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Re: Sicherheit für die WM
Antwort #75: Januar 03, 2007, 18:54:27
Das ist schon ein sehr grundlegender Einwand. 

Tja, die Menschenwürde. Ja, sie und der damit begründete Einwand ist in gewisser Hinsicht natürlich sehr grundlegend. Aber halt auch etwas schwammig und willkürlich. Was genau ist unter der Menschenwürde zu verstehen? Was genau ist mit diesem seltsamen etwas gemeint, das gemäss Eurem GG absolut unantastbar ist? Jede Nation und gar jedes Individuum wird den Begriff leicht anders definieren und auffassen.

Stur ist es für mich deshalb, weil es hier ja um Situationen geht, in der letztlich viele Menschen in ihren Grundrechten (Recht auf Leben) und in ihrer Menschenwürde verletzt werden. Entsprechende Verletzungen können IMO nicht nur durch staatliches Handeln, sondern auch durch staatliche Unterlassungen geschehen. (Handelt der Staat, sterben Menschen. Handelt der Staat nicht, sterben noch mehr Menschen und es werden mehr Menschen in ihrer Menschenwürde verletzt.) Sich bei der Begründung seines Tuns (das Handeln und Nicht-Handeln umfassend) nur auf einen Teilaspekt zu stützen und damit das Recht auf die Menschenwürde nur jenen zuzugestehen, welche zuerst vom eigenen Tun betroffen wären und die anderen und die Gesamtsicht auszublenden, ist in meinen Augen Vogel-Strauss-Politik (bzw. Legislation). Überspitzter Formalismus hiesse der Vorwurf, wenn es um weniger wichtige Dinge wie Menschenleben und -würde ginge.
« Letzte Änderung: Januar 03, 2007, 18:58:57 von warlord »
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Complete liberty of contradicting and disproving our opinion, is the very condition which justifies us in assuming its truth for purposes of action; and on no other terms can a being with human faculties have any rational assurance of being right. (John Stuart Mill - On Liberty)
Re: Sicherheit für die WM
Antwort #76: Januar 03, 2007, 19:20:48
@Warlord

Ich stimme dir zu!

Ich glaube allerdings nicht, daß es, jetzt Schäuble, vormals Schily oder Beckstein oder wem auch immer, um die Rettung von Menschenleben geht.
Ich bestreite es einfach. Ich glaube diesen Leuten ist, außer sie selber, keiner wichtig.

Trotzdem würden sie gerne die Macht haben, den Befehl zu einem Flugzeugabschuss geben zu können.

Warum?
Was treibt die Leute an?
Was lässt sie Tatsachen bewusst falsch darstellen?
Was lässt sie ihre Intelligenz dazu einsetzen, Leute die weniger davon haben, zu belügen, ihnen Angst zu machen?

Wenn ich heute die Macht und die Möglichkeit bekommen könnte, ein Flugzeug anschiessen zu lassen, würde selbstverständlich ablehnen, zumal niemanden damit geholfen werden kann.
Warum wollen andere diese Macht unbedingt haben, obwohl sie genau wissen, daß auch sie kein Menschenleben damit retten können?

Mir machen solche Leute Angst.
Ich halte sie für absolut skrupellos.
Das besonders schlimme daran ist, daß ich sie nicht verstehen kann, obwohl ich glaube mich in viele menschliche Abgründe hinein denken zu können.
Re: Sicherheit für die WM
Antwort #77: Januar 03, 2007, 19:44:18
Warum wollen andere diese Macht unbedingt haben, obwohl sie genau wissen, daß auch sie kein Menschenleben damit retten können?

Macht ist nunmal eines der zentralen Dinge, wonach der Mensch strebt. Jeder Mensch. Nur das Wie unterscheidet sich letztlich. Und Bushs und Schillys (ups, pardon, Schäuble wars) wird es immer geben.

Mir machen weniger solche Einzelfiguren Angst. Funktioniert die Demokratie werden letztlich auch deren Machtgelüste in gewisse Schranken verwiesen. Angst kriege ich dort, wo die Demokratie aufgeweicht wird. Und das diskutierte Urteil des Verfassungsgericht ist IMO ein kleiner Schritt in diese Richtung. Bzw. es provoziert weitere Schritte in diese Richtung. Weicht die Demokratie den Lösungen von aktuellen Problemen (zugegeben, das vorliegende Problem ist alles andere als akut - ich meiner hier das Prinzip) aus und verrennt sich stattdessen in Wunschoptionen, die so gar nicht bestehen, werden Anreize geschaffen, die Probleme weniger demokratisch zu lösen.
« Letzte Änderung: Januar 03, 2007, 19:59:35 von warlord »
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Florian

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Re: Sicherheit für die WM
Antwort #78: Januar 03, 2007, 20:18:47
Tja, die Menschenwürde. Ja, sie und der damit begründete Einwand ist in gewisser Hinsicht natürlich sehr grundlegend. Aber halt auch etwas schwammig und willkürlich. Was genau ist unter der Menschenwürde zu verstehen? Was genau ist mit diesem seltsamen etwas gemeint, das gemäss Eurem GG absolut unantastbar ist? Jede Nation und gar jedes Individuum wird den Begriff leicht anders definieren und auffassen.

