltenen Fällen mal zu einem gerichtlichen Mahnbescheid, dann einfach widersprechen und gut. Klagen tun die nie, weil die dort keine Chance haben.
Diese Briefe steigern sich langsam, am Anfang wird nur gedroht und mit Paragraphen und Urteilen um sich geworfen. Dann wird der Betrag langsam höher, dann kommt ein schreiben, dass eine Klage aufgesetzt wird und man die Klageschrift schon mal lesen könnte... und dann kommt nix mehr.

Bei den Filesharing-Sachen läuft es völlig anders.
Vor einiger Zeit war es auch als Kläger nicht möglich, beim Provider direkt Auskunft über eine IP zu bekommen. Da war der Datenschutz vor. Das ist für solche Typen wie den Abofallen auch heute noch so.
Daher gingen beim Filesharing die Kläger dazu über gegen die ermittelten IP-Adressen Strafantrag zu stellen (Straftat ist das Bereitstellen nur bei sehr großem oder gewerblichen Umfang). Der Staatsanwalt musste dann Ermittlungen aufnehmen und hat beim Provider Auskunft über die IPs gestellt und bekommen. Im Zuge der Akteneinsicht haben sich die Kläger dann die Personendaten zu den IPs geben lassen und haben in fast allen Fällen die Klage als Straftat fallen lassen und die nun bekannten Personen zivilrechtlich belangt. Der Umweg über den Staatsanwalt und die Belastung des Rechtssystems mit unnötiger Arbeit war nur notwendig, weil sie anders nicht an die Auskunft gekommen wären.
Das wurde nun gesetzlich geändert. Aktuell haben private Kläger nun die Möglichkeit mit einer Textdatei ohne Beweis-/Manipulationssicherheit zum Provider zu gehen und Auskunft zu bekommen. Du selber hast aber keine Möglichkeit über Deine Daten Auskunft zu bekommen!
Im weiteren erhalten die Beklagten nun einen Brief, in dem das geschildert wird und man eine Abmahngebühr zahlen und Unterlassungserklärung unterzeichnen soll. Diese Erklärung ist fast immer viel zu weit gefasst und extrem nachteilig, wenn man die unterschreibt. Das ganze wird mit einer sehr kurzen Frist versehen, in der man antworten soll, bevor geklagt wird und der in der Klage auftauchende Betrag ist dann meist deutlich höher als die aus Nettigkeit geringere Abmahngebühr. Da Du fast nie eine Chance hast, das Gegenteil zu beweisen und eben Du diesen Beweis erbringen musst, zahlen die meisten direkt. Bei allen anderen wird tatsächlich Klage eingereicht und Du verlierst. Daher lassen es nur sehr wenige und vor allem die, die evtl. was beweisen können, es auf eine Klage ankommen.
 
Zitat
Ob das im Falle einer gerichtlichen Vorladung auch funktioniert bezweifle ich aber.

Bei allem, was vom Gericht kommt, muss man antworten. Alles andere ist Unsinn. s.o. mit den Abofallen. Falls ein gerichtlicher Mahnbescheid kommt, muss man sofort Widerspruch einlegen. Das ist einfach und man muss auch nichts begründen. Einen gerichtlichen Mahnbescheid kann jeder gegen jeden ohne weitere Prüfung veranlassen. Er kostet den Veranlasser halt nur Geld, vor allem, wenn widersprochen wird.
Widerspricht man nicht und lässt die Frist verstreichen, dann hat der Veranlasser die Möglichkeit, den Betrag über einen Gerichtsvollzieher einziehen zu lassen und das kann man dann nicht mehr verhindern.
Widerspricht man, passiert erst einmal nichts mehr. Der Veranlasser müsste nun Klage erheben.

quote]Das mit der Beweislast ist interessant. Ist dass denn nur in Deutschland so? Ich wohne nicht in Deutschland, also habe ich vielleicht doch mehr Glück in diesem Fall :)
[/quote]

Stimmt, hattest Du schon einmal geschrieben.
Ich weiß nicht, wie das genaue Verfahren woanders ist. Aber Du siehst an obiger Beschreibung, dass hier viele verschiedene Verfahren und Gesetze und Abhängigkeiten ineinander greifen. Im Detail wird so etwas woanders vermutlich anders ablaufen.
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: Ninnth am November 13, 2012, 11:21:32
Bei den Filesharing-Sachen läuft es völlig anders.
......
Daher gingen beim Filesharing die Kläger dazu über gegen die ermittelten IP-Adressen Strafantrag zu stellen

Aber man kann doch die IP Adresse mit einfachen Proxy Tools verschleiern bzw ändern. Beispiel: Ich will auf YT ein Video sehen dass nur in USA sichtbar ist aus rechtlichen Gründen. Ich schalte einen Proxy dazwischen --> dem YT Server wird eine USA IP Adresse vorgegaukelt --> schon läuft das Video auch in Europa.

Wenn nun jemand Filesharing betreibt und einen Proxy nutzt, wie kann dann eine korrekte IP ermittelt werden die dann noch als Beweisstück rechtskräftig ist und auf die ein Strafantrag gestellt wird?
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: MacFlieger am November 13, 2012, 11:27:06
Ja, wenn das so ist, dass das nur Textdateien sind, dann gebe ich Dir Recht. Nur kann ich mir nicht so recht vorstellen, dass die ein Gericht dann tatsächlich als beweiskräftig ansieht.

Leider ist es so.

Zitat
Weisst Du denn, dass diese Beweise der Kläger wirklich so dürftig sind? Oder gehst Du einfach aufgrund der Berichterstattungen davon aus?

Ich bin zum Glück noch nicht betroffen worden, deshalb kann ich es nicht "wissen".
Aber es gibt tatsächlich einige Berichte (auch detaillierte, in denen Juristen sich dieser "Beweise" annahmen), die immer wieder auf das gleiche hinauslaufen.

Zitat
Jedenfalls mag ich nicht recht glauben, dass da massenweise Unschuldige beklagt werden. Und die dann auch noch verlieren vor Gericht.

Massenweise verlieren keine Unschuldigen vor Gericht. Zu einer Gerichtsverhandlung kommt es weniger. Die meisten zahlen schon vorher. Vor Gericht ziehen nur diejenigen, die durch Zufall(!) eigene Beweise haben.

Zitat
Zu Fehlurteilen kommt es ja auch bei grösseren und schlimmeren Angelegenheiten. Da werden sie hier erst recht nicht absolut vermeidbar sein. Aber, that's live...

Das stimmt, aber eine Beweislastumkehr ist schon eine wichtige Sache im Rechtssystem.

Ich denke, man müsste da doch immer auch wissen, wie denn die Beklagten agiert haben. Wenn ich als Unschuldiger mit solch untauglichen Beweismitteln beklagt werde, dann muss ich natürlich auch geltend machen, dass die vom Kläger vorgelegten Beweise untauglich sind. Und erläutern, wieso sie das sind.

Genauso sehe ich das auch. Und so wäre es auch richtig. Aber genau das wird nicht akzeptiert. Eine Prüfung der verwendeten Software durch unabhängige Stellen wurde noch nie veranlasst. Ganz abgesehen von Manipulationssicherheit der Logdateien und der eingesetzten Software. Das ist durchaus gängige Praxis. Nur wenn die Fehler in den Logdateien offensichtlich haarsträubend sind, dann hast Du eine Chance, dass das fallen gelassen wird. Ähnlich wie bei Fotos bei der Verkehrsüberwachung. Wenn dort unsinnige Daten auf irgendeinem Foto eines Filmes, auf dem man selber war, drauf ist, dann wird auch das eigene Foto verworfen. Wenn das aber nicht offensichtlich ist (und bei einigen bekannten Beispielen waren Fehler drauf, bei denen ich mich frage, wie die passieren können), was willst Du dann machen?

Eigentlich müsste derartige Software vorher auf Funktionsfähigkeit und Fehlerrate geprüft werden und Manipulationssicherheit geschaffen werden. Das findet aber nicht statt.
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: fränk am November 13, 2012, 11:32:11
Aber man kann doch die IP Adresse mit einfachen Proxy Tools verschleiern bzw ändern. Beispiel: Ich will auf YT ein Video sehen dass nur in USA sichtbar ist aus rechtlichen Gründen. Ich schalte einen Proxy dazwischen --> dem YT Server wird eine USA IP Adresse vorgegaukelt --> schon läuft das Video auch in Europa.

Wenn nun jemand Filesharing betreibt und einen Proxy nutzt, wie kann dann eine korrekte IP ermittelt werden die dann noch als Beweisstück rechtskräftig ist und auf die ein Strafantrag gestellt wird?

Es geht nicht um Leute die FileSharing betreiben! ;D

Es geht um Leute, die kein FileSharing betreiben, denen es aber zu Unrecht vorgeworfen wird und die sich dann, jedenfalls momentan in Deutschland, nur sehr schlecht gegen diese falsch erhobenen Vorwürfe wehren können.

Es kann dir also passieren, dass Du kein FileSharing betreibst, zu Unrecht beschuldigt wirst und genau so wenig dagegen vorgehen kannst, als hättest Du FileSharing betrieben oder als hättest Du es verschleiert betrieben.

