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Florian

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Re: Bankenkrise
Antwort #465: Juni 16, 2012, 15:12:54
Die Schuldner der Bank müssen mit Post vom Insolvenzverwalter der Bank rechnen. Erlassen wird da nichts.

Aber die richtige Analogie wäre eine Verbraucherinsolvenz, und ja, dann müss(t)en Deine/meine Gläubiger je nachdem auf große Werte verzichten. Kommt man mit den Gläubigern zu keiner Einigung, muss/kann/sollte man ein Verfahren eröffnen.
Sechs Jahre muss man den Schuldendienst bedienen, es bleibt einem aber auf jeden Fall ein gestaffelter Freibetrag (Pfändungsgrenze). Danach ist man schuldenfrei, egal wie viel da eigentlich noch zu Buche stünde. Pläne der Bundesregierung für eine Verkürzung auf drei Jahre wurden von der Justizministerin schon vorgestellt.

Das gibt es so seit 1999 und nach geringen Zahlen in den ersten Jahren kommt es zu solchen Insolvenzverfahren über hunderttausendmal im Jahr. Kommt die Verkürzung, wird das sicherlich noch steigen.

Da ist auch besonders prickelnd, wenn man gebürgt hat. Gerade Lebenspartner machen das ja mal gerne, am Ende ist man auseinander und zahlt für den/die insolvente(n) Ex, wenn nach sechs Jahren der Schuldendienst beenden wird. Da ist ja dann meistens noch ordentlich Restschuld vorhanden.
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Re: Bankenkrise
Antwort #466: Juni 16, 2012, 15:22:11
Äh, in eine Privatinsolvenz wollte ich nicht gehen. :)

Ich meine, wenn die Bank pleite ist, wer übernimmt dann laufende Darlehen? Ich meine, wer bekommt dann die normalen Raten/Tilgungen von mir? Und warum?
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Was ist die Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn, Verstand ist stets bei wen´gen nur gewesen." -- Schiller
Re: Bankenkrise
Antwort #467: Juni 16, 2012, 15:49:03
Ich schätze mal, der Insolvenzverwalter wird mehr wollen als nur weiterhin Deine Raten und Tilgungen. Der wird das gesamte noch ausstehende Darlehen zurück wollen. Wie weit da Insolvenzverwalter behilflich sind (sein können) beim Finden eines neuen Kreditgebers weiss ich aber auch nicht.
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Complete liberty of contradicting and disproving our opinion, is the very condition which justifies us in assuming its truth for purposes of action; and on no other terms can a being with human faculties have any rational assurance of being right. (John Stuart Mill - On Liberty)
Re: Bankenkrise
Antwort #468: Juni 16, 2012, 16:37:45
Wie der will mehr als meine Raten und Tilgung haben? Muss der sich  nichtan den Vertrag halten, den ich mit der Bank geschlossen habe?  :o
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Florian

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Re: Bankenkrise
Antwort #469: Juni 16, 2012, 17:04:22
Ich habe doch geschrieben, dass Du dann Post bekommst. Ich wusste nur nicht, worauf genau Du hinauswillst und habe den Rest drangehängt.

Warum sollten die Schulden verschwinden? Sie sind umgekehrt Vermögen für die Bank und verwertbar. Der Insolvenzverwalter muss sogar darauf zugreifen. Er kann den den Kredit auch  verkaufen, was wohl das wahrscheinlichste Szenario ist.

An den Vertrag muss er/der neue Gläubiger sich schon halten - es sei denn der Schuldner hat ihn gebrochen. Und jetzt wird's dann doch bisschen komplizierter. Hat man nämlich die Tilgung eingestellt, weil man nicht wusste, wohin überweisen -> Vertrag null und nichtig.

Wechselt der Kreditgeber, oder bestehen Unklarheiten, würde ich juristischen Rat einholen. Anscheinend kann man wenn alles unklar ist - oder gar die Schuldner streiten, wer nun das Geld bekommt - auch beim Amtsgericht die Raten hinterlegen, bis die Sache geklärt ist.

Keinesfalls einfach aufhören mit der Tilgung und das Beste hoffen! Vergessen wird man bestimmt nicht!
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Re: Bankenkrise
Antwort #470: Juni 16, 2012, 17:34:14
Muss der sich  nichtan den Vertrag halten, den ich mit der Bank geschlossen habe?  :o

Kaum. Der Partner, mit dem Du den Vertrag geschlossen hast, ist ja in Auflösung. Da hätte das Insolvenzverfahren ja keinen Sinn, wenn weiterhin alle Verträge bedient werden müssten.
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Florian

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Re: Bankenkrise
Antwort #471: Juni 16, 2012, 19:10:59
Das stimmt so m.W. nicht.
Der Vertrag läuft weiter, ein Stellen auf „Fällig“ ist nicht so einfach möglich. Der IV ist quasi temporärer Rechtsnachfolger.

