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Florian

  • Verderbliche Ware!
Re: Bankenkrise
Antwort #555: März 27, 2013, 14:23:21
Ja, nun. :)

Ich finde das alles sehr verwirrend. Was konkret ist jetzt besser als vorher?
Klar, die Kleinsparer hätte man nie belangen sollen! Aber davon abgesehen, verlieren die über 100 000er jetzt „bis zu“ 40% statt 9,9%. Na danke.
Dijsselbloem hat ja schön gesagt, man könne das als Muster sehen, um das gleich wieder zu dementieren.
Tatsächlich denke ich, dass es ohne eine Sonderabgabe oder höhere Besteuerung der großen Vermögen nicht mehr geht, so unsympathisch der Gedanke mit auch ist, weil es ja eh nur wieder den Mittelstand und -schicht trifft.

Tja, und die Laiki wird abgewickelt, mit Massenentlassungen, und die Schrottpapiere landen beim Staat, ähnlich wie hierzulande bei der HRE - die ja fast ohne öffentliche Aufmerksamkeit Milliarden vor sich hin verschlingt.

Das ist wohl überhaupt der Zauberweg. Schattenbanken und Schattenrettung. Dann merkt keiner mehr, dass er eigentlich nur noch für die Superreichen arbeitet.


Edit: Aus der Reihe „Ach, nee?":
„Anleger in Zypern sollen vor der Bankenschließung möglicherweise im großen Stil Geld abgezogen haben.“
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/zypern-unmengen-von-geld-womoeglich-einfach-weg-1.1634449
« Letzte Änderung: März 27, 2013, 14:26:33 von Florian »
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Re: Bankenkrise
Antwort #556: März 29, 2013, 13:57:06
Endlich habe ich mal wieder einen Vorschlag, nicht zur kurzatmigen Rettung, sondern zur nachhaltigen Sanierung der Finanzmisere gefunden:
http://www.handelsblatt.com/politik/oekonomie/nachrichten/essay-es-werde-geld-es-werde-krise/v_detail_tab_print/3205596.html


(Nicht nur) nach meiner Beobachtung dauert es eine Generation bis sich eine neue Idee durchsetzt. Allerdings muss die Idee dafür erst einmal bekannt sein. Zum Beispiel so bekannt, daß sie von den Gegnern ernst genug genommen wird um sie zu bekämpfen.
  Also Ideen her! Hallo Exekutive, Legislative! Hallo Parteien! Und noch mal expliziter: Hallo Opposition! Hallo Wirtschaft! Hallo Wissenschaft! Halo Bürger! Hallo wir selbst! Hallo Idee!

Hallo? Ist da wer?


Schöne Ostern!
Re: Bankenkrise
Antwort #557: März 29, 2013, 14:15:31
In früheren Zeiten durften nur gewisse Personen Geld verleihen und Zinsen nehmen.
Sehr oft finanzierten sie den Adel und reiche Leute.
Dann gab's ab und an irgendein Dekret des Königs bzgl. Schuldenerlass und man schaute in die Röhre.  ;D  ;D  ;D

Jochen
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Wenn Du es eilig hast, gehe langsam.
Re: Bankenkrise
Antwort #558: März 29, 2013, 17:52:09
(Nicht nur) nach meiner Beobachtung dauert es eine Generation bis sich eine neue Idee durchsetzt. Allerdings muss die Idee dafür erst einmal bekannt sein. Zum Beispiel so bekannt, daß sie von den Gegnern ernst genug genommen wird um sie zu bekämpfen.
  Also Ideen her! Hallo Exekutive, Legislative! Hallo Parteien! Und noch mal expliziter: Hallo Opposition! Hallo Wirtschaft! Hallo Wissenschaft! Halo Bürger! Hallo wir selbst! Hallo Idee!

Ideen zur Lösung spezifischer Probleme gibt es durchaus. Und es gibt sie eigentlich schon seit ewig. Die Naturgesetze haben sich noch nie geändert. So auch die möglichen Lösungen nicht.