Es ist egal was du tust oder auch nicht, Du hast als Beschuldigter im Moment schlechte Karten!
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: MacFlieger am November 13, 2012, 11:35:59
Wenn nun jemand Filesharing betreibt und einen Proxy nutzt, wie kann dann eine korrekte IP ermittelt werden die dann noch als Beweisstück rechtskräftig ist und auf die ein Strafantrag gestellt wird?

Wenn die Filesharingsoftware derartiges zulässt und die eigene IP sicher verschleiern kann, kommen die nicht mehr an Deine richtige IP, das stimmt.
Und jetzt?
Die sind täglich zu Gericht gegangen und haben Listen über tausende IPs abgegeben und Strafantrag gestellt. Einige Gerichte haben das länger, andere kürzer mitgemacht. Daher wurden auch bestimmte Gerichte (AFAIR z.B. Köln) sehr gerne verwendet.
Eine Staatsanwaltschaft muss einen Strafantrag prüfen und dazu gehört dann auch eine Providerauskunft.
Die wurden so mit Anträgen vollgeschüttet, dass überhaupt keine richtige Prüfung möglich war und die Sachen einfach durchgewinkt wurden. Eine Anklage erfolgte nach der Akteneinsicht ja nicht mehr. Die Gerichte haben irgendwann nach dem Gesetzgeber geschrien und der hat ermöglicht, dass nun private Kläger direkt zum Provider gehen können.

Die Leute, deren IP z.B. aus dem von Dir genannten Gründen, nicht zuordbar war, die wurden halt weg gelassen. Ist doch kein Problem. Wenn Du 1000 IPs einreichst (kostet ja nicht viel Arbeit), dann kannst Du mit Ausschuss leben.
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: MacFlieger am November 13, 2012, 11:40:51
Es ist egal was du tust oder auch nicht, Du hast als Beschuldigter im Moment schlechte Karten!

Klingt ein bisschen wie: Da es ja sowieso egal ist, sollte ich illegales Filesharing betreiben, damit ich wenigstens was davon habe.  ;D ;D

Ist natürlich nicht so.
Sicherlich werden viele oder sogar die meisten der Beklagten schuldig sein und zu Recht zahlen. Und dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass man getroffen wird, natürlich viel höher, wenn man es wirklich getan hat. Also Finger weg davon.
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: Ninnth am November 13, 2012, 11:42:23
.... jedenfalls momentan in Deutschland, nur sehr schlecht gegen diese falsch erhobenen Vorwürfe wehren können....Du hast als Beschuldigter im Moment schlechte Karten!

Klar Leuchtet mir ein. Danke. Ich wohne nicht in Deutschland, weißt du zufällig für welche anderen Länder dies ebenso zutrifft?
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: Ninnth am November 13, 2012, 11:45:52
Die Leute, deren IP z.B. aus dem von Dir genannten Gründen, nicht zuordbar war, die wurden halt weg gelassen. Ist doch kein Problem. Wenn Du 1000 IPs einreichst (kostet ja nicht viel Arbeit), dann kannst Du mit Ausschuss leben.

Ok, verstanden. Die logische Frage die sich mir stellt ist nun: Was können die Menschen in Deutschland nun dagegen tun? Muss da die Politik etwas tun oder kann man dagegen mithilfe einer Petition ankämpfen oder wie oder was? Was kann man tun damit sowas nicht passiert bzw nicht rechtskräftig bleibt?

Hat jemand eine Idee?
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: warlord am November 13, 2012, 11:53:44
Ok, verstanden. Die logische Frage die sich mir stellt ist nun: Was können die Menschen in Deutschland nun dagegen tun? Muss da die Politik etwas tun oder kann man dagegen mithilfe einer Petition ankämpfen oder wie oder was? Was kann man tun damit sowas nicht passiert bzw nicht rechtskräftig bleibt?

Hat jemand eine Idee?

IMO müsste eigentlich nur mal ein Unschuldiger einen guten Anwalt nehmen und die untauglichen Beweise vor Gericht (notfalls halt auch erst in zweiter oder dritter Instanz) zerpflücken bzw. eine Überprüfung der Beweisqualität durchsetzen.

Das Problem dürfte einzig sein, dass beide relativ selten sind (Unschuldige und gute Anwälte).  ;D  Und das Zusammentreffen umso mehr.

(Schon klar, es benötigt natürlich auch noch etwas Mut bzw. ein gewisses finanzielles Polster, um sich zu trauen, einen guten Anwalt zu nehmen.)
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: fränk am November 13, 2012, 11:56:42
Die logische Frage die sich mir stellt ist nun: Was können die Menschen in Deutschland nun dagegen tun? Muss da die Politik etwas tun...
Ja, das wäre vielleicht sinnvoll.
Es würde ja ausreichen, wenn die die Schuld eines Beschuldigten nachgewiesen werden müsste, also einfach nur normale Rechtsstaat-Praxis.

...oder kann man dagegen mithilfe einer Petition ankämpfen oder wie oder was? Was kann man tun damit sowas nicht passiert bzw nicht rechtskräftig bleibt?
Unser Verbraucherschutzministerium zeichnet sich derzeit vor allem dadurch aus, dass es die Lobbyisten vor den Verbrauchern schützt (sich dafür aber trotzdem hemmungslos feiert).
Warum solche simplen Dinge wie diese Sachen hier, nicht einfach geändert werden, verstehe ich leider nicht.

Aber wie Flieger schon bemerkt hat, wir blasen die wenigen Unschuldigen wahrscheinlich viel zu sehr auf. Die allermeisten FileSharer werden nicht erwischt und die, die erwischt werden, wissen genau was sie getan haben.
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: MacFlieger am November 13, 2012, 12:10:30
IMO müsste eigentlich nur mal ein Unschuldiger einen guten Anwalt nehmen und die untauglichen Beweise vor Gericht (notfalls halt auch erst in zweiter oder dritter Instanz) zerpflücken bzw. eine Überprüfung der Beweisqualität durchsetzen.

Ja, sehe ich genauso.
Daher auch meine eingangs erwähnte Hoffnung, dass in diesem betreffenden Fall mal im Gegenzug die Beweiskraft geprüft würde. Denn wenn der Richter einer Seite Recht gibt, können nicht mehr beide Recht haben.

Zitat
Das Problem dürfte einzig sein, dass beide relativ selten sind (Unschuldige und gute Anwälte).  ;D  Und das Zusammentreffen umso mehr.

Das stimmt. :)

BTW, es kann selbst im vorliegenden Fall sowohl der Beklagte mit seiner Unschuld als auch die Kläger mit der protokollierten und zugeordneten IP Recht haben.
Die IP wird beim Provider über die Logindaten zugeordnet. Wenn also jemand seine Internetzugangsdaten hatte, hätte er sich von einem ganz anderen Ort aus anmelden können und die dort erhältliche IP würde dem Beklagten zugeordnet. Verschwinden können solche Daten auch. In der Vergangenheit hatten schon einmal vom Provider gelieferte Router Sicherheitslücken, dass man die problemlso vom Internet auslesen konnte, oder Trojanerbefall vom Rechner oder oder oder.
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: Ninnth am November 13, 2012, 12:27:48
Ok dann ist die Sache ja so gut wie aufgeklärt, oder?
Fazit: Man muss auf einen Präzedenzfall warten bis ein unschuldiger tatsächlich mit einem guten Anwalt die Sache durchzieht und dann auch noch gewinnt.  :D
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: Florian am November 13, 2012, 14:32:47
Dann würden sicher die Gesetze halb angepasst an den Richterspruch mit einem großen Loch, welches die Abmahnindustrie ausnutzen kann. Dann muss das wieder durch alle Instanzen getragen werden und dann geht das Spiel von vorne los.

Denn das ist politisch so gewollt.

Aber man muss sich auch einmal von der Vorstellung lösen, vor Gericht müsse alles 100% bewiesen sein. So funktioniert das in Deutschland nicht, zivilrechtlich schon mal gar nicht.
(Und auch strafrechtlich liegt doch oft alles in Händen der Gutachter!)

Die IP-Zuordnung ist den Gerichten bisher ausreichend zuverlässig. Und wieso sollten die Kläger hier auch manipulieren um die Falschen zu treffen? Dies dürfte also sowieso ausgeschlossen werden.
Bliebe das technische Versagen, welches aber wohl nur sehr selten wirklich passiert - um welchen Prozentsatz herum dürfte sich das wohl bewegen?
Dem Rechtsstaat ist die Zuordnung jedenfalls sicher genug.
Siehe dazu auch Anscheinsbeweis (http://de.wikipedia.org/wiki/Anscheinsbeweis).

Im Einzelfall ist das natürlich mehr als unbefriedigend und untergräbt den Glauben an eben diesen Rechtsstaat.
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: MacFlieger am November 13, 2012, 15:04:58
Die IP-Zuordnung ist den Gerichten bisher ausreichend zuverlässig.

Korrekt, obwohl das nie geprüft wurde.

Zitat
Und wieso sollten die Kläger hier auch manipulieren um die Falschen zu treffen?

