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Re: Medienkritik
Antwort #150: Dezember 26, 2018, 02:18:54
Warum hat es hier nicht funktioniert?

Weil es einfach so wunderschön in Bild (Stichwort: Framing) passte.
Re: Medienkritik
Antwort #151: Dezember 26, 2018, 07:08:16
Warum hat es hier nicht funktioniert?
Vielleicht unterscheidet sich die Öffentlichkeitsarbeit des Spiegels nicht von denen der Autokonzerne?
Produktion und Vertrieb agieren komplett eigenständig, gemeinsam haben sie nur, dass sie von der Geschäftsleitung unter Druck gesetzt werden, ihre Aufgaben immer billiger zu erbringen.

Ich war über diese Meldung nicht all zu sehr überrascht. Und jetzt glaube ich auch nicht an eine Ausnahme. Relotius hat doch letztlich nur geliefert, was bestellt bzw. was bezahlt wurde und das wird vermutlich auch in anderen Redaktion so sein und so weiter gehen.

Florian

  • Verderbliche Ware!
Re: Medienkritik
Antwort #152: Dezember 26, 2018, 17:52:11
Stimme zu. Faktisch korrekte Süddeutsche Zeitung
https://www.rationalgalerie.de/home/medien-konzern-verfolgt-blogger-strafrechtlich.html

Der SZ-Artikel war auch in meinen Augen komplett daneben. Habe damals auch eine Mail an den Verlag geschickt.

Das man die „Analyse“ dann aber mit Beleidigungen ein- und begleiten muss, sich dann auf Pressefreiheit beruft, ist geradezu typisch für diese Art der Auseinandersetzung. Beleidigung ist strafbar, auch wenn sie von Journalisten kommt.
Ob der Verlag deswegen klagen muss, weiß ich nicht, ich würde es wahrscheinlich nicht machen, weil es mir die Mühe nicht wert wäre. Komisch aber, dass Herr Gellermann bei dem Artikel zum Prozess über seinen eigenen Artikel (er nennt sich selbst übrigens fast immer “der Journalist Uli Gellermann“ anstatt einfach „ich“ oder “der Autor“) auf die eigentliche Streitfrage nicht eingeht. Oder vielmehr nicht komisch, sondern ebenfalls typisch.

Ergo: Man kann jeden Artikel jeder Zeitung kritisch zerfetzen.
Den Journalist als Arschloch beschimpfen darf man halt nicht. Diese Frage zum Kampf um Meinungsfreiheit aufzubauschen ist… typisch. Das Verfahren wurde ja anscheinend in zweiter Instanz eingestellt, weil der Beleidigte schon selbst klagen hätte müssen, aber aussagte, der Verlag habe ohne seine Kenntnis geklagt.



Mehrfach preisgekrönter Journalist gesteht erfundene Reportagen:
https://www.sueddeutsche.de/medien/claas-relotius-der-spiegel-faelschungen-1.4260105

Warte noch auf (frei zugängliche) Erkenntnisse.

Meinst Du damit die Spiegel-Paywall?

Hier wird eine „Story“ von Relotius über eine ländliche US-Kleinstadt zerpflückt:
https://medium.com/@micheleanderson/der-spiegel-journalist-messed-with-the-wrong-small-town-d92f3e0e01a7

Offensichtlich steht er in der Tradition von Karl May! :D

Wie konnte dem Spiegel und auch anderen (wieder mal das SZ-Magazin, wo man wahrscheinlich nicht ganz so streng ist mit der Überprüfung (ist halt nur ein Werbevehikel)). Tja, da wird man wohl auf den Prüfbericht warten müssen, ich denke es ist wie so oft eine Mischung aus Begeisterung für ja an sich klasse Geschichten (aber halt keine Reportagen!), Fahrlässigkeit und Schluderei unter Zeitdruck, wie er sich im Journalismus enorm gesteigert hat.

Relotius ist ganz sicher die Ausnahme, nicht die Regel, soviel Vertrauen habe ich schon noch. Das generell der gut recherchierte, ausführliche, überprüfte Reportage-Journalismus nur noch in Nischen stattfindet, liegt an den wenigen Leuten, die dafür auch bezahlen wollen.
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Florian

  • Verderbliche Ware!
Re: Medienkritik
Antwort #153: Januar 07, 2019, 23:25:33
Was mich z.Z. massiv nervt ist die nächste Story, die Trump alle Schuld zuweist.

Überall liest man, die Türkei bereite den Einmarsch vor, weil die USA ihre Truppen zurückziehen wollen. Die Türkei verlegte aber schon Monate vorher gefühlt die halbe Armee an die syrische Grenze, riss teilweise den Grenzzaun nieder und drohte fast täglich mit dem Einmarsch, der Vernichtung der „Terroristen“ usw.