Da es sich meist um jahrelange Verträge handelt, wird der IV den Kredit mit ziemlicher Sicherheit weiterverkaufen, etwa an eine andere Bank unter den Gläubigern oder irgendeinen Hedge Fonds. Darüber muss der Kreditnehmer informiert werden. Auch muss er vor Vertragsschluss über die Verkaufbarkeit aufgeklärt werden und man kann auch versuchen, diese auszuschließen.

Oder aber der IV kündigt mit sechsmonatiger Frist. Dann ist die Restschuld natürlich aufzubringen wie immer.
Anders sieht es natürlich bei notleidenden Krediten aus, deshalb eben unbedingt weiter tilgen. Sonst hat die Bank/IV/Heuschrecke Sonderkündigungsrecht.


In diesem Zusammenhang:

 Vor ein paar Jahren häuften sich Berichte nach diesem Muster, ganz ohne Bankenpleite: Bank hat meinen Kredit an US-Finanzinvestor XY verkauft, der meint er sei fällig und fordert die Gesamtsumme bzw. Grundsicherung (meist das Haus), muss ich mein Haus verkaufen?

Das lag an dem Missbrauch einer Gesetzeslücke. Diese wurde gestopft.
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Re: Bankenkrise
Antwort #472: Juni 17, 2012, 12:20:34
Werden die auf ihrer Eigenständigkeit beharrenden Völker überfordert, dann steht am Ende dieses Prozesses nicht mehr Integration, sondern Spaltung und Zerfall.

http://blog.tagesanzeiger.ch/nevermindthemarkets/index.php/8410/1931/
http://www.nzz.ch/meinung/kommentare/der-wahre-daseinszweck-der-union-1.17244222
Re: Bankenkrise
Antwort #473: Juni 17, 2012, 12:20:50
Offensichtlich halten schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme das System als eine Art "Strohfeuer" nur kurzfristig am Laufen - und genauso trifft es zu, dass Sparprogramme die betreffenden Länder in den sozioökonomischen Kollaps führen. Die einzige logische Schlussfolgerung, die aus diesen Fakten und der korrespondierenden Debatte zu ziehen ist, besteht in der Einsicht, dass der Kapitalismus offensichtlich ohne permanente Schuldenbildung nicht mehr funktionsfähig ist. Die Beteiligten auf beiden Seiten der Debatte – die deutschen Sparfanatiker wie die angelsächsischen Keynesianer - können nur deswegen nicht zu dieser Schlussfolgerung gelangen, weil sie die derzeitige Gesellschaftsordnung für ein Naturgesetz halten, das nicht hinterfragbar ist:
http://www.heise.de/tp/artikel/37/37100/1.html
Re: Bankenkrise
Antwort #474: Juni 17, 2012, 13:43:43
Die einzige logische Schlussfolgerung, die aus diesen Fakten und der korrespondierenden Debatte zu ziehen ist, besteht in der Einsicht, dass der Kapitalismus offensichtlich ohne permanente Schuldenbildung nicht mehr funktionsfähig ist.

Als ob es der Kapitalismus wäre, der die Gesellschaften dazu getrieben hat, über ihren Verhältnissen zu leben und hoffnungslose Staatsdefizite anzuhäufen. Und als ob es der Kapitalismus wäre, der nach schuldenfinanzierter Strukturerhaltung verlangt.
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Re: Bankenkrise
Antwort #475: Juni 17, 2012, 15:01:42
Das ist für mich eben schon die Frage. Ist die Krise ein Fehler innerhalb der aktuellen Wirtschafts- und GeldOrdnung, oder beschleunigen die Fehler ein in dieser Ordnung angelegtes Muster?
« Letzte Änderung: Juni 17, 2012, 17:12:03 von radneuerfinder »
Re: Bankenkrise
Antwort #476: Juni 17, 2012, 17:08:22
Ist die Krise ein Fehler innerhalb der aktuellen Wirtschafts- und GeldOrdnung,

Ich denke, in gewissem Sinne schon, ja. Krisen sind IMO immer Auswüchse von Fehlentwicklungen. Und da es die perfekte Volkswirtschaftsordnung nicht geben kann, sind Krisen letztlich auch unvermeidlich. Und eben auch nicht nur schlecht. Sondern notwendiger Antrieb zur Veränderung und Verbesserung der Ordnung. Aber heute muss man wohl eher sagen: sie wären es oder sollten es sein.

Dazu müsste man sie aber endlich zulassen. Seit Jahren ist von einer Krise die Rede, die aber leider noch nicht stattgefunden hat. Seit Jahren schiebt man deren Eintreten hinaus, weil (fast) niemand die notwendigen Veränderungen und Verbesserungen der Ordnung mögen würde. Wegzaubern kann man sie IMO aber nicht. Sie wird unweigerlich kommen. Und je länger man sie hinaus zögert, um so mehr Korrekturbedarf hat sich angehäuft und umso weniger werden wir alle die notwendigen Korrekturen mögen. 