Bitte? Fragst Du das ernsthaft?
Ich behaupte ja gar nicht, das da etwas absichtlich manipuliert wird. Die aufgetretene systematischen Fehler sind schlimm genug.
"Komischerweise" wird das bei eigenen Logdateien aber behauptet. Und auszuschließen ist es doch auch nicht. Wenn praktisch keine Chance besteht, dass sich jemand wehrt, kann es einem Kläger doch völlig egal sein, ob da einer zu Recht oder nicht bezahlt. Hauptsache Geld kommt rein und ein Abschreckungseffekt durch Mundpropaganda ist da. Wie gesagt, ich schreibe nicht, dass es absichtlich manipuliert wird, aber das müsste auch ausgeschlossen werden. Vor allem, wenn der Gegenseite der gleiche Beweis verwehrt wird.

Zitat
Bliebe das technische Versagen, welches aber wohl nur sehr selten wirklich passiert - um welchen Prozentsatz herum dürfte sich das wohl bewegen?

Das weißt Du woher? Wie hoch ist der Prozentsatz? Das ist doch gerade die Frage. Es müsste mal geprüft werden, wie zuverlässig das arbeitet, ganz abgesehen von Möglichkeiten zur absichtlichen Manipulation. Also in den bekannten Fällen war das haarsträubend. Eher kein technischer Fehler, sondern massiver Programmfehler.

Zitat
Dem Rechtsstaat ist die Zuordnung jedenfalls sicher genug.

Sagen wir mal so: Die betroffenen Richter glaubten dem ehrbaren Kläger. Das im Internet sowieso nur jeder klaut und Musik kopiert, weiß man doch. Warum sollte man da die privaten(!) Programme eines Klägers, die nie unabhängig untersucht wurden, anzweifeln...
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: Ninnth am November 13, 2012, 15:11:24
Zitat
Und wieso sollten die Kläger hier auch manipulieren um die Falschen zu treffen?

Bitte? Fragst Du das ernsthaft?
..... Wenn praktisch keine Chance besteht, dass sich jemand wehrt, kann es einem Kläger doch völlig egal sein, ob da einer zu Recht oder nicht bezahlt. Hauptsache Geld kommt rein und ein Abschreckungseffekt durch Mundpropaganda ist da.

Ich sehe diesen Punkt ganz genau so wie MacFlieger. Diese Vorgehensweise ist meiner Meinung nah sogar allgemein bekannt. Selbst ich weiß das und ich kenne mich sonst mit diesen Dingen nicht so gut aus :D
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: MacFlieger am November 13, 2012, 15:28:48
Zu den Fehlerquoten hier aus einem älteren Artikel:
Schwierige Gegenwehr (http://www.heise.de/ct/artikel/Schwierige-Gegenwehr-1069835.html)

Interessant daraus:
Das LG Köln hat mal die Akteneinsicht verweigert, weil die Zuverlässigkeit der ermittelten IPs drastisch schlecht war. Die Quote der definitiv nicht zuzuordnenden IP-Adressen (d.h. zu dem fraglichen Zeitpunkt waren die IP-Adressen nicht vergeben) lag bei einigen Verfahren deutlich über 50 Prozent, in einem Extremfall sogar sogar über 90 Prozent.

Da hat die Staatsanwaltschaft das ganze ausgebremst. Heute können die Abfragen direkt gemacht werden und über die Fehlerquoten ist nichts mehr bekannt.

In dem Artikel sind auch noch einige weitere interessante Links.
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: Florian am November 13, 2012, 15:47:23
Macflieger: Wir sind uns doch einig.

Es ist nicht wahrscheinlich, dass manipuliert wird, denn so oder so ist das Ergebnis davon höchstwahrscheinlich unabhängig. Also hat das vor Gericht logischerweise auch kaum Raum. Wieso sollte Jemand manipulieren, wenn er nichts davon hat?
Und eher sind diese abgemahnten Omas doch gegenproduktiv.

Also kann sich das Gericht auf die technischen Aspekte konzentrieren. Dazu hat es aber weder Zeit noch den Sachverstand. Also orientiert man sich am allgemeinen Erfahrungsschatz und den anderen Prozessen und fertig.

Man braucht nicht glauben, kleine Gerichte wollen genau ermitteln oder gar eine eingespielte Ordnung  umwerfen. Oder das alles 100%-ig bewiesen werden müsste, wie gesagt.

Sind die Fehlerquoten natürlich wirklich so hoch, ist das gängige Prozedere so natürlich ein Skandal erster Güte und nicht nur extrem unangemessen, was es sicherlich schon heute ist. Nicht das Ihr mich falsch versteht. Ich wollte nur mal bisschen beleuchten, was man vor Gericht so erwarten kann.

Ich hoffe auch, dass dies jetzt über weitere Prozesse endlich geklärt wird.
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: MacFlieger am November 14, 2012, 10:28:48
Wieso sollte Jemand manipulieren, wenn er nichts davon hat?
Und eher sind diese abgemahnten Omas doch gegenproduktiv.

Wenn man geschickt manipuliert, trifft man keine Omas ohne Computer und trifft auch keine nicht vergebenen IPs. So ganz als unmöglich abtun, würde ich das nicht.

Zitat
Also kann sich das Gericht auf die technischen Aspekte konzentrieren. Dazu hat es aber weder Zeit noch den Sachverstand. Also orientiert man sich am allgemeinen Erfahrungsschatz und den anderen Prozessen und fertig.

In den Fällen müsste man Sachverstand einholen. Die Programme werden aber nicht geprüft.
Nimm mal den Vergleich zur Verkehrsüberwachung:
Wenn auf einem Film aus einer Kamera nur eine Messung unsinnige Werte hatte, wird alles verworfen. Außerdem werden die mobilen Geräte regelmäßig getestet auf Funktionsfähigkeit und Fehlerrate. Und die Ergebnisse gehen dann in die Wertung mit ein.
Was glaubst Du, was mit einem Messgerät geschieht, was bei Messungen bei über 50% der Fälle direkt offensichtlich falsche Werte anzeigt (z.B. negative Geschwindigkeiten analog zu den IPs, die nicht vergeben sind). Meinst Du, das die anderen Fälle, in denen ein mögliches Ergebnis raus kommt, noch irgendwer berücksichtigen würde und das Gerät nicht ausgemustert würde?
Die Situation ist in anderen Fällen eben doch völlig anders.

Zitat
Sind die Fehlerquoten natürlich wirklich so hoch, ist das gängige Prozedere so natürlich ein Skandal erster Güte und nicht nur extrem unangemessen, was es sicherlich schon heute ist.

Die Beispiele des LG Köln kann man wohl als sicher voraussetzen. Heutzutage bekommst Du derartige Zahlen nicht mehr, weil sie nicht mehr zur IP-Ermittlung übers Gericht gehen müssen.
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: Florian am November 14, 2012, 14:26:02
Wenn man geschickt manipuliert, trifft man keine Omas ohne Computer und trifft auch keine nicht vergebenen IPs. So ganz als unmöglich abtun, würde ich das nicht.

Nein, nicht unmöglich, aber hinreichend unwahrscheinlich.
Das will ich ja verdeutlichen: 100% sind eben nicht möglich und auch nicht gefordert.

Zitat
In den Fällen müsste man Sachverstand einholen. Die Programme werden aber nicht geprüft.

Ja, schlecht.
Es ist halt nur eben so, dass nicht ein Gericht sich gegen den Trend stellen wird bzw. das sehr selten der Fall ist. Ich will das ja nicht verteidigen, nur realistisch darlegen, wie der Hase läuft.

Zitat
Nimm mal den Vergleich zur Verkehrsüberwachung:
Wenn auf einem Film aus einer Kamera nur eine Messung unsinnige Werte hatte, wird alles verworfen. Außerdem werden die mobilen Geräte regelmäßig getestet auf Funktionsfähigkeit und Fehlerrate. Und die Ergebnisse gehen dann in die Wertung mit ein.

Naja, theoretisch ist das vielleicht so vorgeschrieben. Was dann praktisch passiert, ist wieder eine andere Sache.


Zitat
Was glaubst Du, was mit einem Messgerät geschieht, was bei Messungen bei über 50% der Fälle direkt offensichtlich falsche Werte anzeigt (z.B. negative Geschwindigkeiten analog zu den IPs, die nicht vergeben sind). Meinst Du, das die anderen Fälle, in denen ein mögliches Ergebnis raus kommt, noch irgendwer berücksichtigen würde und das Gerät nicht ausgemustert würde?
Die Situation ist in anderen Fällen eben doch völlig anders.


Was wäre, wenn es keinen Ersatz für diese defekten Geräte gäbe? Würde man dann gar keine Messungen mehr vornehmen, oder sich doch mit dem mangelhaften Status Quo abfinden? Ich denke mal, hier liegt der große Unterschied.

Zitat
Die Beispiele des LG Köln kann man wohl als sicher voraussetzen. Heutzutage bekommst Du derartige Zahlen nicht mehr, weil sie nicht mehr zur IP-Ermittlung übers Gericht gehen müssen.