(Darum ist es ja gut, daß das deutsche Bundesverfassungsgericht für Deutschland Urteile fällt.)

Letztendlich könnte man mit Deiner Argumentation aber jede solche Diskussion beenden, da man Ethik nicht mit absoluten Werten oder ohne gemeinsamen Grundkonsens diskutieren kann. Den will ich uns nicht absprechen, ich weise nur auf die grundlegende Problematik dieses Argumentes hin.

Ich würde aber schon widersprechen, wenn Du meinst die Menschenwürde wäre nicht konkret. Wenn die eigene verletzt wird, merkt man schnell die Konkretheit.
Das Grundgesetz wurde ja geschrieben, als die Erinnerung an die Nazi-Zeit noch prägend war. Deshalb steht der Satz wohl auch am Anfang. Man wusste eben sehr genau, was das bedeutet. Ich kann da keine Schwammigkeit entdecken, sondern einen sehr prägnant-konkreten Grundsatz.

Zitat
Stur ist es für mich deshalb, weil es hier ja um Situationen geht, in der letztlich viele Menschen in ihren Grundrechten (Recht auf Leben) und in ihrer Menschenwürde verletzt werden. Entsprechende Verletzungen können IMO nicht nur durch staatliches Handeln, sondern auch durch staatliche Unterlassungen geschehen. (Handelt der Staat, sterben Menschen. Handelt der Staat nicht, sterben noch mehr Menschen und es werden mehr Menschen in ihrer Menschenwürde verletzt.) Sich bei der Begründung seines Tuns (das Handeln und Nicht-Handeln umfassend) nur auf einen Teilaspekt zu stützen und damit das Recht auf die Menschenwürde nur jenen zuzugestehen, welche zuerst vom eigenen Tun betroffen wären und die anderen und die Gesamtsicht auszublenden, ist in meinen Augen Vogel-Strauss-Politik (bzw. Legislation). Überspitzter Formalismus hiesse der Vorwurf, wenn es um weniger wichtige Dinge wie Menschenleben und -würde ginge.

Du bist ganz klar Vulkanier.

Ernsthaft: Es ist eben nicht damit getan, die Zahl der Opfer gegenzurechnen.
Ich will da nicht zu tief eintauchen, aber das bewusste Töten von Menschen damit andere Menschen überleben ist in meinen Augen niemals zu rechtfertigen, auch nicht wenn die Entscheidung nicht direkt von den Nutznießern getroffen wird.

Desweiteren sollte man sich noch mal vor Augen führen, daß die einen Menschen ganz sicher sterben, ohne das die andere Katastrophe sicher eintreten würde. Man würde also viele Menschen umbringen, weil man damit eventuell eine größere Opferzahl verhindert.

Das Gericht sagt: So etwas darf nicht auch noch Gesetz werden.

In Deutschland gibt es den "übergesetzlichen Notstand", auf den wird sich der jew. Befehlshaber und sein Pilot halt im Falle des Falles berufen müssen. Ist das zu viel verlangt? Rechtssicherheit für die einen, amtlich bescheidete Opferrolle für die anderen.
Diese Art von Verfügungsmasse ist der Mensch nicht, aber ein deutscher Innenminister will es ins Gesetzbuch schreiben.

Jetzt lese ich gerade, daß Du ernsthaft dem Verfassungsgericht Demokratiegefährdung vorwirfst, weil es der Politik ins Handwerk pfuscht. Zur Demokratie gehört aber die Gewaltenteilung und wo Legislative oder Exekutive die Gesetze oder gar die Verfassung verletzen, hat die Judikative einzuschreiten. Genau das ist elementares Wesensmerkmal einer Demokratie und hier geschehen.
Ich frage mich aber ernsthaft, inwiefern das Freigeben zum Abschuß von Bürgern im Dienste der Unglücksvermeidung per Gesetz mit einer Demokratie in Einklang zu bringen sein soll.
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"If music be the food of love, play on!”
                         William Shakespeare
Re: Sicherheit für die WM
Antwort #79: Januar 03, 2007, 20:50:29
Ich würde aber schon widersprechen, wenn Du meinst die Menschenwürde wäre nicht konkret. Wenn die eigene verletzt wird, merkt man schnell die Konkretheit.
Das Grundgesetz wurde ja geschrieben, als die Erinnerung an die Nazi-Zeit noch prägend war. Deshalb steht der Satz wohl auch am Anfang. Man wusste eben sehr genau, was das bedeutet. Ich kann da keine Schwammigkeit entdecken, sondern einen sehr prägnant-konkreten Grundsatz.
Die Menschwenwürde ist insofern schon konkret, als wenn sich ein Mensch in dieser Würde verletzt fühlt, er sich konkret verletzt fühlt.  ;)
Aber im Ernst: Ich meinte den Begriff der Menschenwürde. Schlage ich den Begriff in Wikipedia nach, wird da ja auch spezifisch darauf eingegangen, was Euer GG darunter versteht. Oder besser gesagt, es wird etwas darüber geschrieben. Vielleicht geht es nur mir so. Aber für mich ist auch nachdem ich das gelesen habe überhaupt nicht klar, woraus denn dieses unantastbare Etwas besteht.


