Forum

Bonobo

  • Rätselkönig
  • Wurde geboren, lebe noch. Vielseitig interessiert.
Kiva.org - mit Mikrokrediten weltweit Armut bekämpfen
Juni 27, 2014, 16:00:28
Moin allerseits,

hier ist mal ein Empfehlungslink der anderen Sorte: http://www.kiva.org/invitedby/thomas1896

Hier kann man mit wenig Geld (Mikrokredit) weltweit helfen, Armut zu beenden. Die ersten 25 $, die man verleihen kann, gibt’s von Kiva geschenkt, wenn man einem Empfehlungslink folgt.

Also: Ich habe auch diese 25 $ »geschenkt« bekommen, die aber natürlich nicht ICH bekomme, sondern die ich verleihen kann. Wenn sie zurückgezahlt werden (an Kiva), kann ich sie wieder verleihen.

Ich bin über diesen Beitrag darauf gestoßen: https://plus.google.com/u/0/+MeiravMBerale/posts/hMYvTQQe3GN, wo Meirav B. erzählt, wie es ihr gefällt, eigene 25 $, die sie dort verliehen hat, immer wieder zu verleihen und damit Menschen zu helfen, einen Weg aus der Armut zu finden. Diese Aktion, die aufgrund einer größeren Spende möglich wurde, geht nur bis zum 30. Juni 2014.

Siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Kiva_(Organisation)

LG Tom
Re: Kiva.org - mit Mikrokrediten weltweit Armut bekämpfen
Antwort #1: Juni 27, 2014, 16:29:10
Yup, finde ich auch ein recht sinnvolle Sache. Mache da auch seit einigen Jahren mit.
_______
Complete liberty of contradicting and disproving our opinion, is the very condition which justifies us in assuming its truth for purposes of action; and on no other terms can a being with human faculties have any rational assurance of being right. (John Stuart Mill - On Liberty)

Florian

  • Verderbliche Ware!
Re: Kiva.org - mit Mikrokrediten weltweit Armut bekämpfen
Antwort #2: Juni 29, 2014, 15:46:16
Leider, leider: Ich war auch mal begeistert von diesen Mikrokrediten, bis mir so einiges bewusst wurde.

Kiva ist in diesem Metier sicher nicht der Bösewicht. Allerdings haben ihre 0%-Gelder an die Kreditgeber vor Ort natürlich die meisten anderen Kreditgeber aus dem Geschäft gedrängt - manchmal verdientermassen.

Ich glaube, die meisten Spender wissen nicht, dass die kleinen Kreditnehmer auch an Kiva-Partner immense Zinsen zahlen müssen. 30% und mehr sind in Entwicklungsländern normal, und man fragt sich schon, wie die Leute das je zurückzahlen sollen. Den Erfolgsgeschichten stehen leider auch viele überschuldete Haushalte gegenüber. In der Tat ist die Kritik an Mikrokrediten zunehmend gewachsen und auch fundierter geworden.

Man darf sich auch nicht von den angeblich so hohen Rückzahlungsquoten blenden lassen - gerade bei Kiva weiß man nicht, ob sie nicht der Vor-Ort-Partner ausgleicht, um besser dazustehen. Oder wie genau die kleine Leute sich die Zinsen zusammen sparen müssen.

Größter Kreditgeber, mit großem Abstand, ist übrigens die deutsche KfW.

Artikel zu den kritischen Seiten:
http://www.monde-diplomatique.de/pm/2013/09/13.mondeText.artikel,a0039.idx,8


Kiva selbst ist bis auf diverse nicht-kritische Punkte schon in Ordnung, und bemüht sich um Sinnhaftigkeit. Will auch keinen von irgendetwas abhalten.


SMF mag die Klammer im Link nicht, deshalb Wikikpedialink noch mal und eingepackt:
Kiva (Organisation)
Der englische Artikel ist wesentlich ausführlicher.


_______
Beitrag frei Haus geliefert. Frisch von der Apfelinsel.
Re: Kiva.org - mit Mikrokrediten weltweit Armut bekämpfen
Antwort #3: Juni 29, 2014, 16:58:08
Danke für die Hinweise und Links. Ich denke es ist durchaus wichtig, sein eigenes Verhalten immer wieder kritisch zu hinterfragen und zu schauen, was man damit anrichtet. Gerade auch mit gut gemeinter Hilfe.

Dass man von Kiva bzw. Mikrokrediten ganz generell keine Instant-Wunder erwarten kann, damit also nicht massenhaft Arme in Millionäre verwandelt werden, ist denke ich von Anfang an klar. Und dass auch da nicht überall alles sauber läuft und die ausgewiesenen Rückzahlungsquoten nicht immer den Tatsachen entsprechen, das befürchte ich genau so. In diesem Punkt kann ich die Kritik gut nachvollziehen.