Es stellt sich halt die Frage, ob die Berichterstattung korrekt ist, und v.a. ob man diese Fehlerquote dann verallgemeinern kann.
Zitat
Bei einigen Verfahren habe „die Quote der definitiv nicht zuzuordnenden IP-Adressen deutlich über 50 Prozent aller angezeigten Fälle gelegen, bei einem besonders eklatanten Anzeigenbeispiel habe die Fehlerquote sogar über 90 Prozent betragen.“ Das Gericht erklärt sich diese Fehlerquote mit „Zuordnungsproblemen durch Schwierigkeiten bei der Zeitnahme.“

Das ist von 2008. Es ist die Rede von „einigen Verfahren“. Das kann man wohl kaum hochrechnen. 
Wie hoch die Fehlerquote nun wirklich ist, würde uns alle brennend interessieren und natürlich hoffe ich auf belastbare Zahlen, irgendwie.

Natürlich passt mir das alles auch gar nicht, muss ich doch wie jeder Internet-Nutzer damit rechnen, irgendwann zu Unrecht beklagt zu werden.
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: warlord am November 14, 2012, 14:44:16
Natürlich passt mir das alles auch gar nicht, muss ich doch wie jeder Internet-Nutzer damit rechnen, irgendwann zu Unrecht beklagt zu werden.

Das ist ja aber nichts Aussergewöhnliches; nichts was jetzt speziell auf diese Thematik oder ganz generell auf das Internet beschränkt wäre. Es kann Dir doch grundsätzlich immer und überall passieren, dass Du zu Unrecht für irgendwas beschuldigt oder beklagt wirst.
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: Florian am November 14, 2012, 14:46:22
Sicher, aber die Wahrscheinlichkeit ist bei unserem Thema hier schon vergleichsweise hoch.

Edit: 2011 waren es wohl noch über 200 000 Abmahnungen. Die sind natürlich noch kein Prozess, aber ärgerlich genug.
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: MacFlieger am November 15, 2012, 08:23:14
Wenn man geschickt manipuliert, trifft man keine Omas ohne Computer und trifft auch keine nicht vergebenen IPs. So ganz als unmöglich abtun, würde ich das nicht.

Nein, nicht unmöglich, aber hinreichend unwahrscheinlich.
Das will ich ja verdeutlichen: 100% sind eben nicht möglich und auch nicht gefordert.

Ich glaube, hier haben wir aneinander vorbei geschrieben. Ansonsten verstehe ich Deine Antwort nicht.
Ich meinte:
Wenn man gut manipuliert (und das ist simpel und einfach), hat man keine so hohen Fehlerquoten, sondern praktisch null. Man würde auch keine Omas oder Urlauber treffen. Es ist absolut simpel, eine eigene Liste von IPs zu erhalten, die keine so haarsträubenden Fehler enthält, sondern zu dem Zeitpunkt nur tatsächlich vergebene und genutzte IPs enthält. Die hohe Fehlerquote in Köln zeigt eher, dass sie zu der Zeit noch keine absichtliche Manipulation drin hatten.
Mit "unmöglich abtun" meinte ich, dass man die kriminelle Energie der Kläger nicht schon von vorneherein als nahezu 0 ansehen sollte. Es ist einfach, sehr erfolgversprechend, kaum bis gar nicht nachweisbar und finanziell vorteilhaft.
 
Zitat
Was wäre, wenn es keinen Ersatz für diese defekten Geräte gäbe? Würde man dann gar keine Messungen mehr vornehmen, oder sich doch mit dem mangelhaften Status Quo abfinden?

Glaubst Du das wirklich? Das kann ich mir nämlich nicht vorstellen. Bei einem Messgerät, welches mit einer hohen Quote z.B. negative Geschwindigkeiten ausgibt, würde kein beklagter Autofahrer akzeptieren, dass ausgerechnet seine Messung nun fehlerlos wäre. Und damit würden die zu Recht nicht durchkommen.

Zitat
Es stellt sich halt die Frage, ob die Berichterstattung korrekt ist, und v.a. ob man diese Fehlerquote dann verallgemeinern kann.

Du zweifelst nun die Aussagen des LG Köln an oder was meinst Du?
Ja, Fehlerquoten kann man nicht verallgemeinern. Ist aber doch ein Indiz, dass man derartige Messverfahren auf Fehlerquoten testen muss. Was glaubst Du was passiert, wenn ich mit einem selbstgeschriebenen Programm Daten zu irgendwelchen Verstößen sammele (meinetwegen Kennzeichen von zu schnellen Autos, Namen und Gesichtern von Leuten, die mein Grundstück betreten, IP-Adressen von Leuten, die angeblich einen kostenpflichtigen Dienst von mir genutzt haben=siehe Abofalle)? Glaubst Du ernsthaft, ein Gericht würde diese gesammelten Daten als so beweiskräftig sehen, dass die Beweislast umgekehrt wird und der andere belegen muss, dass er es nicht war?

Zitat
Das ist von 2008. Es ist die Rede von „einigen Verfahren“. Das kann man wohl kaum hochrechnen.

Genau, kann man nicht. Und von 2008, weil dann irgendwann auch die Praxis geändert wurde und es nicht mehr übers Gericht läuft. Und es sind die einzigen Zahlen, die öffentlich bekannt sind. Schon komisch...
 
Zitat
Wie hoch die Fehlerquote nun wirklich ist, würde uns alle brennend interessieren und natürlich hoffe ich auf belastbare Zahlen, irgendwie.

Wirst Du nicht bekommen. Das wollen die Kläger nicht, denn dann könntest Du Dich besser wehren.

Das ist ja aber nichts Aussergewöhnliches; nichts was jetzt speziell auf diese Thematik oder ganz generell auf das Internet beschränkt wäre. Es kann Dir doch grundsätzlich immer und überall passieren, dass Du zu Unrecht für irgendwas beschuldigt oder beklagt wirst.

Der Unterschied ist eben der, dass ich in anderen Fällen deutlich entspannter wäre, da dabei der andere mir ein Verschulden nachweisen müsste.
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: warlord am November 15, 2012, 09:28:58
Ich glaube aber nicht, dass sich vor Gericht die Situation bezüglich Radargerät und IP-Aufzeichnungen wesentlich anders präsentiert. Auch wenn das Radargerät selbst zertifiziert ist (sein muss). Was letztlich dem Gericht vorliegt sind Akten. Und sind die, wenn man kriminielle Energie unterstellen will, nicht in jedem Fall manipulierbar? Zertifizierte Geräte oder Messmethoden ändern daran doch relativ wenig? Der Richter hat ja auch nicht selbst am zertifizierten Gerät abgelesen.

Und die Aufzeichnung von IP-Adressen ist ja nun nicht eine sooo komplexe Anglegenheit, dass es da am Messprinzip selbst oder an der Genauigkeit des Messwertes grosse Zweifel geben müsste und es da gross etwas zu zertifizieren gäbe. Und selbst wenn, wer könnte denn garantieren, dass die Software nach der Zertifizierung nicht veändert worden wäre?

Eine Garantie, dass alles absolut integer abgelaufen ist, gibt es nicht und kann es auch nicht geben. Es gibt immer nur Indizien, die es abzuwägen gilt. Und sollte da wirklich jemand mit krimineller Energie betrügerisch völlig Unschuldige beklagen, dann wird auch das irgend einmal auffliegen müssen. Aber ja, dass dies geschieht, bevor man selbst Opfer geworden ist, kann natürlich niemand garantieren.

Der Unterschied ist eben der, dass ich in anderen Fällen deutlich entspannter wäre, da dabei der andere mir ein Verschulden nachweisen müsste.

Sorry, aber ich sehe da keinen Unterschied zu anderen Situationen. Die Beweislastumkehr, von der Du immer schreibst, sehe ich nicht. Natürlich muss auch hier der Kläger, wie in jedem anderen Fall auch, Stützen für seine Behauptungen vorbringen. Und das tut er ja auch mit seinen Aufzeichnungen und der Auskunft des Providers. Und Du musst für Deinen Standpunkt Stützen vorbringen. Und wer am Ende glaubwürdiger war, der gewinnt vor Gericht. (Ja, das ist nicht immer der Richtige. Aber so ist das doch immer vor Gericht.)
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: fränk am November 15, 2012, 09:57:44
Diese blinde Glauben an Beweise, sind bei uns eigentlich nur bei Verkehrsdelikten üblich.
Einer Radarmessung wird immer geglaubt.
Der eine Stadtangestellte oder Polizist richtet die Messanlage falsch ein und der andere tritt als Zeuge auf und bestätigt die Richtigkeit der Messung.

Bei Delikten in anderen Bereichen ist es doch immer ein Aufmarsch von Gutachtern, Gegengutachtern und Gegengegengutachtern, da werden Zweifel an den Beweisen immer großzügig zugelassen. Da reicht es nicht aus, dass ein Gutachter qualifiziert ist ein Gutachten zu erstellen. Bei den Geschwindigkeitsmessungen reicht es aus, dass ein Polizist des Landkreises an einer Schulung teilgenommen hat, die Messanlage ein TÜV-Siegel trägt und fortan sind sämtliche Messungen in Ordnung.

Und nun scheint die Nummer mit den IDs sich in Richtung des Verkehrsrechts zu entwickeln.
Das ist schon etwas eigenartig.

Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: MacFlieger am November 15, 2012, 10:09:03
Ich glaube aber nicht, dass sich vor Gericht die Situation bezüglich Radargerät und IP-Aufzeichnungen wesentlich anders präsentiert. Auch wenn das Radargerät selbst zertifiziert ist (sein muss).