Das Problem ist meinen Augen weniger, dass es keine Ideen gäbe. Sondern eher, dass man gar nicht weiss oder sich nicht einigen kann, was man eigentlich will - bzw. dass man alles will, jetzt, und für alle, gleichzeitig und überhaupt. Man will lauter Widersprüche. Man will eine freie Gesellschaft. Gleichzeitig aber auch eine gerechte Gesellschaft. Man will, dass "Verantwortliche" Ihre Verantwortung tragen und für eingegangene Risiken selbst haften.  Allerdings soll das immer nur für Gruppen gelten, denen man selbst nicht angehört. Für Risiken, die man selbst eingegangen ist und für Schlamassel, die man selbst angerichtet hat, sollen bitte andere (je nach Standpunkt die Allgemeinheit, der Staat, die Reichen, "die da oben"...) gerade stehen.

Was es endlich wieder mehr bräuchte sind nicht "grosse Ideen". Es bräuchte endlich wieder mehr Selbstverantwortung. Und etwas Demut. In allen Schichten und auf allen Stufen. Einfach überall wieder mehr die Fähigkeit, sich eingestehen zu können, dass das eigene Vorgehen und die eigenen Taten vielleicht nicht die schlausten waren, die Konsequenzen tragen, etwas daraus lernen und es das nächste Mal besser machen. Und nicht ständig jemanden suchen, der daran schuld sein könnte. Einfach jeder in seinem Bereich. Sei dieser Bereich nun bescheiden oder sei er gross. Die Naturgesetze sind für alle die gleichen. Insofern ist die Welt schon gerecht. Und gerechter als die, kriegt es die Menschheit nicht hin. Mit keinen noch so "grossen Ideen".
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Complete liberty of contradicting and disproving our opinion, is the very condition which justifies us in assuming its truth for purposes of action; and on no other terms can a being with human faculties have any rational assurance of being right. (John Stuart Mill - On Liberty)
Re: Bankenkrise
Antwort #559: März 29, 2013, 23:41:21
Die Gesetzmäßigkeiten nach denen Geld auf die Welt kommt und sich verteilt sind zu 100 % vom Menschen gemacht. Insofern kann ich mit dem Verweis auf die Naturgesetze nix anfangen, da ich ihn nicht verstehe.
Re: Bankenkrise
Antwort #560: März 30, 2013, 08:34:51
Ja, die Menschheit hat das System des Geldes immer weiter von den Naturgesetzen entfernt. Das stimmt schon. Ursprünglich ja einfach als Einheit geschaffen, welche den Tausch realer Werte vereinfacht, ist es im Verlaufe der Zeit immer stärker mit "politischen" (vermeintlich Gerechtigkeit stiftenden) Aufgaben aufgeladen, immer stärker reguliert und dabei immer mehr von den realen Werten und damit auch den Naturgesetzen entfernt worden. Und auf diesem Weg schreitet man noch immer munter voran. Eben gerade weil niemand (Gross wie Klein) für die eigenen Fehler gerade stehen will und alle erwarten, dass das "System" die Fehler ausbügeln soll.

Aber eben, die Natur des Menschen, also die Naturgesetze, ändert man damit nicht. Und je stärker man die ignoriert und je weiter man sich mit dem System des Geldes davon entfernt, umso fragiler wird dieses System. An mehr Selbstverantwortung führt letztlich kein Weg vorbei. Wir könnten dahin den angenehmeren Weg der Vernunft nehmen und sanft den Level der Selbstverantwortlichkeit wieder erhöhen. (Danach schaut es leider noch überhaupt nicht aus.) Oder wir regulieren munter weiter und weiter bis zu dem Punkt, an dem das System, das sich zu weit von den Naturgesetzen entfernt hat, zusammenbricht und wir mit einem Knall wieder bei den realen Werten und der Selbstverantwortung landen. Der Knall, wie auch immer er genau aussehen wird, dürfte unangenehm sein. Die Selbstverantwortung an sich ist aber nicht. Davor müsste man IMO keine so grosse Angst haben, wie man sie heute hat.
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Florian

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Re: Bankenkrise
Antwort #561: März 30, 2013, 14:25:09
Die „Natur des Menschen“ ist aber eben nicht genau bestimmbar. Sie ist veränderlich und setzt sich aus inneren und äußeren Einflüssen zusammen. Und der aktuelle Forschungsstand widerlegt z.B. die jahrelang vorgebrachte These des homo oeconomicus.

