Hallo Leute!
Ein recht streitbares Thema ist für den echten Geek der Einsatz des "besten" Systems, um sich selber und ggf. andere zu organisieren.
Viele nutzen Software wie OmniFocus, Things oder ThinkingRock etc... All diese Programme unterstützen mal mehr mal weniger das von David Allen beschriebene System "Getting Things Done". Mittels dieser Systematik soll der normalsterbliche Chaotiker seinen angeblich unübersichtlichen Haufen an Aufgaben, Terminen, Ideen und delegierte Tätigkeiten in den Griff bekommen.
Anfänglich, nachdem ich das Buch (und im Laufe der Zeit ein gutes Dutzend anderer ähnlicher Natur) gelesen hatte, fing ich fröhlich und frei an zu GTDen. Ach, und was soll ich sagen. Ich kam genau da an, wo bisweilen viele Enthusiasten sich die Gretchenfrage stellten: Mache ich was falsch? Bin ich zu blöde, nach einem einfachen und verständlichen System meine Aufgaben zu planen? - Nun, heute weiß ich: Nö, bin ich nicht. Nur fehlte mir, da man ja ein System zu bedienen hatte, der pragmatische Ansatz. Es ging ja darum, die Aufgaben so einzuteilen, dass sie irgendwie nicht mehr so erschlagend wirken, und eben nicht darum, ein System um des Systems Willen am Leben zu erhalten. Ich will ehrlich sein. Ich habe meinen Ansatz rund 20 Mal geändert. Bin neu gestartet, neue Listen, neue Software, neues Notizbuch, neuer Block, neuer Stift, neues Buch, neue Idee,..., alles neu eben. Immer wieder von vorne.
Was ich dabei vergaß: Die Aufgaben zu erledigen. Nein, nicht vergessen. Ich hatte meinen Berg ja ständig vor den Augen. So konnte ich in wohl kaum vergessen. Nur mit Unmengen an Alkoholika würde sich der Berg zeitweilig in ein rosa Daunenbett verwandeln. Zum Glück neige ich nicht zur Sinnesbetäubung mit liquiden oder anderen Stoffen. Meine Sinne waren schon sehr gut von den anstehenden Aufgaben betäubt. Also, was tun? Erstmal wurde ich krank. Seit Jahren hatte ich keine Grippe mehr. Aber gerade als mein Gehirn eine Auszeit benötigte, setzte mich der Virus klassisch matt. Und da hatte ich sie nun, die Zeit, um all dieses Getue um Listen und Prioritäten und dringlichen Wichtigkeiten zu überdenken.
Heute weiß ich, GTD ist für Leute, die sich mit Listen identifizieren. Das ist keinesfalls eine Herabwürdigung der Menschen, die sich eindringlich mit dem System beschäftigen und vortreffliche Ergebnisse erzielen. Es ist nur eine Feststellung meinerseits. Ich bin keine Liste. Ich bin ein Chaot, im netten Sinne, und werde einer bleiben. Eine Liste ist bei mir so flüchtig wie das gesprochene Wort bei Politikern. Ich bin impulsiv, ich bin gefühlsbetont, ich bin im Grund meines Herzens ein fauler Sack, der sich aber bemüht seiner Welt dies nicht zu zeigen. Was aber hilft dem faulen Sack, eine jederzeit zu bewältigende Anzahl von Aufgaben parat zu haben, ohne das Gefühl der absoluten Verlorenheit sein eigen zu nennen?
Er benötigt:
Dickes liniertes DIN A4 Notizbuch (nein, es muss kein Moleskine sein. Die sind teuer und teilweise schäbig verarbeitet), ein gutes Schreibwerkzeug, hin und wieder einen Computer, einen Internetzugang (hin und wieder), einen Account bei RememberTheMilk.com. Das war es auch schon.
Er macht damit folgendes:
Bei RTM wird eine Liste angelegt, in die einfach alle offenen Aufgaben eingetragen werden. Ohne Termin, ohne Prio, ohne Kontext. Einfach nur die Aufgabe rein, ggf. mit Notizen.
Am Anfang der Woche schreibt der faule Sack nun links oben in seinem Notizbuch die aktuelle Kalenderwoche hinein.
Dann nimmt er die Liste (die auch ausgedruckt vorliegen kann) und schaut sie sich an. Von hinten nach vorne. Wenn eine Aufgabe förmlich bettelt, sie würde gerne erledigt werden, schreibt er sie in das Notizbuch, in das er gerade die neue KW festgehalten hat. Die Aufgabe wird nun aus RTM gelöscht, bzw. auf erledigt gesetzt. Sie ist in dieser Liste nicht mehr nötig.
Das macht der faule Sack nun so lange, bis er eine ihm genehme Liste von Aufgaben zusammen hat, die er in einer Arbeitswoche erledigen kann. Achtung: Wir neigen zur Selbstüberschätzung! Weniger ist oft mehr!
Ist die Liste nun gefüllt, ziehe ich nun eine dicke Linie unter die Liste. Für diese KW kommt dort nichts mehr aus der aktuellen Liste hin! (Ja, es gibt Aufgaben, die müssen zwischendurch erledigt werden, weil der Chef es möchte. Die schreibe ich dann unter die Linie und versehe sie mit einem Sternchen.)
Schaffe ich eine Aufgabe nicht, übertrage ich sie in die nächste KW und markiere sie als rückständige Aufgabe. Wenn eine Aufgabe zweimal aufgeschoben wird, frage ich mich nach dem Sinn der Aufgabe und schmeiße sie ggf. komplett raus.
Das ist es in etwa, was ich mache um weiterhin ein fauler Sack zu sein, der nicht auffallen möchte. Ich möchte nicht von Produktivität reden, die ich in jedem Fall steigern muss. Alles Quatsch. Es gibt Aufgaben, die abgearbeitet werden und Aufgaben die halt liegen bleiben. Bei vielen Dinge ist der Zeitpunkt egal. Andere sind angeblich super dringend. Aber nur, weil andere das meinen.
Natürlich muss ich nebenher noch einen Terminkalender führen, für all die unnützen Meetings, an denen man teilnehmen muss / sollte.
Mehr mache ich nicht. Es ist eine Mischung aus Kanban, Autofokus und GTD, wenn man so will. Für mich ist es die Quintessenz aus meiner Erfahrung, die ich ganz alleine für mich gemacht habe. Für andere Menschen mit anderen Aufgaben und Aufnahmefähigkeiten, mag es ganz andere Vorgehensweisen gaben. Dies ist meine.
Bis zur nächsten Änderung. Viel Spaß, ihr faulen Säcke da draußen.