Ich sehe da schon einen großen Unterschied. Bezgl. der von Dir genannten Probleme, dass auch ein zertifiziertes Gerät fehlerhaft sein kann oder manipulierbar ist, sehe ich es genauso wie Du. Das kann passieren, wobei der finanzielle Anreiz, eine Manipulation zu begehen, deutlich geringer ist.

Die Möglichkeit einer Manipulation war aber nur ein kleiner Teilaspekt. Bei den bekannten Fällen mit Fehlerquote kann man davon ausgehen, dass da keine Manipulation da war, denn so schlecht würde man das nicht machen.

Ein zertifiziertes Messgerät hat aber in der Zertifizierung gezeigt, dass es prinzipiell funktioniert und dabei werden auch Fehlerquoten ermittelt und die gehen mit in die Bewertung der Ergebnisse ein.
Bei der IP-Erfassung wurde nie geprüft, ob sie korrekt funktioniert und bei den wenigen öffentlich bekannten Fällen, die nachvollzogen werden können, sind haarsträubende Fehler.

Zitat
Und die Aufzeichnung von IP-Adressen ist ja nun nicht eine sooo komplexe Anglegenheit, dass es da am Messprinzip selbst oder an der Genauigkeit des Messwertes grosse Zweifel geben müsste und es da gross etwas zu zertifizieren gäbe.

Wie kommt es dann zu den großen Fehlerquoten bei den einzigen öffentlich bekannten Fällen?

Zitat
Eine Garantie, dass alles absolut integer abgelaufen ist, gibt es nicht und kann es auch nicht geben.

Das stimmt und verlangt auch keiner. Aber es muss doch zumindestens abgewogen werden, wie gut eine Methode auch völlig abseits einer Manipulation funktioniert. Und das fehlt.

BTW wie geschrieben, wenn die manipulieren würden, hätte man kaum eine hohe Fehlerquote.

Zitat
Natürlich muss auch hier der Kläger, wie in jedem anderen Fall auch, Stützen für seine Behauptungen vorbringen. Und das tut er ja auch mit seinen Aufzeichnungen und der Auskunft des Providers. Und Du musst für Deinen Standpunkt Stützen vorbringen. Und wer am Ende glaubwürdiger war, der gewinnt vor Gericht. (Ja, das ist nicht immer der Richtige. Aber so ist das doch immer vor Gericht.)

Das stimmt. Nur reicht es in den Fällen normalerweise nicht aus, einfach nur eine Adresse benennen zu können. Die einzige Stütze, die sie haben, ist ein Eintrag in ihrem privaten System mit einer Uhrzeit und einer IP. Wenn ein Händler mir unerwünscht etwas liefert oder eine Dienstleistung erbringt, kann er dann das auch einklagen, weil er in seinem privaten System einen Eintrag mit einer Zeit und einem Telefonnummer/Adresse drin hat? Ich habe schon einmal von debitel eine SIM-Karte bekommen, obwohl ich da definitiv nichts bestellt oder Website aufgerufen habe. Keine Ahnung, wie die an meine Daten gekommen sind. Sie haben sich auch geweigert, das darzulegen. Hätten die jetzt auf Erfüllung des Vertrages klagen können, weil in ihrem privaten System drin steht, MacFlieger hat zu Zeitpunkt X telefonisch/IP/persönliche Nachfrage einen Vertrag abgeschlossen?
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: warlord am November 15, 2012, 13:07:06
Zitat
Und die Aufzeichnung von IP-Adressen ist ja nun nicht eine sooo komplexe Anglegenheit, dass es da am Messprinzip selbst oder an der Genauigkeit des Messwertes grosse Zweifel geben müsste und es da gross etwas zu zertifizieren gäbe.

Wie kommt es dann zu den großen Fehlerquoten bei den einzigen öffentlich bekannten Fällen?

Wie die einzelnen Fehler zustande kamen weiss ich natürlich nicht bzw. kann es höchsten vermuten. Aber es ist doch so, dass das Aufzeichnen der IP jener Gegenstelle, mit der man in Kontakt ist, an sich kein komplexer physikalischer Vorgang ist, wie dies z.B. eine Geschwindigkeitsmessung ist. Einfach zum Aufzeichnen vorhandener Daten bedarf es doch keiner Zertifizierung. (Zugegeben, Sinn würde sie allenfalls für Mechanismen machen, welche die Nichtmanipulation nach dem Aufzeichnen sicherstellen.)

Natürlich muss man sich bewusst sein, dass die aufgezeichnete IP nicht die des tatsächlichen Gegenübers sein muss, weil sich das tatsächliche Gegenüber eben den im Thread schon erwähnten Verschleierungstechniken wie Proxies und ähnlichem bedienen kann. Aber dem ist doch auch mit irgend einer Zertifizierung der Protokollierungssoftware nicht beizukommen, weil hier die Manipulation eben nicht im Bereich des Klägers stattfindet.

Klar ist, dass die IP-Protokolle nie und nimmer wasserdichte Beweise sein können. Also wäre doch auch eine Zertifizierung, die irgend so etwas suggerieren wollte, völlig sinnlos. IP-Protokolle können gar nichts anderes sein, als Indizien. Die Gerichte können nicht mehr erwarten und erwarten nicht mehr. Und ich gehe davon aus, die meisten Gerichte dürften sich dieser Situation auch einigermassen bewusst sein. Das ganz eingangs erwähnte Urteil deutet doch eigentlich darauf hin.   


Zitat
Das stimmt. Nur reicht es in den Fällen normalerweise nicht aus, einfach nur eine Adresse benennen zu können. Die einzige Stütze, die sie haben, ist ein Eintrag in ihrem privaten System mit einer Uhrzeit und einer IP. Wenn ein Händler mir unerwünscht etwas liefert oder eine Dienstleistung erbringt, kann er dann das auch einklagen, weil er in seinem privaten System einen Eintrag mit einer Zeit und einem Telefonnummer/Adresse drin hat? Ich habe schon einmal von debitel eine SIM-Karte bekommen, obwohl ich da definitiv nichts bestellt oder Website aufgerufen habe. Keine Ahnung, wie die an meine Daten gekommen sind. Sie haben sich auch geweigert, das darzulegen. Hätten die jetzt auf Erfüllung des Vertrages klagen können, weil in ihrem privaten System drin steht, MacFlieger hat zu Zeitpunkt X telefonisch/IP/persönliche Nachfrage einen Vertrag abgeschlossen?

Denke nicht, dass das heftig anders ist, als wenn Du direkt-mündlich oder telefonisch einen Vertrag abschliesst. Oder eben auch nicht. Wasserdichte Beweise gibt es auch da nicht und ein Gericht wird sich im Streitfall auf die glaubwürdigeren Indizien stützen müssen. Und auch da riskierst Du letztlich, für etwas zahlen zu müssen, was Du nicht bestellt hast, wenn der Kläger glaubwürdiger aufgetreten ist.
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: Florian am November 15, 2012, 22:37:56
Wenn man gut manipuliert (und das ist simpel und einfach), hat man keine so hohen Fehlerquoten, sondern praktisch null. Man würde auch keine Omas oder Urlauber treffen. Es ist absolut simpel, eine eigene Liste von IPs zu erhalten, die keine so haarsträubenden Fehler enthält, sondern zu dem Zeitpunkt nur tatsächlich vergebene und genutzte IPs enthält. Die hohe Fehlerquote in Köln zeigt eher, dass sie zu der Zeit noch keine absichtliche Manipulation drin hatten.

Interessant, wie denn?
Ohne Mithilfe des Providers scheint mir das unmöglich.

Müssten sich also schon Abmahnwalt bzw. sein Auftraggeber und der Provider verschwören. Oder sehe ich da was falsch?


Zitat
Mit "unmöglich abtun" meinte ich, dass man die kriminelle Energie der Kläger nicht schon von vorneherein als nahezu 0 ansehen sollte. Es ist einfach, sehr erfolgversprechend, kaum bis gar nicht nachweisbar und finanziell vorteilhaft.

Es besteht nur leider nicht mal ein Anfangsverdacht, nur weil es sich an sich lohnen würde. Deswegen wird auch nie ein Gericht dies prüfen, wenn nicht auf anderem Wege solche Manipulationen durchsickern oder enthüllt werden.
Das ist es, was ich meinte. Ein Gericht kann und will nicht alle Eventualitäten abklären.
 Was glaubst Du wie viele Prozesse dort aus Laiensicht nie und nimmer zu einer Verurteilung führen dürften… hat schon seinen Grund, warum Schöffen von den meisten Richtern extrem kurz gehalten werden.


Zitat
Zitat
Was wäre, wenn es keinen Ersatz für diese defekten Geräte gäbe? Würde man dann gar keine Messungen mehr vornehmen, oder sich doch mit dem mangelhaften Status Quo abfinden?

Glaubst Du das wirklich? Das kann ich mir nämlich nicht vorstellen. Bei einem Messgerät, welches mit einer hohen Quote z.B. negative Geschwindigkeiten ausgibt, würde kein beklagter Autofahrer akzeptieren, dass ausgerechnet seine Messung nun fehlerlos wäre. Und damit würden die zu Recht nicht durchkommen.

