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Apple nimmt Wikileaks-App aus dem Store
Dezember 21, 2010, 15:02:53
Im Netz schlagen sich die Leute schon wieder die Köpfe ein und die Apple-Basher kommen aus ihren Löchern gekrochen.
Apple = Evil

Was ist passiert? Apple nahm ohne Kommentar eine Wikileaks-App aus dem Store. Diese App wurde von einem russischen Entwickler in den Store gestellt, welche die Inhalte der Webseite aufbereitete. Sie war also nicht von Wikileaks selbst und kostete 1,99$. Der Entwickler leitete pro Verkauf einen Dollar an Wikileaks weiter, 99 Cent waren für den Autor der App (Abzüglich der 30%, die sich Apple einverleibt)

Der wahre Grund für Apple könnte aber auch einen ganz banale Ursache haben: Apps die für wohltätige Zwecke gedacht sind oder zu Spenden aufrufen, dürfen laut den Regeln nichts kosten. (Siehe Screenshot)

Einige Artikel zum Thema:

Süddeutsche
Taz

« Letzte Änderung: Dezember 21, 2010, 15:21:09 von FOX »
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«Das Internet? Gibt's diesen Blödsinn immer noch?»  (Homer Simpson)
Re:Apple nimmt Wikileaks-App aus dem Store
Antwort #1: Dezember 21, 2010, 15:57:22
In den heutigen Printausgaben der hiesigen Medien regen sich diese darüber auf, dass Apple diese App im Store toleriert. Apple habe bisher zu den Anfragen der Presse keine Stellung genommen.  :)

Und jetzt haben sie sie offenbar entfernt? Und die Presse startet wieder durch?

So ganz einfach ist es an der Stelle von Apple wohl schon nicht immer. (Wobei man mit einer klareren Linie vielleicht weniger Probleme hätte.)
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Complete liberty of contradicting and disproving our opinion, is the very condition which justifies us in assuming its truth for purposes of action; and on no other terms can a being with human faculties have any rational assurance of being right. (John Stuart Mill - On Liberty)
Re:Apple nimmt Wikileaks-App aus dem Store
Antwort #2: Dezember 22, 2010, 12:31:46
Trudy Muller, an Apple spokeswoman, said the company had removed the app “because it violated our developer guidelines.” Ms. Muller added: “Apps must comply with all local laws and may not put an individual or group in harm’s way.”

Link zum Blog der NYT

Also, wie vermutet keine Verschwörung...
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«Das Internet? Gibt's diesen Blödsinn immer noch?»  (Homer Simpson)
Re:Apple nimmt Wikileaks-App aus dem Store
Antwort #3: Dezember 22, 2010, 12:58:16
Also, wie vermutet keine Verschwörung...

Glaubst Du Apple würde eine ander Begründung geben, wenn es eine Verschwörung wäre?
Re:Apple nimmt Wikileaks-App aus dem Store
Antwort #4: Dezember 22, 2010, 13:09:07
Natürlich nicht.

Vielmehr stört mich der zweite Absatz (and may not put an individual or group in harm’s way)

Das ist dann schon sehr heuchlerisch.

Apple ist halt auch nicht mehr das, was es mal war. Oder es war nie so, wie viele dachten. "Think different" ist auf jeden Fall schon lange gestorben. Manchmal hätte man halt gerne, dass diese Firma eben nicht -evil- wäre. Aber das Thema hatten wir ja schon öfter...
Die ganzen Vorschriften, Ablehnungen und Regeln erinnern mittlerweile eher an eine Diktatur als an ein aufgeschlossenes Unternehmen.
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«Das Internet? Gibt's diesen Blödsinn immer noch?»  (Homer Simpson)

Florian

  • Zurück in der Zukunft
Re:Apple nimmt Wikileaks-App aus dem Store
Antwort #5: Dezember 22, 2010, 13:46:00
Der Satz lässt in der Tat tief blicken, ist ja fast ein Eingeständnis.
Wie Visa, Paypal und co. wird hier boykottiert, ohne das es ein Verfahren gegen Wikileaks gäbe. Es ging also nicht um die Spendenklausel.

Klar, Apple kann in seinem Store machen, was sie wollen. Das Image als irgendwie andere Firma sind sie ja schon lange los - zumindest bei informierten Menschen. Aber man muss allmählich aufpassen, dass es sich nicht komplett wendet.
Mit dieser Zensurinstanz hat Apple sich keinen Gefallen getan.
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"If music be the food of love, play on."