Für einen Entscheid zwischen Keynesianer und "Sparfanatiker" (die ich allerdings nirgendwo wirklich sehen kann, auch wenn Deutschland dieses Attribut gerne verliehen wird) ist es viel zu spät. Keynes trat für einen azyklisch agierenden Staat ein, nicht für unbeschränkt ausufernde Staatsausgaben. Bei Hochkonjunktur einen eng geschnallten Gürtel. Und ein Verlegen von zyklischen Staatsausgaben und damit eine Erhöhung von Staatsausgaben in Zeiten von Wirtschaftskrisen, um so diese unvermeidlichen Phänomene etwas abzuschwächen. Aber Europa hat während der Hochkonjunktur alles andere getan, als Keynes gehuldigt. Es jetzt plötzlich zu tun, ist im Prinzip das Gegenteil von dem, was Keynes eigentlich predigte.
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Re: Bankenkrise
Antwort #477: Juni 17, 2012, 17:16:59
da es die perfekte Volkswirtschaftsordnung nicht geben kann, sind Krisen letztlich auch unvermeidlich

schade

Florian

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Re: Bankenkrise
Antwort #478: Juni 17, 2012, 18:39:21
Es wurden ja auch im Kapitalismus schon Etat-Überschüsse erwirtschaftet. Unsereins kennt es nur nicht mehr anders, als das immer mehr Schulden aufgehäuft werden.

Natürlich hat Jeder seine eigene Meinung, warum es diese Schulden gibt. Zu wenig Steuern oder einen zu gefrässigen Staat etc.

Nach meiner Logik steht der Zinseszins auch nicht zwingend in Verbindung mit dem Kapitalismus. Wobei der vielerorts geforderte Negativzins hierzulande ja gerade (mal wieder) stattfindet. Das dürfte tendenziell noch zunehmen durch steigende Inflation.

Die soziale Marktwirtschaft war m.E. ein guter Kompromiss und auch gut nachzujustieren.
Leider haben wir sie aufgegeben.
Erst uferten die Staatsausgaben aus (Staatsquoten von über 50% weisen dann doch eher auf Sozialismus hin, oder?), dann ließ man das Großkapital Befehle erteilen. „Was uns nützt, ist für alle gut!“.
Das da was nicht stimmen kann, sollte jedem halbwegs intelligenten Menschen eigentlich auffallen. Genauso, dass die Aufnahme von Griechenland in die Währungsreform durch nichts zu rechtfertigen ist. Man winkte es durch aus Großmannssucht und dem typischen Politikerreflex: „Ausbaden müssen es dann eh andere.“.

Natürlich generalisiere ich hier. Aber diese ganzen Revolutionen, die wir angeblich brauchen, sind doch Pfeifenträume.
Weder kommen die Vereinigten Staaten von Europa noch kommt irgendeine total neue Wirtschaftsordnung. Es ist ein langer, harter Kampf.

warlord: Die Krise ist schon da, ist man z.B. Grieche oder Ire.


Und die Wahl in Griechenland? Laut Prognose wieder keine klare Mehrheit:
http://www.tagesschau.de/ausland/griechenlandwahl132.html

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Florian

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Re: Bankenkrise
Antwort #479: Juni 26, 2012, 23:18:03
Finanzministerium errechnet bisherige Bürgschaften mit 320 Mrd. Euro.
Target2, und die Anteile am Risiko der immer mehr zur Bad Bank werdenden EZB nicht mitgerechnet - da kommen ja manche schon auf eine Billion. Eben wurde die Qualität der nötigen Sicherheiten für EZB-Kredite wieder einmal gesenkt auf Schrottniveau. Aber ein Ausstieg wäre noch viel teurer - sagt das Ministerium.

Dann gibt es jetzt noch das neueste Papier als Diskussionsvorschlag für den nächsten Gipfel. Klare Tendenz: Mehr Vergemeinschaftung der Schulden.

Merkel meckert zwar mit dem schön missverständlichen O-Ton:
Zitat
es werde keine gesamtschuldnerische Haftung innerhalb der Europäischen Union gebe, „solange sie lebe“.
Gesamtschuldnerisch kann man so oder so verstehen. Das ist ein schönes Schlupfloch.

Das geht jetzt wohl so lange, bis die „Märkte“ auch Deutschland kein Geld mehr leihen. Und dann? Kommen die nächsten leider alternativlosen Notreformen.
Nur mal zur Erinnerung: Wir haben auch selbst massive Probleme. Ganz ohne „noch eine Vereinigung“.

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