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Neues Geschäftsmodell
Dezember 15, 2013, 14:19:06
Miete eine Plakatwand.
Klebe Foto von nackten Menschen drauf.
Die nackten Menschen habe ich fotografiert.
Auf dem Plakat steht unten rechts der Hinweis, dass es verboten ist, sich das Foto anzuschauen.
Im Falle dass es jemand macht wird Geldstrafe angedroht.
Die Adresse derjenigen die drauf schauen wird man rausbekommen.
Derjenige der drauf schaute bekommt eine Abmahnung.

Muss doch Aussicht auf Erfolg haben, oder?

Jochen
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Wenn Du es eilig hast, gehe langsam.

Florian

  • Verderbliche Ware!
Re: Neues Geschäftsmodell
Antwort #1: Dezember 15, 2013, 16:29:36
Kannst es ja mal versuchen. :)

Tja, das Internet ist ja Neuland. Sagt die Kanzlerin und viele Richter stimmen zu.
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Bonobo

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Re: Neues Geschäftsmodell
Antwort #3: Dezember 16, 2013, 08:15:56
Jaja, die Redtube-Abmahnungen...

Momentan sind nur Telekom-Kunden betroffen. Die Kanzlei hat aber schon angekündigt, dass sie auch Kunden anderer Provider abmahnen wollen und ganz neu auch Kunden anderer Streamingportale.

Das ganze Vorgehen stinkt dermassen nach Betrug, Datenmißbrauch und kriminellem Vorgehen, dass ich denke, dass die diesmal den Bogen völlig überspannt haben und seitens der Gerichte doch mal ein Umdenken stattfindet.

Wir hatten die Diskussion ja schon einmal und ich hatte die Meinung vertreten, dass bei diesen Abmahnungen das Prinzip der Beweislast quasi umgedreht wird. In diesem Fall hat die Kanzlei beim LG Köln die Ermittlung der Anschlussinhaber mit einer völlig abstrusen Begründung eingereicht, dazu ein technisch völlig schmerzfreies Gutachten über eine angeblich verwendete Software und ist dann vom Gericht praktisch durchgewunken worden. Der gestellte Antrag war extra so formuliert, dass das Gericht über die Herkunft der Daten getäuscht wurde. Die Abmahnungen enthielten dann auch prompt völlig andere Anschuldigungen.

Fraglich war zunächst, wie die an die IP-Adressen gekommen sind und wer die Hintermänner sind. Es hat sich langsam herauskristallisiert, dass da alles ein großer Haufen von Komplizen am Werk war. Hersteller und Gutachter der Software sind eng verbunden, Firmengründungen, Begutachtungszeiträume etc. liegen eng beieinander, die betroffenen Filme lagen schon jahrelang auf dem Streamingportal und liegen da immer noch, das Portal enthält nach eigenen Angaben nur legale Filme und bietet eine einfache Möglichkeit illegale Filme entfernen zu lassen, was die Anwälte aber bis heute nicht gemacht haben, der Abruf dieser Filme steigt genau zu den Tagen, an denen die abgemahnten Abrufe stattgefunden haben sollen, extrem und gleichmäßig an...
Aber das beste: Die IP-Ermittlung geschah wohl durch eine automatische Umleitung, die von den Abmahner selber eingerichtet wurde.  Die Nutzer waren gar nicht willentlich auf redtubeEs gibt Seiten, die nur damit Geld verdienen, dass sie Nutzer auf andere Seiten führen. Dort wurde wohl von den Abmahnern gebucht, dass Nutzer ohne es zu wissen, von diesen Seiten auf retdupe ausschließlich mit den abgemahnten Filmen weitergeleitet wurden. retdupe hat dann redtube eingebunden. D.h. die haben eine Tippfehlerdomain erstellt, über die Leute automatisiert ganz bestimmte Inhalte von redtube gezeigt bekamen. Über diese Tippfehlerdomain können sie dann natürlich mitloggen, welche IP die URLs abgerufen haben. Aber nicht, ob die wirklich die Filme gesehen haben.

Ist schon ziemlich krass das ganze.

Mal ein paar Links dazu:

Porno-Abmahnungen: Indizienkette zur IP-Adressen-Ermittlung verdichtet sich

Streaming-Abmahnungen schrecken Internet-Nutzer auf
Porno-Streaming: Erste Details zur riesigen Redtube-Abmahnwelle
Abmahnungen wegen Redtube-Porno-Streaming: erste juristische Gegenwehr
Porno-Streaming: Redtube-Massenabmahner Urmann rechtfertigt Vorgehen
Porno-Streaming: Anwälte wollen Nutzer weiterer Portale abmahnen