Und diese Werte bzw. die Listen könnte man nicht manipulieren? Oder der Steuerprüfer nicht mal schnell die Bücher frisieren könnte zum Nachteil des Geprüften? Oder sind Gutachter immer über alle Zweifel erhaben?
Da kann man sich auch allerhand finanzielle Vorteile oder anderen Interessen vorstellen.

Klar, bei 50% falschen Messwerten, wäre da natürlich der ADAC usw. Aber erstmal müsste es ja rauskommen. Und bei 5%?

Zitat
Es stellt sich halt die Frage, ob die Berichterstattung korrekt ist, und v.a. ob man diese Fehlerquote dann verallgemeinern kann.

Du zweifelst nun die Aussagen des LG Köln an oder was meinst Du?[/quote][/quote]

Weiß halt nicht, wie die zu den Zahlen kamen und ob Heise das 100%-ig richtig dargestellt hat.


Zitat
Was glaubst Du was passiert, wenn ich mit einem selbstgeschriebenen Programm Daten zu irgendwelchen Verstößen sammele (meinetwegen Kennzeichen von zu schnellen Autos, Namen und Gesichtern von Leuten, die mein Grundstück betreten, IP-Adressen von Leuten, die angeblich einen kostenpflichtigen Dienst von mir genutzt haben=siehe Abofalle)? Glaubst Du ernsthaft, ein Gericht würde diese gesammelten Daten als so beweiskräftig sehen, dass die Beweislast umgekehrt wird und der andere belegen muss, dass er es nicht war?

Natürlich nicht.
Aber Provider sind keine Privatleute, sondern mehr oder weniger angesehene Firmen mit Eigeninteresse, und sie haben eben den Auftrag, die Daten rauszurücken. Auch wenn sie dafür etwas Geld bekommen, wohl eher eine lästige Übung. Und ihre Kunden verärgern sie damit.

Zitat
Wirst Du nicht bekommen. Das wollen die Kläger nicht, denn dann könntest Du Dich besser wehren.

Könnte man doch recht einfach in technischen Versuchen außerhalb der Justiz messen und so nach und nach die Legitimation solcher Abmahnungen und Klagen unterminieren. Müsste sich halt mal eine schlagkräftige Lobby organisieren.

Wo wir jetzt alle so diskutieren, frage ich mich, wie viele kleine Leute denn eigentlich tatsächlich zu Schadensersatz verurteilt worden?



Übrigens:
Heute urteilte der BGH, dass Eltern nicht automatisch für ihre Kinder haften, sofern sie diese aufgeklärt haben über das Urheberrecht:
http://www.heise.de/newsticker/meldung/BGH-Urteil-zum-Filesharing-Eltern-haften-bei-Belehrung-nicht-1750863.html
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: Florian am November 16, 2012, 13:54:14
Heute urteilte der BGH, dass Eltern nicht automatisch für ihre Kinder haften, sofern sie diese aufgeklärt haben über das Urheberrecht:
http://www.heise.de/newsticker/meldung/BGH-Urteil-zum-Filesharing-Eltern-haften-bei-Belehrung-nicht-1750863.html

Dazu äußerste sich der Rechtsvertreter der Musikindustrie folgendermaßen:
Zitat
Während früher „auch mal eine Ohrfeige nicht geschadet“ habe, würden Kinder heute an freier Leine laufen gelassen.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/musiktausch-im-internet-eltern-haften-nicht-fuer-raubkopien-ihrer-kinder-11961702.html

 :o
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: warlord am November 16, 2012, 15:41:28
Womit er nicht Unrecht hat. Die Ohrfeige muss es ja nicht gerade sein. Aber dass eine kosequenzenlose Erziehung nicht gut kommt, zeigt sich doch heute an allen Ecken und Enden. Nicht nur beim Pfeifen auf geistiges Eigentum.
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: Florian am November 16, 2012, 18:08:20
Er kritisiert damit aber das Urteil des BGH und zielt dabei auf die Eltern. Falscher Adressat.
Zum anderen kann man sich ungeschickter gar nicht äußern, ist ja klar, dass jetzt der natürlich etwas verwegene Umkehrschluss konstruiert wird: Er fordere körperliche Züchtigung.

Und das mit den vielen Zahlen ist ja scheinbar wirklich nicht so einfach. ;)
http://www.heise.de/newsticker/meldung/US-Marktforscher-verrechnen-sich-bei-Filesharing-Effekten-1751902.html
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: warlord am November 16, 2012, 19:05:03
Er kritisiert damit aber das Urteil des BGH und zielt dabei auf die Eltern. Falscher Adressat.

Sehe ich überhaupt nicht so. Die Eltern wären durchaus der richtige Adressat. Und ich empfinde auch das Urteil des BGH, so ich es richtig verstanden habe, als reichlich "krank". Eltern brauchen dem Sprössling nur einmal sagen, "das darfst Du nicht" und damit ist die elterliche Pflicht erledigt? Und der Freipass für den Bengel ausgestellt, der es künftig tun oder auch lassen kann, ganz wie ihm beliebt, ohne jegliche Konsequenzen für irgendjemanden?

Wäre bei uns früher ein Bussbescheid ins Haus geflattert, hätte es eine zünftige Standpauke gegeben - TV und Taschengeld wären für eine ganze Weile gestrichen gewesen. Aber heute engagiert der Herr Chefarzt lieber ein paar Anwälte und zieht bis vor den BGH um damit quasi seinem Bengel beizustehen und ihm damit noch auf die Schultern zu klopfen. Und sich dann drei, vier Jahre später zu wundern, dass der Bengel völlig verzogen ist und auf Bahnsteigen einfach so aus Spass Leute halb tot schlägt. (Ja, extreme Zuspitzung. Es kommt nur in wenigen Fällen zu diesem Extrem. Aber in der Tendenz ist es doch genau das.) Für mich ist so eine Gesellschaft krank, sorry. Unter dem Vorwand der Menschlichkeit entmenschlicht.
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: Florian am November 16, 2012, 19:38:05
Nein, es wird den Eltern nur keine wirklichkeitsfremde totale Kontrollpflicht auferlegt. Realistisch gesehen ist es nicht zu verhindern, wie wir alle wissen.
Das steht auch in einer Linie mit vielen anderen Entscheidungen zu Schadensersatz bzgl. Kindern bzw. Aufsichtspflicht der Eltern.

Und wer weiß, ob er er keine Standpauke bekommen hat? Vielleicht sogar eine oder mehrere Ohrfeigen? Wir wissen es nicht.
Und wenn Du so generell wirst: Ob autoritäre(re) Erziehung weniger Totschläger produziert, ist extrem fraglich. Es ist trotz aller Aufregung um spektakuläre Verbrechen auch nicht so, dass die Jugendgewalt massiv angestiegen wäre. Und schon gar nicht so, dass die aller-, allermeisten Intensivtäter daheim verhätschelt würden.

Was sich schon viel eher ausgebreitet hat ist der Wunsch nach dem kostenlosen Dauerkonsum. Da würde ich zustimmen. Inwieweit man da erzieherisch entgegen wirken könnte, weiß ich aber auch nicht. Das Internet hat natürlich eine Sogwirkung, wie sie frühere Medien nicht hatten.
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: warlord am November 16, 2012, 20:02:12
Was ich meinte, möchte ich eigentlich nicht als autoritäre(re) Erziehung bezeichnen. Und schon gar nicht meinte ich eine dem Kontrollwahn verfallene Erziehung. Bezeichnen würde ich das, was ich meine, eher als weniger behütete Erziehung. Eine Erziehung oder ein Aufwachsen, in dem die Heranwachsenden nicht vor jeder Unannehmlichkeit des realen Lebens bewahrt werden. Ein Aufwachsen, bei dem sie Fehler machen können. Diese aber bis zu einem gewissen (auch altersabhängigen) Grad selber ausbaden müssen. Und ein Heranwachsen, in dem die Jugendlichen (auch altersgerecht) Verantwortung übernehmen müssen.
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: MacFlieger am November 17, 2012, 08:47:11
Wie die einzelnen Fehler zustande kamen weiss ich natürlich nicht bzw. kann es höchsten vermuten. Aber es ist doch so, dass das Aufzeichnen der IP jener Gegenstelle, mit der man in Kontakt ist, an sich kein komplexer physikalischer Vorgang ist, wie dies z.B. eine Geschwindigkeitsmessung ist. Einfach zum Aufzeichnen vorhandener Daten bedarf es doch keiner Zertifizierung.

Wenn man sich die vorhandenen öffentlich dokumentierten Fälle anschaut, geht die Vermutung dahin, dass die aufgezeichneten IPs nicht zum Zeitstempel passen. Daher die vielen nicht mehr belegten IPs bei der Providerabfrage.
Eine Zertifizierung oder zumindestens mal Überprüfung der Programme könnte feststellen, ob die Kombination aus IP/Zeitstempel zuverlässig ist. Denn nur die Kombination und nicht die IP alleine sind für die Identifizierung beim Provider wichtig.

Zitat
Natürlich muss man sich bewusst sein, dass die aufgezeichnete IP nicht die des tatsächlichen Gegenübers sein muss, weil sich das tatsächliche Gegenüber eben den im Thread schon erwähnten Verschleierungstechniken wie Proxies und ähnlichem bedienen kann.

