Apfelinsel
Talk => Thema gestartet von: starchild am Oktober 06, 2005, 12:58:56
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Mir wird immer ganz schwummerig, wenn ich solche Dinge wie das hier (http://www.spiegel.de/netzwelt/technologie/0,1518,378099,00.html) lese. Kann mich bitte mal jemand beruhigen? Zum Beispiel mit einer ausführlichen Begründung, warum Datenschutz irgendwann wieder eine Rolle spielen wird?
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(heute abend unter dem Bett nachschauen wird...)
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Ich fürchte ich kann Dich nicht beruhigen.
Datenschutz spielt doch nur eine Rolle für die, die was zu verbergen haben. Für die bösen, bösen Sypathisanten von extrem Linken und extrem Rechten und von extrem Arabern und von was weiß ich.....
Die Becksteins, Schilys und Rumsfelds dieser Welt freuen sich doch jetzt schon über den nächsten großen "Bang" von Al Quaida und Konsorten. Dann haben sie wieder Argumente für die Doofen.
Ich gebe allerdings zu, daß ich aufgegeben habe. Ich habe mich früher 'mal über den ganzen Mist aufgeregt. Heute allerdings kaum noch. Ich befürchte es geht seinen Gang.
Wenn ich mich nur unter normalen "Kneipengängern" umhöre wird mir schlecht.
Die wissen zwar nicht mehr was die Gestapo war, verlangen aber der Polizei genau die gleichen Rechte zu verleihen, wie sie die Gestapo hatte. Wer nichts zu verbergen, der soll gefälligst Auskunft geben! Wer diese Auskunft nicht geben will, der ist selber Schuld an dem, was dann mit ihm geschieht.....
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naja, so einfach ist es wohl nicht. ich könnte mir schon denken, dass der ein oder andere evtl. schon mal zwischen die fronten gerät, weil man aus mails oder telefonaten falsche schlüsse ziehen könnte.
ich finde das ganze sehr beunruhigend! irgendwann wird wohl jedes wort, ob geschrieben oder gesprochen, von firmen ausgewertet werden.
...wir sollten uns wieder briefe mit der post schicken ...
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Tja, auf Briefe wird das wohl hinauslaufen, wenn man seiner Privatsphäre einigermaßen sicher sein will. Diese Kneipengängerargumente, die Fränk genannt hat kenne ich aus dem Kollegenkreis auch. Ich glaub, wenn ich noch _ein_ mal höre "warum, ich hab doch nix zu verbergen", bekomme ich karierte Muster im Gesicht. (Und das sähe vielleicht merkwürdig aus.) Was mich allerdings nicht zuletzt krank macht, ist, dass hier Software eingesetzt wird Menschen zu überwachen, will sagen, dass eine Kontrolle der Ergebnisse letztendlich womöglich nicht mehr machbar (oder erwünscht) sein könnte. Und vor allem halt, dass wir alle erst mal per se als Verdächtige gelten, die es zu überwachen gilt. :P
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Na ja, ich weiss nicht, wie hoch der Wahrheitsgehalt dieser Story eingeschätzt werden kann. Mal angenommen, diese Technologie existiert und sie funktioniert auch tatsächlich so gut, wie man aus dem Artikel schliessen kann, weshalb nutzt sie dann die Firma lediglich für diesen Kleinstmarkt der Geheimdienste? Funktioniert die Technologie, liessen sich mit darauf aufbauenden, erstmals brauchbaren Übersetzungstools doch Mega-Blockbuster für einen weitaus grösseren Markt realisieren.
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Nenene, da hast Du was falsch verstanden. Kunden sind hauptsächlich Großunternehmen, das mit den Geheimdiensten hat sich nur so "nebenbei" ergeben. Und bei 350.000,- USD pro Lizenz würde ich da denn schon von einem Blockbuster reden:
Doch mehr als 1000 Firmenkunden - darunter große Namen wie BP, AstraZeneca, DaimlerChrysler, CNN, General Electric, Siemens, Philip Morris und Nestlé - fanden die Kosten nicht zu hoch.
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(Du wagst es, den Wahrheitsgehalt eines Spiegel-Artikels anzuzweifeln? ;D)
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"warum, ich hab doch nix zu verbergen"
Standardantwort: "Warum schließt Du dann auf der Toilette die Türe?"
Tschö, MacFlieger.