Auch wenn die Indizien und die Hintergründe der Unternehmensverstrickungen (Briefkastenfirmen, verschleierte Firmenverbindungen, Zeitpunkte von Firmengründungen etc.) mehr als deutlich sind, wird es meiner Meinung nach vermutlich dazu kommen, dass die betroffene Kanzlei trotzdem da ziemlich unbeschadet raus kommt. Sie stellen sich ja jetzt schon auf den Standpunkt, dass sie die technischen Hintergründe angeblich nicht verstehen. Die werden sich darauf berufen, nach bestem Wissen gehandelt und dem Gutachten vertraut zu haben. Das hier alle Beteiligten zusammenhängen und miteinander das geplant haben, ist zwar offensichtlich und die Indizien zeigen das auch klar, aber vor Gericht würde der Nachweis eben nicht nicht wasserdicht zu führen sein. Diejenigen, die schon Geld überwiesen haben, dürften das nicht wiedersehen, denn das ging direkt in die Schweiz (auch sehr merkwürdig weil der Großteil der Zahlung eigentlich das Honorar der Kanzlei ist) und wird nicht wiederbekommen zu sein. Der einzige, der wirklich Ärger kriegen könnte, ist der "Gutachter", der sogar eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hat und in den letzten Tagen panisch alle seine Spuren im Netz löschte. Aber die eigentlichen Hintermänner wird es nicht erwischen.

Trotzdem könnte die Sache etwas positives ergeben: Die Gerichte könnten dadurch sensibilisiert worden sein und nicht mehr einfach Anträge ohne richtige Prüfung durchwinken. Naja, man wird doch noch hoffen dürfen, oder?
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Was ist die Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn, Verstand ist stets bei wen´gen nur gewesen." -- Schiller
Re: Neues Geschäftsmodell
Antwort #4: Dezember 16, 2013, 14:47:09
Und auf welchem Porno-Portal kann ich mich nun gefahrlos bewegen?

Und außerdem, gestern habe ich mir mal so ein kleines Homevideo auf einer diesen Plattformen angesehen.
Da sagt doch so ein junges, kaum bekleidetes Ding zu mir: „Es macht mich ganz scharf, wenn Du mir dabei zusiehst.“
Da hab ich das mal gemacht.
Kann ich dem Mädel jetzt auch 'ne Rechnung stellen? Schließlich habe ich ja etwas für sie, zu ihrem Vergnügen gemacht.
Re: Neues Geschäftsmodell
Antwort #5: Dezember 16, 2013, 15:05:25

a) Wo kein Kläger da kein Richter.
b) Unkenntnis schützt vor Strafe nicht.
c) Wenn man gegen ein Gesetz verstößt, muss das Gesetz doch bekannt sein.

Alles sehr verwirrend  ???
Eigentlich sollten doch die 10 Gebote mal langen  ;D

Jochen
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Re: Neues Geschäftsmodell
Antwort #6: Dezember 16, 2013, 15:21:28
Und auf welchem Porno-Portal kann ich mich nun gefahrlos bewegen?

Bin ja kein Anwalt, aber die momentan wohl relativ einmütige Meinung ist wohl, dass die Abmahnungen hier substanzlos sind.

Was ist nicht erlaubt:
Der Download von urheberrechtlich geschütztem Material aus offensichtlich illegaler Quelle.

Wie sieht es bei Redtube aus:
- Es findet kein Download, sondern ein Streaming statt. Laut EU-Recht ist aber das temporäre Speichern aus technischen Gründen (Buffer/Cache) erlaubt. Nur U+C behaupten dass Streaming dem Download gleich gesetzt ist. So ganz scheinen sie sich da auch nicht sicher zu sein, da sie in der Begründung bei Gericht nirgendwo Streaming schreiben, sondern immer nur Download.
- Pornos sind nicht immer urheberrechtlich geschützt, da sie oft nicht über genügend Schöpfungshöhe verfügen.
- Redtube ist keine offensichtlich illegale Quelle. Sie stellen nur private Clips dar, die von den Erstellern selber hochgeladen wurden, bzw. Werbeclips von Pornofilmen, die diese ebenfalls selber dort hochladen. Zudem bietet Redtube im Falle eines unrechtmäßig hochgeladenen Videos die Möglichkeit an, dieses zu melden und den Clip zu entfernen. Statt einfach den Clip entfernen zu lassen, haben U+C den Clip dort gelassen und lieber die Zuschauer abgemahnt.
- Ohne die Mithilfe von Redtube ist das Streaming von Videos auf diesen Seiten von niemandem einfach nachzuvollziehen. Die IP kann nur durch Trojaner, Hacken von Redtube oder wie in diesem Fall anscheinend geschehen der Weiterleitung und Umleitung über Fremdseiten. Durch diese automatisierten Weiterleitungen sollen einige mehrere Pornos gleichzeitig angesehen haben, was doch recht ungewöhnlich wäre. :)

Noch einmal klar: Die Leute haben anscheinend nicht selber auf redtube Videos geguckt, sondern deren Browser wurde ohne ihre Mitwirkung auf retdupe umgeleitet und von dort ohne Mitwirkung redtube aufgerufen. Im Extremfall kann man das mit einem 1 Pixel großem iframe auf jeder Website machen. Also meintewegen auch hier auf der Apfelinsel. Während Du hier liest, wird unsichtbar links neben dem Logo retdupe, dann dort redtube aufgerufen, Deine IP gespeichert und Du dann abgemahnt.