Zitat
Du bist ganz klar Vulkanier.
*sich an die Ohren greift* Nö, da ist nichts spitz.  ;)  Aber ja, ich argumentiere wenig emotional. Das selbe erwarte ich übrigens von Gerichten.  ;)

Zitat
Ernsthaft: Es ist eben nicht damit getan, die Zahl der Opfer gegenzurechnen.
Ich will da nicht zu tief eintauchen, aber das bewusste Töten von Menschen damit andere Menschen überleben ist in meinen Augen niemals zu rechtfertigen, auch nicht wenn die Entscheidung nicht direkt von den Nutznießern getroffen wird.
Du blendest da aber genau so wie das Gericht aus, dass nicht nur das Handeln ein bewusstes Töten sein kann, sondern auch das Nicht-Handeln.

Zitat
Desweiteren sollte man sich noch mal vor Augen führen, daß die einen Menschen ganz sicher sterben, ohne das die andere Katastrophe sicher eintreten würde. Man würde also viele Menschen umbringen, weil man damit eventuell eine größere Opferzahl verhindert.

Das Gericht sagt: So etwas darf nicht auch noch Gesetz werden.
Ja, da gebe ich Dir Recht. Wenn das Gericht so argumentiert hat, kann ich das nachvollziehen. (Ich dachte allerdings, dass es in der Begründung gar nicht so materiell geworden ist.) Ich kann aber auch die gegenteilige Meinung nachvollziehen, wonach es sinnvoll sein kann, sich vorher darüber Gedanken zu machen, wann genügend Indizien vorhanden sind, um einen Abschuss zu rechtfertigen und das in einem Gesetz zu regeln. Sicher, abschliessend wird man das nie erfassen können. Und ich habe das betreffende Gesetz auch nie gelesen. Ich weiss also nicht, was genau darin geregelt worden wäre.

Zitat
Jetzt lese ich gerade, daß Du ernsthaft dem Verfassungsgericht Demokratiegefährdung vorwirfst, weil es der Politik ins Handwerk pfuscht.
Nein, da hast Du mich falsch verstanden. Der Vorwurf war dahingehend, dass das Gericht, ob in seinem Entscheid weiss ich zwar nicht, aber zumindest in seiner Argumentation Realitäten verleugnet und so tut, als bestünde eine Wahl zwischen "Menschenwürde verletzen" und "Menschenwürde nicht verletzen", wo doch in der Realität die Wahl eher zwischen "Menschenwürde einiger Menschen verletzen" und "Menschenwürde vieler Menschen verletzen" besteht.
Und wenn in der Gesetzgebung (und daran kann, wie im vorliegenden Fall, ja nicht nur die Legislative, sondern halt auch die Judikative beteiligt sein) Realitäten ignoriert und verleugnet werden, ist das halt eine "Einladung" an die real Handelnden, die Gesetze zu umschiffen. (Aber wie ich ja anmerkte, war das ein eher grundsätzlicher Einwand. Dass im vorliegenden Fall wirklich akuter Bedarf an einem Gesetz bestünde, habe ich damit nicht behaupten wollen. Es sollte nur etwas Schäubles Vorgehen "erklären".)
« Letzte Änderung: Januar 03, 2007, 21:00:39 von warlord »
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Re: Sicherheit für die WM
Antwort #80: Januar 04, 2007, 00:00:30
Aber im Ernst: Ich meinte den Begriff der Menschenwürde. Schlage ich den Begriff in Wikipedia nach, wird da ja auch spezifisch darauf eingegangen, was Euer GG darunter versteht. Oder besser gesagt, es wird etwas darüber geschrieben. Vielleicht geht es nur mir so. Aber für mich ist auch nachdem ich das gelesen habe überhaupt nicht klar, woraus denn dieses unantastbare Etwas besteht.

Hm, ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen, daß Du darüber keine Vorstellung hast. :) Nun, die Wikipedia geht ja auch mehr oder minder ausführlich auf die Ursprünge des Begriffes und die Entwicklung des heutigen Menschenverständnissen ein.
Kurz und knapp dagegen der ARD-Ratgeber Recht. :)

Zitat
Du blendest da aber genau so wie das Gericht aus, dass nicht nur das Handeln ein bewusstes Töten sein kann, sondern auch das Nicht-Handeln.

Eben nicht. Das eine ist eventuelles Sterbenlassen, daß andere gezielte Tötung Unschuldiger zum Zwecke der  Verhinderung dieses Sterbens.

Es gibt da ja verschiedene Tests zum Thema, einer davon ist dieser: Den Probanten wird die Rolle eines überirdischen (Wohl)Täters gegeben, der entscheiden kann - oder man erzählt die Geschichte in mehreren Variationen und lässt sie dann bewerten.
Und die geht so: Ein Zug rast auf eine Menschengruppe von fünf Personen zu und wird sie ganz sicher erfassen da diese unmöglich ausweichen können. Nun gibt es kurz vor der Gruppe noch eine Weiche aufs Nebengleis. Auf dem steht ein Mann, der wahrscheinlich auch nicht ausweichen kann. Darüber ist eine Brücke. Ein dicker Mann beugt sich hinüber. Ein Passant könnte den Zug stoppen, wenn er ihn hinabstieße.