Zweitens liest man immer, „die syrischen Kurden“ oder die YPG hätte Manbidsch aus Angst vor der Türkei und den verbündeten islamistischen Milizen dem Assad-Regime überlassen. Manbidsch wird aber nach wie vor von der MMC (Teil der SDF, an der die YPG maßgeblich beteiligt ist, aber eben nicht alleine) militärisch verwaltet. An der Eroberung der Stadt vom IS waren kurdische Milizen eher peripher beteiligt. Seit 2017 sind nur noch wenige YPG-Kämpfer vor Ort.
Wahr ist, dass einige Assad-Truppen im Gebiet um die Stadt Präsenz zeigen oder zeigten.
Die MMC hat schon 2017 Gebiete westlich der Stadt an die syrische Zentralregierung abgetreten. Das ist nun bisher höchstwahrscheinlich nicht der Fall.

Drittens sind nicht nur die Kurden in Nordsyrien gegen den türkischen Einmarsch, sondern praktisch alle Volksgruppen. Insbesondere die verbliebenen Christen flehen geradezu um Beistand (Beispiel: https://twitter.com/SyriacMFS/status/1080932234738176002) (Ja, ist Propaganda, trotzdem eine Sicht auf Dinge). Auch die Araber, bevölkerungsmäßig massiv in der Überzahl, wollen keinen Einmarsch, der sicherlich wie in Afrin mit massenhaften Bombardments vorangetrieben würde.

Ich sehe ja ein, dass man die Komplexität in kurzen Beiträgen oft nicht abbilden kann. Man sollte aber schon aufpassen, sie nicht komplett zu vergessen und so denen auf den Leim zu gehen, die aus der Simplifizierung ihren Vorteil ziehen.
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Re: Medienkritik
Antwort #154: Januar 08, 2019, 09:15:59
Was mir in den letzten Tagen mächtig auf die Nerven geht, ist der Umgang und die Berichterstattung zu dem "Datenskandal, der die Demokratie erschüttert".

Da werden ein paar tausend persönliche Daten gestohlen und veröffentlicht und sofort mehrere ganzseitige Berichte in den Tageszeitungen, lange Berichte im Fernsehen, aufgeregte Reaktionen der Politiker mit der Ankündigung von Gegenmaßnahmen, der Untergang der Demokratie wird beschworen, bei Zeugen finden Hausdurchsuchungen mit Beschlagnahmungen statt etc.

Ja, natürlich bin ich der Meinung, dass das eine Straftat ist und von Polizei und Justiz verfolgt werden muss. Das ist gar keine Frage. Aber die Verhältnismäßigkeit der Reaktionen ist nur noch krass, wenn man das mit den Reaktionen auf andere gestohlene und missbrauchte persönliche Daten vergleicht, die oft passieren. Und damit, dass die Politik indirekt solche zukünftigen Missbräuche fördert und fordert, in dem sie zentrale und damit leicht angreifbare Datensammlungen haben möchte oder sogar wie Frau Bär die Verringerung des Datenschutzes fordert.

Als in unserer Tageszeitung über diesen Fall mehrere ganze Seiten standen, war in der gleichen Ausgabe eine kleine Randnotiz, dass beim Marriot-Fall "doch weniger Datensätze betroffen waren". Nämlich nur "höchstens 383 Millionen Datensätze". Wo bleibt da die Aufregung? Oder bei den ganzen anderen Fällen?

Wenn ich böse wäre, würde ich das gleiche fragen, was sonst immer als Kommentar kommt: "Warum regen die sich so auf? Wer nichts zu verbergen hat, hat auch keine Probleme."
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Was ist die Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn, Verstand ist stets bei wen´gen nur gewesen." -- Schiller
Re: Medienkritik
Antwort #155: Januar 08, 2019, 12:44:22
Einige betroffene Politiker beginnen aber inzwischen öffentlich zu bekunden, dass es im Moment nur deswegen einen Trubel gibt, weil eben Promis betroffen sind und sie denken selbstverständlich schon an die Bürger... iss klar!
Und wenn ich ein Parteivorsitzender einer im Bundestag vertretenen Partei wäre, würde ich sicher keine privaten Liebesbriefe durchs Netz schießen. Das mache ich schon als Nicht-Promi nicht.

Ich würde gerne wissen, an welchen Promis sich der/die Hacker die Zähne ausgebissen haben.
Re: Medienkritik
Antwort #156: Januar 08, 2019, 14:15:55
Man muss sich halt im Klaren darüber sein, dass alles was am Netz hängt gestohlen werden kann.
Wie geht es denn Bürgern die am Grenzgebiet wohnen und dort öfters eingebrochen wird? Polizei is nicht, die dürfen sich schön selber um Diebstahlschutz kümmern.

