a) Ich teile Macfliegers Beobachtung nicht. Vielmehr wird meiner Erinnerung nach zum ersten mal über Pro und Contra auch einer Minderheitsregierung gesprochen. Dadurch würde der Bundestag stark aufgewertet. Höchstwahrscheinlich wird es dazu nicht kommen, aber zu sagen es würde nur von 50+ gesprochen, trifft nicht zu.
b) In Deutschland gibt es keinen Fraktionszwang, daher spricht man von „Fraktionsdisziplin“.
Erstens muss die ja nicht zwangsweise dem Gewissen des Abgeordneten widersprechen. Vielmehr ist eine starke Kongruenz zum Parteiprogramm und den Beschlüssen des Vorstands/der Partei anzunehmen, sonst wäre er/sie ja nicht im Bundestag.
c) Wer es auf Parteiticket in den Bundestag schafft, hat in seinem Gewissenskatalog sicherlich auch die Werte Solidarität und Gehorsam.
Oder anders gesagt: Die Partei hat immer recht. Oder noch mal anders: Für viele Menschen ist das Folgen der Mehrheitsmeinung nach demokratischer Debatte kein größeres Problem.
Auch Stabilität und Ausgrenzen des politischen Gegners dürfte im moralischen Koordinatensystem verankert sein.
d) Wenn natürlich, wie seit Jahren der Trend, die Regierung massiv die Richtung vorgibt, und gerade bei riesigen Fragestellungen den Abgeordneten einfach ein paar hundert Seiten hinknallt, die bitte bis morgen Gesetz sein sollen, wird das problematisch. Dann grummelt es natürlich schon mal in der Fraktion, und mitunter gibt es sogar Rebellionen. Zuletzt aber nicht mehr.
Das muss sich ändern!
e) Es gibt höchstwahrscheinlich keine wirkliche Alternative, die der Realität standhält. Sonst hätte sich die ja wohl irgendwo entwickelt im Laufe der Jahrhunderte. Im altehrwürdigen UK-Parlament ist der Fraktionszwang sogar noch deutlich stärker und von üblen Methoden wird nicht zurückgeschreckt. Auch die letzten Schlagzeilen über Sex-Eskapaden und mitunter potentiellen -Straftaten geht ja wohl auf interne Portfolios eines Fraktionsvorsitzenden zurück, die in England Whip heißen, also Peitsche.
f) Ein funktionelles Parlament, Regierung, Parteien sind auch wichtig. Die Piraten haben es ja versucht, alles anders zu machen. Ofen aus. Wer hat das was davon?
g) was Jochen wohl meinte mit dem Glyphosat: Nach Absprachen hätte er sich enthalten müssen. Hat er nun sein Gewissen über Absprachen gestellt oder war sein Ohr für Lobbygruppen einfach ganz besonders empfänglich?
Es gibt schon viel Sinn hinter gewissen Mechanismen. Wenn jeder macht, was er will, ist das Chaos und Mißtrauen vorprogrammiert. Siehe auch Piraten und mitunter AfD.
h) Ja, man wählt keine Koalitionen, weiß aber, dass es welche geben wird. Außer vielleicht in Bayern.
Manche Wähler verhalten sich daher taktisch. Aber wie ginge es anders?
Wie auch immer, das wirklich große Problem in Deutschland, m.E. ist die fehlende Trennung von Legislative und Exekutive. Alle Minister und die Kanzler sind Abgeordneten. Das widerspricht diametral der Gewaltenteilung.
Man könnte natürlich das Grundgesetz ändern und den Parteien die Macht beschränken. Hielte ich aber ohne wirklich ausgefeilten Plan für Harakiri. Überhaupt ist die Krise der Parteien ja eh schon da und die Personalisierung wird immer stärker.