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Ne, bloß nicht. Hinterher steht die dann auf, und das hab ich dann davon... ;)
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Das Ganze hat was mit Bürgerrechten zu tun: Diese "Ich-hab-doch-nichts-zu-verbergen" Nummer. Ich meine mich erinnern zu können, daß es immer noch heißt: Im Zweifel für den Angeklagten. Und die Bürgerrechte sind in den letzten 10 Jahren systematisch eingeschränkt worden. Andererseits erwischt man die bösen Buben immer noch nur sehr mühsam ... Das sollte einem zu denken geben.
Indes: Die Geheimdienste machen immer noch die selben Fehler. Sie glauben, mit genügend Rechenpower und Terabytes an Daten kommt man den Bösen Buben auf die Schliche. Vor allem die Amis sitzen diesem Trugschluss mit schöner Regelmäßigkeit auf. Das ist wie mit einem PDA und einem Notizblock: Während der PDA-Trottel mit seinem Eingabestiftchen noch die Telefonnummer notiert, bin ich mit meinem Notizblock und Bleistift schon lange fertig. Will sagen: Ein V-Mann in der Terrorszene ist allemal die bessere Strategie als Terabytes an Rechenpower, sei die Software noch so gut. Was solls. bei 350.000 Ocken pro Installation isses wirklich nur für ein paar interessant ...
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Ich glaube das sowohl die Geheimdienste, wie auch die Innenminister (oder Heimatschutzminister) dieser Welt wissen, daß sie nur wenig, bis gar nix von den aktuellen Bedrohungen vermindern, wenn sie noch mehr abhören.
Ich glaube aber auch das es in der Natur dieser Menschen liegt, andere überwachen zu wollen.
Um das möglichst ungestört machen zu können ist ihnen jedes Argument und jede Lüge recht.
Diese Menschen sind misstrauisch und schlecht. Weil sie allen anderen die gleiche Schlechtigkeit oder noch schlimmer, eine größere Schlechtigkeit zutrauen, überwachen sie sie gern. ;)
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Obwohl ich zugeben muß: Als normaler Mensch kann man sich die "echte" Schlechtigkeit gar nicht vorstellen. Und wenn man dann damit konfrontiert wird, würde man ganz gerne mit der Pumpgun aufräumen. Das klingt vielleicht witzig, isses aber nicht. Meiner Meinung nach (nein, ich will nicht mit einer Pumpgun aufräumen ...), kommen die wirklich schlechten Menschen eigentlich immer zu gut weg ...
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Als normaler Mensch kann man sich die "echte" Schlechtigkeit gar nicht vorstellen. Und wenn man dann damit konfrontiert wird, würde man ganz gerne mit der Pumpgun aufräumen. ... kommen die wirklich schlechten Menschen eigentlich immer zu gut weg ...
Sorry, aber da kräuseln sich meine Zehennägel, wenn ich so etwas lese. Genau mit solchen Ansichten läuft man Gefahr, als Mitläufer in einem lynchenden Mob zu enden, wenn man glaubt, einen solchen echten bösen Menschen gefunden zu haben.
Da muss ich Dir dringendst mal Der Anteil des Teufels (http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3882212829/qid%3D1128615899/028-1430668-1315735) zur Lektüre empfehlen. Denis de Rougemont versucht darin ziemlich eindrücklich zu vermitteln, dass es DEN bösen Menschen nicht gibt, sondern nur DAS Böse im Menschen. In jedem Menschen. Auch in Dir und mir.
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Was Terrania wohl meinte:
Schwere Straftaten verursachen in ihm Aggressionen gegen den Täter.
Da geht es mir und den meisten anderen Menschen oft wohl genauso (obwohl mein Intellekt dagegen halten will). Natürlich ist nicht der Mensch an sich böse oder nur schlecht - sondern seine Taten. Wobei man natürlich die religiöse bzw. ethische Kategorie "böse" an sich, meiner Meinung nach, nicht absolut definieren kann.
Ein anderes Gefühl in Bezug auf Kriminalität ist natürlich die Angst.
Angst und Wut sind ein gefährlicher Cocktail und der wird von den Boulevard-Medien täglich frisch serviert.
Und genau auf diese Karte setzen ja auch die Möchtegern-Kontrolleure. Wo solch starke Urinstinkte hervortreten kann man einerseits mit markigen Worten immer gut punkten und andererseits hat man Rückenwind für seine Pläne. Ob man diese nur ergreift um Aktivität gegen das Verbrechen vorzugaukeln oder aus wirklichen Überwachungsfantasien heraus - das sei einmal dahingestellt.