Tja, welch ein Dilemma. Die meisten Menschen sind der Meinung, der Zugfahrer solle das Nebengleis nehmen. Den dicken Mann schupfen dagegen nur die Wenigsten.
Solche Szenarios spielen meines Wissens auch in psychologischen Gutachten eine Rolle.

(Nur um mal ein anderes Beispiel zu nennen.)

Bin mir auch nicht bewusst, ob Du (oder Herr Schäuble...) eigentlich ganz erfasst, daß man diese Argumentation endlos ausdehnen kann. Wie so oft beginnt es mit den Maßnahmen für den  diskutierten Extremfall die dann nach und nach eine neue Denkschiene populär machen (sollen?). Eine ähnliche Diskussion gab es ja in Deutschland schon, als man einem Kinderentführer Folter androhte, damit er verrät, wo das Kind versteckt ist. Und gleich hieß es: Recht so! Und wenn nicht bei einem Kind, aber bei vielen doch schon! Was wäre, hätten Terroristen eine Atombombe versteckt! Ein bißchen Folter wird ja wohl erlaubt sein. Tja, und genau das ist ja auch real passiert, in amerikanischen Lagern, und die deutschen Beamten im Ausland, unter einer rot-grünen Regierung, haben mehr oder minder zugeschaut. 



Zitat
Nein, da hast Du mich falsch verstanden. Der Vorwurf war dahingehend, dass das Gericht, ob in seinem Entscheid weiss ich zwar nicht, aber zumindest in seiner Argumentation Realitäten verleugnet und so tut, als bestünde eine Wahl zwischen "Menschenwürde verletzen" und "Menschenwürde nicht verletzen", wo doch in der Realität die Wahl eher zwischen "Menschenwürde einiger Menschen verletzen" und "Menschenwürde vieler Menschen verletzen" besteht.
Und wenn in der Gesetzgebung (und daran kann, wie im vorliegenden Fall, ja nicht nur die Legislative, sondern halt auch die Judikative beteiligt sein) Realitäten ignoriert und verleugnet werden, ist das halt eine "Einladung" an die real Handelnden, die Gesetze zu umschiffen. (Aber wie ich ja anmerkte, war das ein eher grundsätzlicher Einwand. Dass im vorliegenden Fall wirklich akuter Bedarf an einem Gesetz bestünde, habe ich damit nicht behaupten wollen. Es sollte nur etwas Schäubles Vorgehen "erklären".)

Nein, dann sollen sie die Gesetze ändern und dabei den Kern der Verfassung hinnehmen lernen. Es stimmt mich schon immer wieder nachdenklich, daß gerade die obersten Vertreter unseres Gemeinswesens das nur noch mit Einschränkungen tun wollen.
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mathias

  • Trompeten statt Raketen!
Re: Sicherheit für die WM
Antwort #81: Januar 04, 2007, 08:39:05
Wollte noch mal was zum eigentlichen Thema einräumen (Fugmodelle etc.)

Es scheint mir, daß niemand genau weiß, weshalb Modellflieger in der Flugverbotszone verboten sind. Es beschränken sich alle auf Gründe, die mit der Radarerfassung oder Transport von Bomben zu tun haben. Könnte es aber nicht auch andere Gründe geben?
-Störung des Funkverkehrs der Rettungskräfte vor Ort (durch Funkfernsteuerung, Verbrennungsmotor)
- Beeinträchtigung des Flugraums für Rettungshubschrauber
- Reduzierung von Falschmeldungen von Zivilisten, die die Modellflieger mit echten Flugzeugen verwechsen etc.

Natürlich kann man mit dem Verbot nicht vermeiden, daß ein Modellflugzeuganschlag versucht wird. Aber vielleicht erhöht sich mit den Flugverbotszonen die Chance, diese dann zu verhindern.
Außerdem wäre es interessant zu wissen, ob, was ich annehme- und da kommt wieder das BVG Urteil mit ins Spiel- in Flugverbotszonen besonderes Recht gilt, welches einen Abschuß wahrscheinlich unter gewissen Voraussetzungen legitimiert. Eine Flugverbotszone muß doch wahrscheinlich auch von irgendeiner Verwaltungsstelle (Verwaltungsgerichtshof etc.) genehmigt werden und kann nicht einfach so -wie es Schäuble gern hätte- auf die schnelle festgelegt werden?
Ein Flugzeugabschuß in einer Verbotszone wäre damit rechtlich "abgesichert", im Gegensatz zu einem Abschuß eines entführten Flugzeugs in normalem Flugraum.