Das stimmt, wobei das in den öffentlich dokumentierten Fällen nicht der Knackpunkt war, da die IPs von Proxies auch vergeben sind.

Zitat
IP-Protokolle können gar nichts anderes sein, als Indizien. Die Gerichte können nicht mehr erwarten und erwarten nicht mehr.

Genau da sehe ich es anders. IP/Zeitstempel-Protokolle werden als sehr starkes Indiz herangezogen. Nur in ganz wenigen Ausnahmefällen kannst Du ein noch stärkeres Indiz bringen. Bereits reines Verreisen hilft Dir nicht.

Das einzige, was neuerdings zu helfen scheint, ist das Anschaffen von Kindern. Und da gehe ich mit Dir einer Meinung, dass das auch wieder komisch ist. Kaum hat man Kinder im Haushalt, hat man ein prima Abwehrmittel selbst gegen berechtigte(!) Klagen.
Also einfach ausgedrückt: Hat man keine Kinder, ist man auch schuldig, wenn man nichts getan hat. Hat man Kinder im Haus, ist man aus dem Schneider, selbst wenn man etwas getan hat. Ob jetzt wohl die Geburtenrate wieder steigt?
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: MacFlieger am November 17, 2012, 09:19:17
@Florian:
Zunächst einmal:
Du zielst mit Deiner Antwort immer nur auf den wie ich finde relativ unwichtigen Teil, ob die Daten manipuliert werden oder nicht. Ich habe nur geschrieben, dass man sie einfach manipulieren könnte. Die einzig bekannten Indizien, die aufgrund der aktuellen Gesetzeslage schon älter sind, deuten darauf hin, dass sie zumindestens damals vermutlich nicht manipuliert wurden.
Der eigentlich wesentlich wichtigere Teil hat mit einer möglichen Manipulation des Klägers gar nichts zu tun.
- Es werden Datensätze als starke, nur in Ausnahmefällen widerlegbare Indizien genommen, obwohl die Zuverlässigkeit nie geprüft wurde und alle öffentlich bekannten Fälle für eine extrem hohe Fehlerrate sprechen.
- Aus Datenschutzgründen kann der Angeklagte keine starken Indizien über sich selber vom Provider erhalten.
- Ähnliche Datensätze wie die des Klägers haben nur geringe Aussagekraft, da sie als manipulierbar und(!) manipuliert angenommen werden.
Das sind die Probleme. Da ist von absichtlich manipulierten Datensätzen des Klägers noch überhaupt keine Rede. Eine derartige Möglichkeit kann man noch als Sahnehäubchen oben auf setzen.

Wenn man gut manipuliert (und das ist simpel und einfach), hat man keine so hohen Fehlerquoten, sondern praktisch null. Man würde auch keine Omas oder Urlauber treffen. Es ist absolut simpel, eine eigene Liste von IPs zu erhalten, die keine so haarsträubenden Fehler enthält, sondern zu dem Zeitpunkt nur tatsächlich vergebene und genutzte IPs enthält. Die hohe Fehlerquote in Köln zeigt eher, dass sie zu der Zeit noch keine absichtliche Manipulation drin hatten.

Interessant, wie denn?
Ohne Mithilfe des Providers scheint mir das unmöglich.

Warum? Was hätte der Provider damit zu tun?
Ich brauche mir nur die Logdatei eines Webservers (mit korrekt laufender Uhr, das ist kein Teufelswerk) nehmen und habe fertige IP-Adressen/Zeitstempel-Kombinationen von gerade aktiven/belegten IP-Adressen. Ich muss dazu noch nicht einmal jemanden auf meine Webseite locken. Ich poste einfach irgendein Bild, welches auf meinem Server liegt in diversen Foren. Sobald jemand den Thread öffnet habe ich eine gültige IP/Zeitstempel-Kombination. Fertig.
Der Provider hat damit nichts zu tun. Der liefert dann nur die Namen zu den IPs.
Aber wie oben erwähnt. Die Manipulierbarkeit ist nur das Sahnehäubchen und nicht das eigentliche Problem.

Zitat
Zitat
Zitat
Was wäre, wenn es keinen Ersatz für diese defekten Geräte gäbe? Würde man dann gar keine Messungen mehr vornehmen, oder sich doch mit dem mangelhaften Status Quo abfinden?

Glaubst Du das wirklich? Das kann ich mir nämlich nicht vorstellen. Bei einem Messgerät, welches mit einer hohen Quote z.B. negative Geschwindigkeiten ausgibt, würde kein beklagter Autofahrer akzeptieren, dass ausgerechnet seine Messung nun fehlerlos wäre. Und damit würden die zu Recht nicht durchkommen.

Und diese Werte bzw. die Listen könnte man nicht manipulieren?

Du weichst wieder auf die Manipulierbarkeit aus. Es geht aber um Messgeräte, die anscheinend ohne Manipulation erhebliche Mängel haben. Glaubst Du wirklich, dass bei derartige mangelhaften Messgeräten nicht geprüft würde, ob die oder die Baureihe in Ordnung ist und im Fehlerfalle das Gerät aus dem Verkehr gezogen wird?

Zitat
Zitat
Du zweifelst nun die Aussagen des LG Köln an oder was meinst Du?

Weiß halt nicht, wie die zu den Zahlen kamen und ob Heise das 100%-ig richtig dargestellt hat.


Du hast vermutlich das offizielle Dokument des LG Köln, welches am Ende dazu verlinkt wurde, nicht gelesen:
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/koeln/lg_koeln/j2008/109_1_08beschluss20080925.html
Da stehen die Zahlen genauso drin. Auch tauchen dort genau die Kritikpunkte, die ich habe, ebenfalls drin. Nur zwei kurze Zitate: "Auf welche Weise sie selbst die dynamischen IP-Adressen ermittelt hat, teilt die Antragstellerin im einzelnen nicht mit." und "Auf welche Weise die Antragstellerin vorliegend die Verbindung zwischen einer konkreten IP-Adresse, einen genauen Zeitpunkt und dem "Hashwert" eines ihrer Werke hergestellt hat, lässt sich ihrer Anzeige und auch allen weiteren Schriftsätzen nicht entnehmen. In der Anzeige heißt es lediglich, die Antragstellerin habe es "in Erfahrung" gebracht. Diese Angabe ist dünn und wird durch das rund 380 Seiten lange Konvolut von "Tatnachweisen" auch nicht wesentlich aufgewertet. Der einzelne Tatnachweis - in einer PDF-Datei übermittelt - enthält bei nüchterner Betrachtung nicht viel mehr als die Behauptung, zu einer bestimmten sekundengenau definierten Zeit habe jemand unter einer konkreten IP-Adresse eine Datei mit einem bestimmten Hashwert angefordert beziehungsweise downgeloadet. Wie lange der Vorgang lief und ob und in welchem Umfang tatsächlich Daten geflossen sind, kann der "Tatnachweis" nicht vermitteln. Das technische Verfahren zur Gewinnung der übermittelten Informationen und die konkreten natürlichen Personen, die für diese Angaben ggfls. als Belastungszeugen gerade stehen könnten, sind nicht nachvollziehbar dargelegt. "

Also genau das, was ich auch kritisiert habe.

Zitat
Zitat
Was glaubst Du was passiert, wenn ich mit einem selbstgeschriebenen Programm Daten zu irgendwelchen Verstößen sammele (meinetwegen Kennzeichen von zu schnellen Autos, Namen und Gesichtern von Leuten, die mein Grundstück betreten, IP-Adressen von Leuten, die angeblich einen kostenpflichtigen Dienst von mir genutzt haben=siehe Abofalle)? Glaubst Du ernsthaft, ein Gericht würde diese gesammelten Daten als so beweiskräftig sehen, dass die Beweislast umgekehrt wird und der andere belegen muss, dass er es nicht war?

Natürlich nicht.
Aber Provider sind keine Privatleute...

Die Provider haben doch nix damit zu tun. Die Provider sammeln hier keine IP/Zeitstempel-Listen und fordern Geld. Die sind ausschließlich für die Zuordnung der angeblichen IP zu einem Namen da.
Also: Warum antwortest Du mit "Natürlich nicht.", wenn ich das gleiche mache wie die Kläger?

Zitat
Könnte man doch recht einfach in technischen Versuchen außerhalb der Justiz messen und so nach und nach die Legitimation solcher Abmahnungen und Klagen unterminieren. Müsste sich halt mal eine schlagkräftige Lobby organisieren.

Richtig. Wenn das alles so gut und zuverlässig funktioniert wie behauptet, warum lassen die das nicht einfach mal unabhängig testen?
 
Zitat
Wo wir jetzt alle so diskutieren, frage ich mich, wie viele kleine Leute denn eigentlich tatsächlich zu Schadensersatz verurteilt worden?

Auch hier: Fragst Du das im Ernst?
Zur Zahlung von Schadensersatz werden nur wenige verurteilt, weil es meistens nicht so weit kommt und die vorher zahlen. Nur wer in Ausnahmefällen durch Zufall selber ein starkes Indiz hat, wird es auf ein Verfahren ankommen lassen. Anwälte werden damit, dass Musiker mit den Abmahnungen mehr Geld verdienen können als mit legalen Verkäufen. Und da siehst Du keinen Markt?