Diesen Mechanismus muss man sich eben immer wieder vergegenwärtigen. Dabei nutzt es nichts, die Emotionen der Menschen nur als irregeleitet oder den Höhlen entsprungen einzuordnen. Vielmehr muss man sich intensiv damit auseinandersetzen und nachweisen, daß die Bürgerrechte uns allen nützen und die typischen Politiker-Pläne - höhere Strafen, mehr Kontrolle - die hochgeschriebene Kriminalität nicht verhindern.
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Was Terrania wohl meinte:
Schwere Straftaten verursachen in ihm Aggressionen gegen den Täter.
Und diese Aggression in ihm, Dir oder mir ist dann gut? Er kann sich "echte" Schlechtigkeit nicht vorstellen? Das heisst, nur jene in den anderen ist die "echte" Schlechtigkeit. Die eigene Schlechtigkeit ist nicht "echt".
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Mal Butter bei de Fische: Nicht alle Menschen sind gut (ausser man ist Hai). Es gibt verdammt miese Typen auf diesem Planeten, die sich einen feuchten Dreck drum scheren, mal eben ein paar tausend Leute über den Jordan zu schicken. Es ist mir pipaposchnurzegal, ob jeder Mensch böse ist, oder böse Seiten hat, es geht mir um den Grad der Bösartigkeit. Ein Tiger ist wahrscheinlich nicht "böse" oder ein Hai. Der verteidigt sich, oder schaut sich nach was essbarem um. In der westlichen Wertvorstellung ist "Du sollst nicht töten" (etc.) eigentlich im moralischen Kodex verankert - außer man kann Kohle machen oder was anderes und setzt sich bewußt drüber hinweg. "Echte" Schlechtigkeit ist das, was mein Intellekt überhaupt nicht mehr nachvollziehen kann - dazu gehört die Judenvernichtung genauso wie alle anderen Dinge, die "zivilisierte" Menschen an anderen Menschen begehen. Ob 9/11 oder der Abwurf der ersten Atombombe in Hiroshima und Nagasaki oder ein kleiner Mugabe, der mal eben ein paar Schwarze umnieten lässt ist dabei schnurzpiepegal. Das was mich rasend macht, ist die Ohnmacht, nix, aber auch gar nix dagegen tun zu können. Das führt zu Aggressionen. Wer das leugnet, der lügt sich selbst in die Tasche oder interessiert sich einfach nicht für sowas. Wer bei 9/11 nicht wütend und fassungslos war, dem ist nicht mehr zu helfen. Und ich postuliere: Es gibt sie die "bösen" Menschen. Alles andere ist drumrumgerede und sonst gar nix. Und auf eine Grundsatzdiskussion über das Böse an sich im Heideggerschen "Kunst"-Sinne habe ich null Bock. Wie würdest Du denn eine Familie definieren, die ihr Kind einsperrt und langsam verrecken läßt wie in Hamburg geschehen? Das sind für mich keine "guten" Menschen mehr.
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Ich glaube, Du hast mich überhaupt nicht verstanden. Aber ich führe das jetzt vermutlich besser nicht mehr weiter aus. Die Erinnerung an eine sehr schlecht verlaufene Diskussion über ein sehr ähnliches Thema rät mir, es bleiben zu lassen...
Nur das noch. Un das meine ich jetzt höchst aufrichtig, überhaupt nicht zynisch und bitte auch nicht beleidigend. Es ist einfach so: Du machst mir mehr Angst als einer, der schon mal einen Menschen umgebracht hat.
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Vor mir muss man keine Angst haben. Und zynisch habe ichs auch nicht verstanden, eher anders ... Ich glaube, daß meine moralische Festigkeit mich bislang ganz gut durchs Leben gebracht hat. Allerdings bin ich inzwischen einfach zu alt und habe genug Erfahrungen hinter mir, um die alte "Gutmenschendiskussion" noch führen zu wollen. Den Gutmenschen gibts einfach nicht. Ich verweise da gerne auf die 7 Samurai ... (oder wenn mans amerikanisch haben will die Glohrreichen Sieben). Zu extrem in beiden Richtungen tut selten gut. Irgendwie finde ich die "Empörung" etwas befremdlich, sorry.
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Den Gutmenschen gibts einfach nicht.
Soweit sind wir uns immerhin einig.
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Und diese Aggression in ihm, Dir oder mir ist dann gut? Er kann sich "echte" Schlechtigkeit nicht vorstellen? Das heisst, nur jene in den anderen ist die "echte" Schlechtigkeit. Die eigene Schlechtigkeit ist nicht "echt".
Das habe ich weder gemeint noch geschrieben.
Aber lassen wir das.