Deshalb ist das Urteil des BVG auch wichtig und richtig. Denn ich sehe rechtlich einen ganz grundsätzlichen Unterschied darin, ob unschuldige Menschen durch Terroristen getötet werden oder durch den Staat.
Man überlege sich nur mal- 400 unschuldige Menschen in einem entführten Flugzeug sterben, weil es der Staat so "angeordnet" hat aufgrund einer Vermutung, das Flugzeug könnte irgendwo gezielt reinfliegen.
Ein entscheidender Punkt des Grundgesetzes ist doch, daß der Schutz/die Würde des Individuums vor dem des Kollektivs steht. Und das war noch vor nicht allzu langer Zeit nicht so. Würde man dem Kollektiv Prioriät einräumen, müßten noch viel weitreichendere Maßnahmen zu dessen Schutz getroffen werden, die ich mir eigentlich gar nicht ausmalen will.
So viel erstmal,

MAthias.
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"Gestern ist mir die Milch runtergefallen. Die war nicht mehr haltbar!"
Re: Sicherheit für die WM
Antwort #82: Januar 04, 2007, 09:03:49
Im Moment wird ja bei Flugzeugentführungen versucht mit dem Entführer Kontakt aufzunehmen und die Sache unblutig zu Ende zu bringen.

Falls der Abschuss eine Option wird, wird jemand entscheiden müssen (vielleicht sogar wollen) der im Hinterkopf immer eine schöne Absicherung hat: Wenn ich den Abschussbefehl zu unrecht oder zu früh gebe, kann es später niemand mehr nachvollziehen!

Lässt dieser Entscheidungsträger aber nicht abschiessen, kann es sich jedoch als Fehler herausstellen und seine Karriere beenden.

Da diese Entscheidungen in aller Regel von Beamten, Soldaten oder Berufspolitikern gefällt werden (ich traue niemand von denen zu so eine Sache richtig entscheiden zu können!), gehe ich fest davon aus, daß sie im Zweifelsfall den einfachen Weg wählen: Abschiessen!

Man stelle sich vor der Fall tritt ein.
Schäuble ist noch im Amt.
Der Abschuss ist per Gesetz zu möglichen Option geworden.
Schäuble wird abschiessen lassen müssen. Was anderes bleibt ihm nicht.
Vielleicht ist er auch gerade dann einfach nicht erreichbar.
Re: Sicherheit für die WM
Antwort #83: Januar 04, 2007, 09:52:24
Zum Abschußproblem:
Ich sehe das Hauptproblem weniger da, ob man Menschenleben gegen Menschenleben aufwiegen kann, sondern darin, daß man das im konkreten Fall nur bedingt kann und Fehlentscheidungen vorkommen können. Die Todesstrafe wird ja auch deshalb abgelehnt, weil es zu Fehlurteilen kommen kann. Ähnlich ist es hier.

-Störung des Funkverkehrs der Rettungskräfte vor Ort (durch Funkfernsteuerung, Verbrennungsmotor)

Nein, die funken auf anderen Kanälen.

Zitat
- Beeinträchtigung des Flugraums für Rettungshubschrauber

Im Umkreis von vielen Kilometern?

Zitat
- Reduzierung von Falschmeldungen von Zivilisten, die die Modellflieger mit echten Flugzeugen verwechsen etc.

Naja...

Zitat
Natürlich kann man mit dem Verbot nicht vermeiden, daß ein Modellflugzeuganschlag versucht wird. Aber vielleicht erhöht sich mit den Flugverbotszonen die Chance, diese dann zu verhindern.

Nö, ein Anschlag mit einem Modellflugzeug muß direkt vor dem Stadion stattfinden. Keine Reaktionszeit.
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Was ist die Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn, Verstand ist stets bei wen´gen nur gewesen." -- Schiller

Florian

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Re: Sicherheit für die WM
Antwort #84: Januar 04, 2007, 13:21:47
Zum Abschußproblem:
Ich sehe das Hauptproblem weniger da, ob man Menschenleben gegen Menschenleben aufwiegen kann, sondern darin, daß man das im konkreten Fall nur bedingt kann und Fehlentscheidungen vorkommen können. Die Todesstrafe wird ja auch deshalb abgelehnt, weil es zu Fehlurteilen kommen kann. Ähnlich ist es hier.

Meinst Du mit "auch": "auch deswegen" oder im Sinne von "ebenso wie beim Flugzeug-Abschuss"?

Ich meine, das Risiko eines Fehlurteils ist sicher ein Faktor, aber darüber braucht man gar nicht diskutieren, da die Todesstrafe grundlegender ethischer Überlegungen wegen niemals statthaft sein kann. Leider ist es aber so, daß man zu dieser Argumentation immer wieder greifen muss, weil ein ethischer Grundkonsens zunehmend verloren geht. Man braucht sie ja nur mal die Umfragen anuschauen.
Doch damit begibt man sich aufs argumentatorische Glatteis, denn nun stellt sich doch die Frage, ob die Todesstrafe nicht doch akzeptabel wäre, wenn garantiert nur Schuldige getötet würden.
Ähnlich ist es bei diesem Abschuß-Szenario, und wie ich nun merke habe ich mich selbst auf dieses Glatteis begeben.