Zitat
Übrigens:
Heute urteilte der BGH, dass Eltern nicht automatisch für ihre Kinder haften, sofern sie diese aufgeklärt haben über das Urheberrecht:
http://www.heise.de/newsticker/meldung/BGH-Urteil-zum-Filesharing-Eltern-haften-bei-Belehrung-nicht-1750863.html

Dazu habe ich schon bei warlord was geschrieben.
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: Florian am November 17, 2012, 16:28:36
@Florian:
Zunächst einmal:
Du zielst mit Deiner Antwort immer nur auf den wie ich finde relativ unwichtigen Teil, ob die Daten manipuliert werden oder nicht. Ich habe nur geschrieben, dass man sie einfach manipulieren könnte. Die einzig bekannten Indizien, die aufgrund der aktuellen Gesetzeslage schon älter sind, deuten darauf hin, dass sie zumindestens damals vermutlich nicht manipuliert wurden.

Ich antworte eben auf Deine Beiträge, in denen Du das Thema ja sehr ausführlich und mit arg unterschiedlichen Beispielen immer wieder selbst anstößt und verwickelst.

a) Manipulationen sind technisch möglich
b) Es gibt keinen Beweis, dass sie erfolgen
c) Es würde auch wenig Sinn machen.

Zu c): Natürlich kann man irgendwo IP-Adressen sammeln, aber wieso sollte man das tun, wenn man auch zielgerichtet in den Tauschbörsen abgreifen kann?
Ein Ausschließen der alten Frau ohne Computer ist nur mit Mithilfe des Providers und weiterer Recherchen möglich.
V.a. könnte man ja nur dann zuverlässig manipulieren, falls die IP-Zuordnungen zuverlässig sind. Was Du ja (wohl zu recht) bestreitest.

Damit ist zu diesem Thema wohl alles gesagt, oder?


Zitat
Der eigentlich wesentlich wichtigere Teil hat mit einer möglichen Manipulation des Klägers gar nichts zu tun.
- Es werden Datensätze als starke, nur in Ausnahmefällen widerlegbare Indizien genommen, obwohl die Zuverlässigkeit nie geprüft wurde und alle öffentlich bekannten Fälle für eine extrem hohe Fehlerrate sprechen.

Da sind wir uns ja einig und ich sehe keinen Grund, dies dann endlos zu diskutieren!
Was mich interessieren würde, sind zuverlässige Zahlen.

Und was ich hier auch schon seit meinem ersten Beitrag zu vermitteln versuche, ohne ablenken zu wollen:
Das ist nicht nur bei solchen Lappalien der Fall. In vielen Indizienprozessen gibt es keine über alle Zweifel erhabene Überführung und es wird doch ein hartes Urteil gesprochen.

Oder wer entscheidet eigentlich, ob man in eine psychiatrische Anstalt zwangseingewiesen wird? Oder ob man in Sicherheitsverwahrung kommt? Gutachter! Und zwar, wenn man nicht mit ihnen spricht, nach Aktenlage. Und die kassieren auch!
Hier mal ein Fundstück:
Man hätte bezüglich der sozialmedizinischen Beurteilung letztlich also auch eine Münze werfen können.
Quelle: http://www.aerztekammer-bw.de/10aerzte/20fortbildung/20praxis/65medSach/1004.pdf

Mit anderen Worten: So besonders ist das alles nicht! Das ist leider Alltag vor deutschen Gerichten.


Zitat
- Aus Datenschutzgründen kann der Angeklagte keine starken Indizien über sich selber vom Provider erhalten.

Ja, auch da besteht Verbesserungsbedarf. Man könnte ja beispielsweise den Kunden mitteilen, wenn sie betroffen sind und die gespeicherten Daten zuschicken. Natürlich handelte es sich dann um einen gigantischen Aufwand, denn die Anfragen jeden Monat gehen ja in die Hunderttausende.

Eine längere Speicherung aller Daten dagegen ist ja wieder aus anderen Gründen problematisch bzw. verboten.

Zitat
- Ähnliche Datensätze wie die des Klägers haben nur geringe Aussagekraft, da sie als manipulierbar und(!) manipuliert angenommen werden.

Wie viele solche Entscheide gab es denn tatsächlich, wo Beklagte ihre eigenen Logs mitbrachten? Oder sprechen wir hier von Einzelfällen? Sprich, Trend oder Ereignis?


Zitat
Du weichst wieder auf die Manipulierbarkeit aus. Es geht aber um Messgeräte, die anscheinend ohne Manipulation erhebliche Mängel haben. Glaubst Du wirklich, dass bei derartige mangelhaften Messgeräten nicht geprüft würde, ob die oder die Baureihe in Ordnung ist und im Fehlerfalle das Gerät aus dem Verkehr gezogen wird?

Ich weiche überhaupt nicht aus, wohin oder wovor denn?

Zitat
Du hast vermutlich das offizielle Dokument des LG Köln, welches am Ende dazu verlinkt wurde, nicht gelesen:
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/koeln/lg_koeln/j2008/109_1_08beschluss20080925.html

Korrekt.
Nur leider geht es auch nach Lektüre nicht ins technische Detail, sondern verweist auf eine Auskunft der Staatsanwaltschaft.

Zitat
Da stehen die Zahlen genauso drin. Auch tauchen dort genau die Kritikpunkte, die ich habe, ebenfalls drin. Nur zwei kurze Zitate: …

Also genau das, was ich auch kritisiert habe.

Das war aber ein (!) Fall von 2008. Offensichtlich sehen das die meisten Richter ganz anders… hilft also nichts.

Zitat
Die Provider haben doch nix damit zu tun. Die Provider sammeln hier keine IP/Zeitstempel-Listen und fordern Geld. Die sind ausschließlich für die Zuordnung der angeblichen IP zu einem Namen da.
Also: Warum antwortest Du mit "Natürlich nicht.", wenn ich das gleiche mache wie die Kläger?

Weil die IP-Adressen ohne Providerhilfe wertlos sind.
Und nein, Du würdest nicht das gleiche machen, besser wäre ein Vergleich zu einer Schädigung gegen Dich bzw. Deinen Besitz. Und da wird die im Fall des Falles ein Tagebuch durchaus potentiell helfen. Kommt dann auf die Gesamtschau an. Kann natürlich auch sein, dass man dann als paranoid weggesperrt wird, siehe Fall Mollath.

Zitat
Richtig. Wenn das alles so gut und zuverlässig funktioniert wie behauptet, warum lassen die das nicht einfach mal unabhängig testen?

Mangelndes Interesse, geht doch auch so.
Aber wenn es so viele Unschuldige trifft, und z.B. auch der Heise-Verlag schon öfters damit Schlagzielen produzierte, warum gründet sich nicht ein Verein, der dies technisch abklopft?
Ich sehe natürlich, dass es Vereine gibt, aber die behandeln mehr die Abwehr von Abmahnungen usw.

 
 
Zitat
Wo wir jetzt alle so diskutieren, frage ich mich, wie viele kleine Leute denn eigentlich tatsächlich zu Schadensersatz verurteilt worden?

Auch hier: Fragst Du das im Ernst?[/quote]

Also hast Du keine Zahlen.


Zitat
Zur Zahlung von Schadensersatz werden nur wenige verurteilt, weil es meistens nicht so weit kommt und die vorher zahlen. Nur wer in Ausnahmefällen durch Zufall selber ein starkes Indiz hat, wird es auf ein Verfahren ankommen lassen.

Und notorische Querulanten, die jeden Gerichtssaal bevölkern oder jeden anwaltlichen Rat missachten.

Mir ist schon klar, dass die Masse die Abmahnkosten schluckt oder eine modifizierte Unterlassungserklärung abgeben und versuchen, gar nichts zahlen.

Trotzdem würden mich konkrete Zahlen schon mal interessieren.

Zitat
Anwälte werden damit, dass Musiker mit den Abmahnungen mehr Geld verdienen können als mit legalen Verkäufen. Und da siehst Du keinen Markt?

Habe ich das irgendwo geschrieben?

Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: Florian am März 04, 2013, 21:42:07
Kam ja hier auch vor:
http://www.welt.de/wissenschaft/article110301868/Wenn-Radarfallen-und-Laser-falsch-messen.html
Titel: Re: Beweiskraft von Filesharing-Anklagen
Beitrag von: MacFlieger am März 05, 2013, 08:30:13
Der entscheidende Unterschied zu dem eigentlichen Thema (was ich dort auch schon erwähnt hatte) ist allerdings:
Diese Geräte haben die prinzipielle Funktionstüchtigkeit der Messmethode belegen können. Und dabei sind natürlich auch Fehlermöglichkeiten bei der Messmethode ebenfalls bekannt. Diese sollten im Betrieb berücksichtigt werden, werden sie es nicht, dann sind die Ergebnisse "angreifbar". Genauso steht es in dem Artikel. Also eine völlig andere Situation.

Vergleichbar wäre es dann, wenn ein neues Geschwindigkeitsgerät auf dem Markt käme, dessen Funktionsweise geheim ist, nie von irgendjemand geprüft wurde, bei den wenigen Fällen, die öffentlich bekannt sind, klar eine riesige Fehlerquote vorhanden wäre und trotzdem die Messung nicht angreifbar wäre. Schon etwas völlig anderes als die aktuell benutzten Geräte.