Was natürlich nicht verwundert, ist, wenn Menschen von den Möglichkeiten, die man ihnen gibt, auch Gebrauch machen. Gebe ich als jemanden eine Gelddruckmaschine, brauche ich mich nicht wundern und hinterher jammern, dass sie ausgenutzt wurde und das gesamte System erschüttert.

In Deutschland beispielsweise wurden seit den 90ern Stück für Stück fast alle alten Bankenregeln abgeschafft.
Ging es den (West)Deutschen vor 1990, ohne Zertifikate, schlechter? Ist es nicht vielmehr so, dass man sich durch exzessive Verschuldung seit den 70ern und verschärft durch die schlecht umgesetzte Wiedervereinigung erpressbar machte und den Bankern nach der Nase tanzte?

All das, ohne das einen öffentlichen Aufschrei gab. Dann gab man auch noch die eigene Währung her - an sich ja kein grundsätzliches Problem, nur wieder wurde es schlampig umgesetzt und die selbst gesetzten Regeln nicht beachtet.
Wären die Maastrich-Kriterien umgesetzt worden, wie beschlossen, wären viele Länder gar nicht reingekommen. Selbst Frankreich und auch Deutschland haben nie alle drei Kriterien erfüllt!

An der jetzigen Situation war nichts zwangsläufig, großteils hat man aktiv Risiken verneint und oft unwissend oder gar gegen besseres Wissen entschieden.
Ja, auch das ist menschlich. Aber kein Naturgesetz.

Deinen Ausführungen zu Demut und Selbstverantwortung kann ich nur zustimmen. Nur wird man m.E. nicht darum herumkommen, den Marktteilnehmern den Spielraum für exzessives Risiko mit Regeln zu verkleinern.

Und diese Regeln sollen ja sanft verschärft werden. Das dabei wieder bürokratische Regulierungswut wird, ja… das könnte ein unumstößliches Naturgesetz sein. ;)

Was ich sehr interessant finde: Ja, man reguliert etwas die Banken, um das Risiko für die Volkswirtschaften abzumildern - ob wirkungsvoll, wage ich zu bezweifeln.
Aber bei den Schattenbanken etc. macht man nicht mal das. Sie können ohne Regeln machen, was sie wollen. Je mehr man die offiziellen Banken regelt, desto mehr Geld wird in diese Kanäle fließen. 
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Re: Bankenkrise
Antwort #562: April 04, 2013, 13:45:37
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Florian

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Re: Bankenkrise
Antwort #564: April 04, 2013, 23:44:21
Kennt das jemand ?

Ja, die Katze ist schon länger aus dem Sack. Der Euro-Zentralbanker aus Holland sprang damit seinem Finanzminister  Dijsselbloem bei, der ja unmittelbar nach der „Zypern-Rettung“ das auch so gesagt hatte - um die Äußerung nach einem Riesenaufschrei wieder zurück zu nehmen - wenn das nur ginge!
Schon blöd, wenn die Wahrheit mal so aus Versehen ausgesprochen wird.

Tatsächlich finde ich aber kaum was in den großen deutschen Medien und Knot hat das so gesagt - vielleicht hat das keinen „Neuigkeitswert“ mehr, weil die EZB eh nach Pfeife der Politik tanzt?
Das die International Business Times einen Republikaner zitiert, ist ja mal interessant. Sind die unwissend über deren Hintergrund und Status als Splitter-von-einer-Splitterpartei, oder wollte man unbedingt ein Zitat und kein anderer hat sich geäußert? Nicht mal von der AfD, der Linken oder den Freien Wählern?

Wie auch immer, reuters hatte es gemeldet.
http://www.reuters.com/article/2013/03/29/us-eurozone-cyprus-ecb-knot-idUSBRE92S05P20130329


Allerdings sei gesagt: Es geht es da nicht um eine generelle Vermögensabgabe (wie sie mittlerweile 3½ von 5 im Bundestag vertretene Parteien auf die eine oder andere Weise anstreben), sondern um die Einlagen von Kunden in einer Pleitebank zur Rettung bzw. einfacheren Abwicklung eben dieser.