Es darf einfach kein Gesetz geben, daß die Tötung von Menschen legalisiert, ohne wenn und aber.
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Re: Sicherheit für die WM
Antwort #85: Januar 04, 2007, 13:32:41
Zum Abschußproblem:
Ich sehe das Hauptproblem weniger da, ob man Menschenleben gegen Menschenleben aufwiegen kann, sondern darin, daß man das im konkreten Fall nur bedingt kann und Fehlentscheidungen vorkommen können. Die Todesstrafe wird ja auch deshalb abgelehnt, weil es zu Fehlurteilen kommen kann. Ähnlich ist es hier.

Meinst Du mit "auch": "auch deswegen" oder im Sinne von "ebenso wie beim Flugzeug-Abschuss"?

"auch deswegen".
Also: ein Grund, aber nicht der einzige.
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Re: Sicherheit für die WM
Antwort #86: Januar 04, 2007, 20:04:42
Hm, ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen, daß Du darüber keine Vorstellung hast. :)
Ich habe schon eine Vorstellung der Menschenwürde. Aber die kann so im GG nicht gemeint sein. Ich würde mich z.B. in meiner Menschenwürde verletzt fühlen, wenn ich zu einer Gefängnisstrafe verurteilt würde. Oder ich habe mich in meiner Menschenwürde verletzt gefühlt, als man bei der Musterung nackt von einer Musterungskommission begutachtet wurde. Das kann aber alles nicht gemeint sein. Diese Menschenwürde kann nicht unantastbar sein. Was das GG unter der Menschenwürde genau versteht, die sie für absolut unantastbar erklärt, ist mir ehrlich nicht restlos klar. Das ist nicht rhetorisch, sondern ganz aufrichtig gemeint.

Zitat
Nun, die Wikipedia geht ja auch mehr oder minder ausführlich auf die Ursprünge des Begriffes und die Entwicklung des heutigen Menschenverständnissen ein.
Sie geht sehr wortreich und gleichzeitig sehr bedeutungsarm darauf ein oder eben nicht ein. Leider.

Zitat
Und die geht so: Ein Zug rast auf eine Menschengruppe von fünf Personen zu und wird sie ganz sicher erfassen da diese unmöglich ausweichen können. Nun gibt es kurz vor der Gruppe noch eine Weiche aufs Nebengleis. Auf dem steht ein Mann, der wahrscheinlich auch nicht ausweichen kann. Darüber ist eine Brücke. Ein dicker Mann beugt sich hinüber. Ein Passant könnte den Zug stoppen, wenn er ihn hinabstieße.

Tja, welch ein Dilemma. Die meisten Menschen sind der Meinung, der Zugfahrer solle das Nebengleis nehmen. Den dicken Mann schupfen dagegen nur die Wenigsten.
Es ist immerhin interessant, dass die Mehrheit eines der beiden Szenarios wählt, bei dem es am wenisten Opfer gibt und nicht jenes, bei dem überhaupt nicht eingegriffen wird. Und dass die Mehrheit das Eingreifen lieber auf einen anderen abschiebt und nicht selbst zum Mörder wird, ist nicht wirklich überraschend. Ich finde daher auch die Unterstellungen etwas frech, dass Schäuble und andere gerne so einen Abschussbefehl erteilen würden. Das kann ich mir nun beim besten Willen nicht vorstellen, dass jemand wirklich darauf aus ist, einen solchen Befehl zu erteilen.

Zitat
Bin mir auch nicht bewusst, ob Du (oder Herr Schäuble...) eigentlich ganz erfasst, daß man diese Argumentation endlos ausdehnen kann. Wie so oft beginnt es mit den Maßnahmen für den  diskutierten Extremfall die dann nach und nach eine neue Denkschiene populär machen (sollen?). Eine ähnliche Diskussion gab es ja in Deutschland schon, als man einem Kinderentführer Folter androhte, damit er verrät, wo das Kind versteckt ist.
Ja, das muss ich mal so stehen lassen. Im Folterfall war ich tatsächlich wohl der selben Meinung wie Du. Ich empfinde die beiden Fälle nicht gleich. Aber ich kann im Moment nicht definieren, weshalb und was genau ich anders empfinde.
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Re: Sicherheit für die WM
Antwort #87: Januar 05, 2007, 10:01:02
Zitat
Und die geht so: Ein Zug rast auf eine Menschengruppe von fünf Personen zu und wird sie ganz sicher erfassen da diese unmöglich ausweichen können. Nun gibt es kurz vor der Gruppe noch eine Weiche aufs Nebengleis. Auf dem steht ein Mann, der wahrscheinlich auch nicht ausweichen kann. Darüber ist eine Brücke. Ein dicker Mann beugt sich hinüber. Ein Passant könnte den Zug stoppen, wenn er ihn hinabstieße.

Tja, welch ein Dilemma. Die meisten Menschen sind der Meinung, der Zugfahrer solle das Nebengleis nehmen. Den dicken Mann schupfen dagegen nur die Wenigsten.
Es ist immerhin interessant, dass die Mehrheit eines der beiden Szenarios wählt, bei dem es am wenisten Opfer gibt und nicht jenes, bei dem überhaupt nicht eingegriffen wird.