Die ganze Sache hat also nicht wirklich etwas mit absichtlichem "Bewegen auf Porno-Portalen" zu tun, sondern mit Betrug.

a) Wo kein Kläger da kein Richter.
b) Unkenntnis schützt vor Strafe nicht.
c) Wenn man gegen ein Gesetz verstößt, muss das Gesetz doch bekannt sein.

Der aktuelle Kenntnisstand ist eher, dass es gar keinen Gesetzesverstoss gab, jedenfalls nicht von den Abgemahnten. Eher Gesetzesverstösse von U+C und den anderen Beteiligten wegen Nötigung (unberechtigte Abmahnung ist Nötigung!), Betrug (absichtliches Umleiten von Browsern auf andere Webseiten um dann dort einen Gesetzesverstoss zu behaupten) und Verstoss gegen das Jugendschutzgesetz (schließlich haben die auf Porno-Seiten umgeleitet ohne eine Altersabfrage zu machen). Dazu dann noch falsche abweichende Angaben bei der Auskunftsanfrage beim LG Köln, wissentlich falsche eidesstattliche Erklärung des "Gutachters"...
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Florian

  • Verderbliche Ware!
Re: Neues Geschäftsmodell
Antwort #7: Dezember 16, 2013, 21:49:24
Unglaublich, dass die Kanzlei die Abmahnungen weiter betreiben und ausweiten will oder zumindest gestern noch wollte (Welt-Interview, von Heise zitiert, ist von gestern).

Nach den bisher bekannt gewordenen Machenschaften ist das mit angeblicher Unwissenheit nicht mehr zu rechtfertigen. Herr Urmann erklärte dazu, er sehe das temporäre Laden in den Arbeitsspeicher als Download und notfalls müsse das in fünf bis acht Jahren halt der Bundesgerichtshof klären.
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Porno-Streaming-Anwaelte-wollen-Nutzer-weiterer-Portale-abmahnen-2066086.html

Da denk ich mir halt meinen Teil.
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Florian

  • Verderbliche Ware!
Re: Neues Geschäftsmodell
Antwort #8: Dezember 17, 2013, 18:08:40
Schon interessante Verbindungen zeigen sich da, ich verlinke noch mal Heise zum Stand der Dinge:
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Abmahnungen-wegen-Porno-Streaming-Staatsanwaltschaft-und-Blogger-gegen-Redtube-Abmahner-2068086.html
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Re: Neues Geschäftsmodell
Antwort #9: Dezember 18, 2013, 10:15:14
Die ganzen Hintergrundinfos noch im Detail durchleuchtet gibt es auf dem Blog kowabit.

Aber ich fürchte halt, dass selbst bei diesen offensichtlichen Zusammenhängen U+C da problemlos rauskommen werden, da sie immer sagen können: "Haben wir nichts von gewusst." Und ein anderer gerichtsfester Nachweis ssehr schwierig bis unmöglich ist. Im besten Fall müssen die für bereits gezahlte Abmahnungen nachträglich haften, aber egal wie viel sie eingenommen haben (es ging nicht direkt an sie sondern in die Schweiz), sie werden dann nur mit max. 25.000 € haften und damit dann trotzdem einen satten Gewinn gemacht haben.
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Florian

  • Verderbliche Ware!
Re: Neues Geschäftsmodell
Antwort #10: Dezember 21, 2013, 15:03:16
redtube hat eine einstweilige Verfügung erwirkt, damit dürften vorerst keine neuen Abmahnungen rausgehen.
http://www.t-online.de/computer/internet/id_67124136/redtube-streaming-portal-erwirkt-einstweilige-verfuegung.html
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Re: Neues Geschäftsmodell
Antwort #11: Dezember 22, 2013, 10:06:39
Jetzt müssen schon Pornofirmen die Grundrechte deutscher Bürger beschützen.  ::)

Naja gut, die machen es nicht aus Datenschutzgründen, sondern um ihr Geschäft zu sichern. Aber der Effekt ist trotzdem lustig.
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Florian

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Re: Neues Geschäftsmodell
Antwort #12: Dezember 22, 2013, 16:07:20
Tja. Jedenfalls ist die Seite nun selbst unseren Müttern namentlich bekannt. :)
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Re: Neues Geschäftsmodell
Antwort #13: Januar 19, 2014, 09:55:37
Porno-Abmahnungen: Ominöses Software-Gutachten ist nun öffentlich

Das Gutachten sollte man sich mal durchlesen. Keine Angst, es ist nicht sehr lang und auch technisch für praktisch jeden verständlich.
Die schreiben einfach nur, dass die Software funktioniert. Aber wie wird mit keinem Wort erwähnt. Nur so nebenbei wieder der Satz "übliche Techniken".

Schon erschreckend mit was für einem wertlosen Papier hier Daten herausgegeben wurden.  :-X
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Re: Neues Geschäftsmodell
Antwort #14: Januar 19, 2014, 10:56:54
Gutachter bzw. Ersteller des "Gutachtens" ist Herr Dr. Frank Schorr.

"Herr Dr. Schorr benutzt und programmiert einen Web-Server zum Herunterladen von Patentdokumenten"

Na dann ;-)

Jochen
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