Ich finde schon, man sollte sich genau informieren, welcher Bank man wie viel Geld anvertraut. Größere Vermögen würde ich definitiv auch in dieser Hinsicht diversifizieren, wenn ich denn überhaupt in Bankspar-Angebote oder gar -Anleihen investieren  wollte.
In Panik braucht man in Deutschland nicht verfallen, wobei wir unsere Bankenstruktur ja kennen und lieben. Sprich es sollte jeder wissen, ob eine Privatbank wirklich so viel besser ist als die genossenschaftliche oder öffentlich-rechtliche. Ja, die gingen auch schon pleite, aber sie sind im Vergleich klein (Bundes- und Landesbanken etc. nehmen wir aus, da kann man auch nichts anlegen), und wurden noch immer von den anderen aufgefangen.
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Florian

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Re: Bankenkrise
Antwort #565: April 13, 2013, 13:30:38
Und mittlerweile ist die Beteiligung der Bankkunden schon offizielle Position des EU-Binnenmarktkommissars Barnier:
Zitat
"Zuerst zahlen die Aktionäre der Bank, als Zweites die übrigen Kapitalgeber, also etwa Anleihebesitzer", sagte er. "Wenn das nicht reicht, werden Sparer mit Guthaben über 100.000 Euro herangezogen. Danach kommen die Mittel aus den künftigen nationalen Banken-Abwicklungsfonds, in die alle Institute einzahlen müssen."

Und dann erst der ESM.
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/plaene-des-eu-binnenmarktkommissars-reiche-sparer-sollen-bei-banken-pleiten-haften-1.1648076


Wird hier endlich das Ganze vom Kopf auf die Füße gestellt?
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Re: Bankenkrise
Antwort #566: Mai 12, 2013, 16:05:54
Heute mal ein Buchtipp:

Mark Schieritz: Die Inflationslüge

Der Autor erklärt verständlich, aber aus strenger VWL Sicht, Zentralbankgeld, die Geldmengen M0 bis M3, Eurokrise, die deutsche HyperInflation 1923, VermögensBlasen und dergleichen mehr.

Eine wichtige These des Buches:
"Dass in der öffentlichen Debatte nur die Ausweitung der Geldschöpfung durch die Notenbanken, nicht aber die rückläufige Geldschöpfung der Privatbanken eine Rolle spielt, kommt einem kolossalen Versagen der Wirtschaftsexperten an den Universitäten und in den Medien gleich."

Einen kleinen Einblick in das Buch gibt vielleicht dieser Artikel des gleichen Autors:
http://www.zeit.de/2013/19/finanzmarkt-finanzpolitik-inflation/komplettansicht

Florian

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Re: Bankenkrise
Antwort #567: Mai 27, 2013, 19:27:06
Schäuble will nach Berichten über die KfW Garantien für z.B. Darlehen der spanischen Schwesterbank ausgeben.
Sprich, man übernimmt noch mehr Risiko.

Allerdings sind die Summen mickrig. Die Rettung der deutschen Banken wird mindestens 70 Mrd. Euro kosten. Link gibt es, wenn ich ihn wieder finde.
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Florian

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Re: Bankenkrise
Antwort #568: Mai 29, 2013, 18:22:17
Apple ist ja groß in der Kritik wegen der Steuersparmodelle. (siehe auch hier, ff.)

In Deutschland sieht es so aus:
Von 1992 bis 2008 stiegen die Gewinne der Unternehmen um 140%.
Die Einnahmen aus der Körperschaftssteuer dagegen nur 64%.

Vergleicht man nun BIP und Körperschaftssteuereinnahmen, kommt man in etwa und durchschnittlich (!) auf 20% Realbelastung. Das macht etwa 111 Mrd. € aus und damit ein Fünftel der Gesamtsteuereinnahmen.

Eigentlich müssten es aber 90 Mrd./anno mehr sein. Zudem war noch mehr als eine halbe Billion an Verlustvorträgen möglich.

Die Steuerreform 2008 mit niedrigeren Sätzen aber erweiterter Bemessungsgrundlage hat das Problem anscheinend immerhin etwas vermindert. Vorher wurde noch mehr außer Landes versteuert - oder eben nicht.

Neuere Zahlen liegen leider noch nicht vor.

Zur Pressemitteilung des DIW.
« Letzte Änderung: Mai 29, 2013, 18:25:34 von Florian »
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