Ja, allerdings ist das Beispiel eine stark konstruierte Situation, bei der man erheblich mehr sichere(!) Informationen hat als in der Realität.
Wenn man ein Flugzeug erst dann abschießt, wenn die Kollision mit einem Stadion unvermeidlich ist, dann hilft der Abschuß auch nicht mehr. Flugzeuge haben keine Schienen, anhand deren man die Flugbahn über tausende Kilometer vorhersagen kann.
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daveinitiv

Re: Sicherheit für die WM
Antwort #88: Januar 09, 2007, 16:10:37
Stur gestellt? Man hat sich doch vor allem (so habe ich mittlerweile herausgefunden) auf Paragraph 1 des Grundgesetzes berufen, "die Menschenwürde ist unantastbar"[…]

Also richtig ist, dass die Bundesverfassungsrichter die Rechtmäßigkeit des Luftsicherheitsgesetz auch in Hinblick auf Artikel I (;))und II GG geprüft haben. Was sie aber gar nicht (mehr) mussten.
Denn schon in den formellen Voraussetzungen war Schluss. Die Bundesregierung hatte angeführt, dass für das LuftsicherheitsG Art. 35 II und III GG einschlägig sein würden, sie also aus dem Artikel ihre Gesetzgebungskompetenz ableiten konnten. Und dies hat das BVerfG richtigerweise verneint. Denn in beiden Absätzen ist von Hilfestellung der Streitkräfte die Rede, also in der Form der materiellen, logistischen etc. Hilfe, nicht aber von militärischer Hilfe.
Und genau das hat das BVerfG herausgearbeitet.
Und somit ist das LuftsicherheitsG schon an den formellen Schranken gescheitert.
Trotzdem hat das BVerfG dann noch weitergeprüft (was nur in ganz seltenen Fällen vorkommt, weil die obige Begründung schon reicht). Und ist hier dann auf die Art. I, II GG gekommen, um auch noch mal inhaltlich die Unvereinbarkeit des Gesetzes aufzuzeigen.

Diese ganz scharfe Trennung von Polzei- und Ordnungsaufgaben auf der einen Seite, und die Streitkräfte auf der anderen Seite, ist ein Resultat aus der Erfahrung, die man aus den Entwicklungen des 3. Reichs gemacht hat. Das Stichwort GeStPo ist hier ja schon gefallen. Die Väter des GG woll(t)en auf jeden Fall verhindern, dass es noch einmal zu solch einer Durchmengung kommen kann. Und hier schaut Wolfgang "Kurzsichtig wie ein Maulwurf" Schäuble viel zu eindimensional. Aber ich erwarte von diesem Menschen eh nichts, deswegen wundert es mich auch nichts mehr.
« Letzte Änderung: Januar 09, 2007, 16:15:00 von daveinitiv »

daveinitiv

Re: Sicherheit für die WM
Antwort #89: Januar 13, 2007, 03:50:01
[…] Angst kriege ich dort, wo die Demokratie aufgeweicht wird. Und das diskutierte Urteil des Verfassungsgericht ist IMO ein kleiner Schritt in diese Richtung. Bzw. es provoziert weitere Schritte in diese Richtung. Weicht die Demokratie den Lösungen von aktuellen Problemen (zugegeben, das vorliegende Problem ist alles andere als akut - ich meiner hier das Prinzip) aus und verrennt sich stattdessen in Wunschoptionen, die so gar nicht bestehen, werden Anreize geschaffen, die Probleme weniger demokratisch zu lösen.

Wie ich ja in meinem vorherigen Post geschrieben habe, ist die Unvereinbarkeit des LuftSicherheitsG (LuftSiG) mit der Verfassung ja nicht an dem Artikel 1 GG gescheitert, sondern an Art. 35 Abs. II und III GG. Von daher kann ich deinen Einwand, dass die Demokratie aufgeweicht wird, nicht richtig nachvollziehen.

Tja, die Menschenwürde. Ja, sie und der damit begründete Einwand ist in gewisser Hinsicht natürlich sehr grundlegend. Aber halt auch etwas schwammig und willkürlich. Was genau ist unter der Menschenwürde zu verstehen? Was genau ist mit diesem seltsamen etwas gemeint, das gemäss Eurem GG absolut unantastbar ist? Jede Nation und gar jedes Individuum wird den Begriff leicht anders definieren und auffassen.

Das GG und auch das BVerfG haben da ganz genaue Vorstellungen. Der Mensch hat seine Würde aufgrund seines eigenen selbstbestimmten Verhaltens. Es ist das unveräußerliche Recht, dass jedem Individuum mit dem Erreichen eines lebensqualifizierenden Stadiums mitgegeben wird. Und bei einem Urteil des BVerfG lässt sich die Menschenwürde auch nur an den Definitionen des GG messen. Wie der/die Einzelne diese Menschenwürde mitunter sieht oder sehen möchte, spielt deswegen eine untergeordnete Rolle.