                                         William Shakespeare
Re:Apple nimmt Wikileaks-App aus dem Store
Antwort #6: Dezember 22, 2010, 15:26:43
Also nun mal Butter bei de Fische: Als Wikileaks die Sache mit dem Hubschrauber publik machte, da war ich voll bei den Jungs. Inzwischen gebärdet sich der Mann allerdings so, dass er quasi jedem erstmal eins zwischen die Beine haut. Das lässt sich niemand wirklich gerne gefallen. Und wer dann glaubt, man kann das mit den Staaten etc machen, OHNE Konsequenzen, dem ist nicht mehr zu helfen. Die Veröffentlichung der "Einschätzungen" war zwar sehr unterhaltsam für viele, aber wirklich vorangebracht hat das nicht- im Gegenteil, es hat die Diplomatie unglaublich erschwert. Und machen wir uns nichts vor, auch die BRD hat solche Dossiers über andere Politiker und Diplomaten, wie JEDER andere Staat auch.

Wir alle haben in unserem Bekanntenkreis Menschen, die wir auf den Tod nicht ausstehen können. Vielleicht auch Kunden und was auch immer. Wenn wir das jemandem erzählen unter der vorgehaltenen Hand (bitte nicht weitererzählen), dann kann es auch da zu wirklich peinlichen Dingen kommen, wenn jemand nicht dicht hält. Das merkt man dann an der eigenen Haut, und sagt sich selber: nie mehr erzähle ich das weiter. So ist das menschliche Zusammensein eben. Wikileaks hat da mit einer Sache gebrochen, die man so nicht publik machen sollte. Es hat viele - wirklich viele Menschen im politischen Dienst bloßgestellt. Sowas macht man nicht, ohne die Konsequenzen tragen zu müssen.

Dass wir uns da nicht falsch verstehen: es war ABSOLUT in Ordnung die Sache mit dem Hubschrauber zu publizieren. Das ist ein Kriegsverbrechen. Auch viele andere Dinge sind absolut wichtig und in Ordnung. Aber das was sie da gemacht haben, ist eine offene Kriegserklärung an ALLE Staaten. Egal welchen. Das kann einfach nicht gut gehen.

Wenn die zum Beispiel was über die Russenmafia veröffentlichen würden - kein Mensch würde sich wundern, wenn die Herrschaften dann auf offener Straße erschossen würden, oder einfach verschwinden.

Ob Apple dabei ins selbe Horn stößt oder nicht: wahrscheinlich hat das State Department angerufen und mal eben fallengelassen, dass es gut wäre, den Scheiss verschwinden zu lassen. Vielleicht auch nicht. Es ist aber irgendwie in diesem Fall unerheblich, weil man sämtliche Infos auch von der Website bekommt, die ganz nebenbei bei FLIPBOARD immer noch accessible ist. Und das ist auch im Store.
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Florian

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Re:Apple nimmt Wikileaks-App aus dem Store
Antwort #7: Dezember 22, 2010, 16:08:49
Danke für den Beitrag.

Nun, ich sehe Wikileaks auch nicht uneingeschränkt positiv, habe ich auch schon geschrieben. Auch gefällt mir bei dieser App nicht, dass eine Spende zwar versprochen war, aber nicht nachvollziehbar gewesen wäre - mal davon abgesehen, dass hier Jemand mit Gratisinhalten Geld verdienen wollte.

Und natürlich wundert es wohl Niemanden, dass Wikileaks jetzt unter Beschuss steht.

Fakt ist aber, dass Wikileaks weder verboten ist noch das ein Verfahren gegen die Seite oder deren Macher (soweit es sich um Wikileaks selbst dreht) läuft, von Verurteilungen ganz zu schweigen. Man hat gar nichts.
Die US-Regierung versucht ja anscheinend, irgendeine Anklage zusammen zu zimmern, aber einfach scheint das nicht zu sein, sonst wäre sie längst da.

Also gibt es nach meinem Rechtsverständnis keinen Anlass Wikileaks oder die Wiedergeber seiner Inhalte zu boykottieren. Wie gesagt kann Apple in seinem Store zulassen, was es möchte. Die Begründung kann ich aber nicht nachvollziehen. Eine Gefährdung Anderer müsste auch erst mal bewiesen werden, auch wenn es solche Fälle wohl gibt, sind sie doch nicht mal Gegenstand irgendwelcher Ermittlungen.
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Re:Apple nimmt Wikileaks-App aus dem Store
Antwort #8: Dezember 22, 2010, 18:07:56
Dass wir uns da nicht falsch verstehen: es war ABSOLUT in Ordnung die Sache mit dem Hubschrauber zu publizieren. Das ist ein Kriegsverbrechen.