Wird nicht lange dauern, da wird ein Politiker nach Totalüberwachung rufen.

Zum Glück werden Deutschlands Grenzen heute am Hindukusch verteidigt ...

Florian

  • Verderbliche Ware!
Re: Medienkritik
Antwort #157: Januar 08, 2019, 14:58:00
Man muss sich halt im Klaren darüber sein, dass alles was am Netz hängt gestohlen werden kann.

Eine Lösung wäre komplette End-to-End-Verschlüsselung aller nicht-öffentlich gestellten Daten. Aber da fordern ja schon viele Politiker Hintertüren für die Behörden, als wäre das nicht geradezu eine Einladung für Hacker.
Außerdem sollten die Leute mal überlegen, was man alles hochladen sollte und was nicht.

Der Missetäter im derzeit breit diskutierten Fall ist ja ermittelt… man hätte auch anonym bleiben können, aber das machen nur die Russen. ;)
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Re: Medienkritik
Antwort #158: Januar 08, 2019, 14:59:20
Man muss sich halt im Klaren darüber sein, dass alles was am Netz hängt gestohlen werden kann.

Nur den Politikern scheint das nicht klar zu sein, denn sie wollen für alle anderen genau das Gegenteil. Es werden immer größere und umfassendere Sammlungen gefordert. Und um das zu erreichen, soll der Datenschutz sogar noch gesenkt werden (siehe Frau Bär).
Da werden einfach die Scheuklappen aufgesetzt. "Lalalala, ich höre euch nicht..." Und wenn sie doch Stellung beziehen sollen, wird einfach darauf hingewiesen, dass so etwas ja verboten ist und die Einrichtung einer neuen "Cyber"behörde Plus/Ultra/Extreme oder so angeregt, die das verhindern soll. Was natürlich Unsinn ist.

Komisch, wenn ich mein Auto unverschlossen stehen lasse, dann kann ich Ärger bekommen, weil ich andere zu einer Straftat ermutige. Scheint mir bei diesen Datensammlungen ähnlich zu sein.
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Re: Medienkritik
Antwort #159: Januar 08, 2019, 15:37:40
wenn ich mein Auto unverschlossen stehen lasse, dann kann ich Ärger bekommen, weil ich andere zu einer Straftat ermutige.

???

Florian

  • Verderbliche Ware!
Re: Medienkritik
Antwort #160: Januar 08, 2019, 15:49:42
https://dejure.org/gesetze/StVO/14.html

Wenn's ganz blöd läuft, wird der Wagen abgeschleppt, dann wird es teuer. Generell dürfte das Risiko, dass der Wagen bzw. Inhalt gestohlen wird, um ein Mehrfaches höher sein.


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Re: Medienkritik
Antwort #161: Januar 08, 2019, 16:14:18
... aber das machen nur die Russen. ;)

Könnte man meinen. Ist aber nicht so. Der russische Hacker an sich ist stolz. Heißt, man findet im Source Code kyrillische Schrift und so was wie "lang lebe Putin".

Was aber nicht passiert, der Russe hat bisher noch nie seinen Ausweis verloren. Auch lässt sich ein Russe nicht so leicht töten. Die ziehen sich Nowitschok rein wie andere Schnupftabak ;)
Re: Medienkritik
Antwort #162: Februar 07, 2019, 02:22:07

Florian

  • Verderbliche Ware!
Re: Medienkritik
Antwort #163: Februar 08, 2019, 15:36:51
Der National Inquirer (https://en.wikipedia.org/wiki/National_Enquirer) ist eine üble Boulevard-Zeitung in den USA, die ungeniert einräumt, für Quellen zu bezahlen. Ihre Nähe zu Trump und v.a. auch zur saudischen Regierung sind unübersehbar. Das sie auch Prominente gefügig macht mit Erpressung, ist ein offenes Geheimnis.
Nun versuchten sie das mit Jeff Bezos, Gründer von Amazon. Dem gehört nämlich die legendäre Washington Post, und die versucht herauszufinden, wie der Inquirer an intime Photos von ihm und seiner Partnerin kamen. Wenn das nicht unterbliebe, würden sie diese Photos veröffentlichen… und fügten noch eine detaillierte Liste an.

Bezos lässt sich nicht erpressen und macht die Emails öffentlich:
https://medium.com/@jeffreypbezos/no-thank-you-mr-pecker-146e3922310f
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Re: Medienkritik
Antwort #164: Februar 09, 2019, 18:10:55
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Complete liberty of contradicting and disproving our opinion, is the very condition which justifies us in assuming its truth for purposes of action; and on no other terms can a being with human faculties have any rational assurance of being right. (John Stuart Mill - On Liberty)