Stur ist es für mich deshalb, weil es hier ja um Situationen geht, in der letztlich viele Menschen in ihren Grundrechten (Recht auf Leben) und in ihrer Menschenwürde verletzt werden. Entsprechende Verletzungen können IMO nicht nur durch staatliches Handeln, sondern auch durch staatliche Unterlassungen geschehen. (Handelt der Staat, sterben Menschen. Handelt der Staat nicht, sterben noch mehr Menschen und es werden mehr Menschen in ihrer Menschenwürde verletzt.) Sich bei der Begründung seines Tuns (das Handeln und Nicht-Handeln umfassend) nur auf einen Teilaspekt zu stützen und damit das Recht auf die Menschenwürde nur jenen zuzugestehen, welche zuerst vom eigenen Tun betroffen wären und die anderen und die Gesamtsicht auszublenden, ist in meinen Augen Vogel-Strauss-Politik (bzw. Legislation). Überspitzter Formalismus hiesse der Vorwurf, wenn es um weniger wichtige Dinge wie Menschenleben und -würde ginge.

Und hier muss man den Schnitt zwischen der juristischen und der moralische-menschlich-wertenden Sichtweise machen.
Du siehst es aus der "normal-menschlichen" Sicht, die aus der Moral einfach eine wertende Position einnimmt. Und genau das darf bei der juristischen Betrachtung keine Rolle spielen.
Auch der Ansatz, dass in der Öffentlichkeit Leben gegen Leben aufgerechnet wird, ist falsch. Der Schutz der Menschenwürde geht soweit, dass der Staat selbst dann nicht einen Menschen zum "Subjekt staatlichen Handelns" machen kann, selbst wenn durch die Tötung dieses einen Menschen, die gesamte Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland gerettet werden könnte (andernfalls sie komplett sterben würde). Denn es bleibt immer noch der Eingriff, der durch die Verfassung nicht legitimiert werden kann.
In dem Beispiel Flugzeugentführung durch Terroristen, die das Flugzeug in ein Hochhaus (oder was auch immer) steuern, muss man sehen, dass es, solange diese Handlung durch die Terroristen geschieht, sich es sich um keinen speziellen Angriff auf die Menschenwürde handelt, denn Kriminalität und lebensbedrohliche Kriminalität sind Geißel einer jeden Gesellschaft.
Also wäre eine solche Mehrheitswillkür, wie sie Schäuble anstrebt, ein glatter Verfassungsbruch. Denn es geht in seinem Gedankenkonstrukt um die Aufrechnung Leben gegen Leben (und das bei einem promovierten Juristen  :-X :-[) und somit auch um den Handlungsfreiraum für eine staatliche Willkür.

Als kleines Gedankenexperiment:
Wie würde es denn aussehen, wenn Terroristen ein Flugzeug in ihre Gewalt bringen würden, dass auf ein Hochhaus in Frankfurt zusteuern würde, und in dem Bundeskanzlerin Merkel und Teile der Regierung, sowie Größen aus der Wirtschaft sitzen würden? Wäre Schäuble da auch so schnell mit einem Abschuss? Mit dem Gegenrechnen von Leben? Und was würde bei seiner Rechnerei herauskommen? Wohl kaum, dass dieses Flugzeug abgeschossen wird. Und damit hat man den Diskussionsendpunkt hierbei erreicht. Denn es würde reine Willkür werden, nach welchen Kriterien eine Maschine abgeschossen würde oder nicht abgeschossen würde.

Ich habe schon eine Vorstellung der Menschenwürde. Aber die kann so im GG nicht gemeint sein. Ich würde mich z.B. in meiner Menschenwürde verletzt fühlen, wenn ich zu einer Gefängnisstrafe verurteilt würde. Oder ich habe mich in meiner Menschenwürde verletzt gefühlt, als man bei der Musterung nackt von einer Musterungskommission begutachtet wurde. Das kann aber alles nicht gemeint sein. Diese Menschenwürde kann nicht unantastbar sein. Was das GG unter der Menschenwürde genau versteht, die sie für absolut unantastbar erklärt, ist mir ehrlich nicht restlos klar. Das ist nicht rhetorisch, sondern ganz aufrichtig gemeint.

Bei der Musterung kannst du mit der Begründung der Menschenwürde das nackt begutachtet Werden verneinen. Das nur als kleiner Einwurf (natürlich weiß ich, dass hier einfach mal Dinge gebeugt werden, das Militär ist ja hart und da muss man hart sein bla bla  >:().

Bei der Gefängnisstrafe bist du aber nicht bei der Menschenwürde, besser deinem Recht zum Schutz deiner Menschenwürde, sondern hierbei handelt sich um einen Eingriff, der in Deutschland in das Recht aus Artikel 2 Absatz II GG (Die Freiheit der Person ist unverletzlich) einschneidet. Aber weiter in Satz 3 steht: In dieses Recht darf nur aufgrund eines Gesetzes eingegriffen werden. Weiteres regelt dann der Artikel 104 GG.
Und wenn du eine straftatsrelevante Handlung begangen hast, dann hat der Staat das Recht aufgrund eines Gesetztes, dich hierfür zu sanktionieren. Das fällt garantiert nicht unter den Schutzbereich der Menschenwürde. Es würde die Menschenwürde berühren, wenn dir der Staat die Chance nehmen würde, jemals wieder aus der Haft oder Verwahrung entlassen zu werden.