In anderen (in meinen Augen ziemlich zentralen) Punkten widerspricht sich die Kritik dann aber doch in ziemlich entlarvender Weise selbst. Wenn ja der kritische Artikel in Le Monde diplomatique selbst zugeben muss, dass:
Zitat
Was sich bei den verschuldeten Haushalten hingegen nachweisen ließ, war ein Rückgang beim "Konsum von Genussmitteln wie Alkohol und Tabak sowie Restaurantbesuchen", eine Verringerung der Repräsentationsausgaben für Feste und eine deutliche Verstärkung der Arbeitsanstrengungen.
dann ist ist es schon etwas dreist, gleichzeitig zu behaupten, es gäbe keine Beweise für die Wirksamkeit von Mikrokrediten. Nun ja, es mag noch nicht der zweifelsfreie Beweis sein, aber es ist doch immerhin ein sehr starkes Indiz dafür, dass sie eben durchaus funktionieren. Und zwar genau so wie beabsichtigt.

Ohne den Armen nun den Konsum von Genussmitteln, Restaurantbesuche und rauschende Feste zu missgönnen, zeugt die Reduktion von Ausgaben für Dinge, die man sich eigentlich nicht leisten kann, bzw. die Steigerung von Arbeitsanstrengungen doch eben von einem gesteigerten ökonomischen Bewusstsein. Und genau das will man (zumindest ich) ja bezwecken. Natürlich ist ökonomisches Verständnis und Bewusstsein noch kein Garant dafür, der Armut zu entrinnen. Aber es ist absolut unerlässliche Voraussetzung dafür. Also nicht jeder mit ökonomischem Verständnis wird der Armut entrinnen. Aber jeder ohne ökonomisches Verständnis wird ihr garantiert nie entrinnen.

Der Artikel in Le Monde diplomatique bewirkt bei mir also eher das Gegenteil von dem, was er wohl möchte, und bekräftigt mich derzeit noch in meiner Einschätzung, dass derartige Hilfe viel nachhaltiger ist, als A-fonds-perdu-Spenden. Aber sicher, man wird das weiterhin kritisch im Auge behalten müssen.
_______
Complete liberty of contradicting and disproving our opinion, is the very condition which justifies us in assuming its truth for purposes of action; and on no other terms can a being with human faculties have any rational assurance of being right. (John Stuart Mill - On Liberty)
Re: Kiva.org - mit Mikrokrediten weltweit Armut bekämpfen
Antwort #4: Juli 11, 2014, 15:29:33
Ich spende schon länger via Kiva und finde das eine gute Sache. Die perfekte Version von Hilfe zur Selbsthilfe. Und eigentlich bekommt man sien Geld ja aauch immer wieder, so dass es gar nciht wirklich spenden ist. Kann ich auf jeden Fall sehr empfehlen. Ich mag auch die Website und finde sie sehr funktional.

Florian

  • Verderbliche Ware!
Re: Kiva.org - mit Mikrokrediten weltweit Armut bekämpfen
Antwort #5: Juli 17, 2014, 14:39:50

Zitat
In anderen (in meinen Augen ziemlich zentralen) Punkten widerspricht sich die Kritik dann aber doch in ziemlich entlarvender Weise selbst.

Das setzte ja voraus, dass es eine Agenda des Autoren gäbe. Dafür habe ich keine Anhaltspunkte. Überhaupt ist das ja nur ein Beispiel für einen Artikel.

Zitat
Wenn ja der kritische Artikel in Le Monde diplomatique selbst zugeben muss, dass:
Zitat
Was sich bei den verschuldeten Haushalten hingegen nachweisen ließ, war ein Rückgang beim "Konsum von Genussmitteln wie Alkohol und Tabak sowie Restaurantbesuchen", eine Verringerung der Repräsentationsausgaben für Feste und eine deutliche Verstärkung der Arbeitsanstrengungen.
dann ist ist es schon etwas dreist, gleichzeitig zu behaupten, es gäbe keine Beweise für die Wirksamkeit von Mikrokrediten. Nun ja, es mag noch nicht der zweifelsfreie Beweis sein, aber es ist doch immerhin ein sehr starkes Indiz dafür, dass sie eben durchaus funktionieren. Und zwar genau so wie beabsichtigt.

Ursprüngliche Absicht dahinter war die Armut zu verringern, indem man sie Selbstständigkeitsquote durch die Ermöglichung von Krediten und damit Investitionen steigert. Diese Zielsetzung hat man einkassiert, weil es nicht klappte, nun heißt es nur noch man wolle Kreditaufnahme ermöglichen.
Mit anderen Worten: Auch die Ärmsten sollen in die Zinsspirale eingebunden werden und Geld nach oben umverteilen.

Verhaltensänderungen werden so nicht thematisiert und das wäre auch etwas arg problematisch.

Im Artikel steht ja genau, was Du positiv findest:
Zitat
Fazit: Mikrokredite befreien die Armen zwar nicht aus der Armut, scheinen sie aber zu disziplinieren.

Ich kann aber nichts Gutes daran finden, wenn wegen enormer Zinsen die Leute weniger konsumieren können. Es ist ja nicht die Rede davon, dass das gesparte Geld in Investitionen fließt, sondern an die Kreditgeber. Auch die Kredite selbst fließen laut einer Studie, die in diesem Artikel zitiert werden, zu 90% in den Konsum. Und die Spirale kommt in Gang.

Ein Geschäft mit einem Kredit zu 30% Zinsen/anno oder mehr aufzubauen, dürfte auch höchst selten wirklich funktionieren.
_______
Beitrag frei Haus geliefert. Frisch von der Apfelinsel.