Sorry, aber das halte ich nun wirklich für Unsinn. Was genau soll daran ein Kriegsverbrechen gewesen sein?
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Re:Apple nimmt Wikileaks-App aus dem Store
Antwort #9: Dezember 22, 2010, 19:53:57
Dass wir uns da nicht falsch verstehen: es war ABSOLUT in Ordnung die Sache mit dem Hubschrauber zu publizieren. Das ist ein Kriegsverbrechen.

Sorry, aber das halte ich nun wirklich für Unsinn. Was genau soll daran ein Kriegsverbrechen gewesen sein?

Wenn Menschen, die offensichtlich unbewaffnete Zivilisten sind, mal eben vom Hubschrauber aus abgeknallt werden, was ist das denn dann sonst?
Re:Apple nimmt Wikileaks-App aus dem Store
Antwort #10: Dezember 22, 2010, 20:55:02
Unbewaffnet? Na ja, es ist schon ne Weile her. Aber ich glaube mich dann doch gut genug daran zu erinnern, bei mindestens einem der Typen, die da standen, ziemlich deutlich ein Waffe ausgemacht zu haben. Und dieser Typ ist, bevor der Hubschrauber nach langem hin und her dann doch feuerte, unübersehbar in Deckung gegangen und hat Anstalten gemacht, seine Waffe auch einzusetzen.
Ich habe, als ich den Film sah, dieses Grüppchen jedenfalls nicht im entferntesten als "offensichtlich unbewaffnete Zivilisten" eingestuft. Und für das Urteil darüber, ob der Hubschrauberbesatzung etwas vorgeworfen werden muss, und wenn ja, was, sollte man dann schon das heranziehen, was sich jener damals präsentierte. All die nachträglichen Informationen und die Möglichkeit, das Filmchen zigmal und in Zeitlupe und vor und rückwärts anzuschauen, die wir sesselpupsenden nachträglichen Urteiler nun haben, standen der Besatzung nicht zur Verfügung. Da finde ich eine ganze Reihe von hiesigen "Urteilen", die mit gemütlichen europäischen Ellen messen, doch schon ziemlich vermessen. Insbesondere jenes vom Kriegsverbrechen.
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Re:Apple nimmt Wikileaks-App aus dem Store
Antwort #11: Dezember 22, 2010, 21:00:58
Ich hoffe, du hast auch mal den Bordfunk des Helikopters mitgehört...  Wenn nicht, schau und HÖRE es dir bitte noch mal an.
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«Das Internet? Gibt's diesen Blödsinn immer noch?»  (Homer Simpson)
Re:Apple nimmt Wikileaks-App aus dem Store
Antwort #12: Dezember 22, 2010, 21:07:16
Den hatte ich auch gehört, ja. Was sollte mir dabei aufgefallen sein, was meine Meinung ändern müsste?
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Re:Apple nimmt Wikileaks-App aus dem Store
Antwort #13: Dezember 22, 2010, 22:19:15
"All right, hahaha, i hit 'em..." sehe ich nicht unbedingt als normalen Dialog an. Bei solchen Aussagen könnte man die Situation schon als wenig bedrohlich für die Heli-Besatzung ansehen. Aber gut, das mag jeder für sich interpretieren.
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«Das Internet? Gibt's diesen Blödsinn immer noch?»  (Homer Simpson)
Re:Apple nimmt Wikileaks-App aus dem Store
Antwort #14: Dezember 23, 2010, 07:35:05
Ja, mag in den Ohren von uns europäischen Stubenhockern despektierlich klingen. Aber ich denke, wir haben alle in unseren Jobs auch schon Äusserungen von uns gegeben, die für Aussenstehende despektierlich geklungen haben. (Nur haben wir das Glück, dass wir dabei nicht aufgenommen werden.)
Zu unseren Jobs gehört das Töten zum Glück nicht (hoffe ich jedenfalls  :)). Zu dem ihrigen gehört es aber nun mal. Und ich denke, ihr Job ist ganz allgemein wesentlich belastender, als unserer. Und Humor ist nunmal eine menschliche (und überaus taugliche) Form der Stressbewältigung. Auch in harmloseren Situationen. Und somit ganz sicher auch in solchen Stresssituationen.
Wie schon gesagt, in europäischen warmen Stuben lässt sichs gut urteilen. Auch reichlich unfair.  
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