Habe gerade mal ein bisschen Zeit, um noch etwas sachlichere Kritik an diesem Zeit-Artikel nachzuliefern.
Eine zentrale Problematik, über die der Autor jedoch hinweg holpert, ohne sie anscheinend wahrgenommen zu haben, ist die Frage: Was gilt als Brief- bzw. Paketpost im Sinne des Weltpostvertrages und was nicht? Ich bin weder tief vertraut mit dem Weltpostvertrag, noch Jurist. Aber allgemeine Leseart ist, dass die Tür-zu-Tür Express-Produkte, wie sie von sogenannten Integrators angeboten werden, nicht als Brief- bzw. Paketpost im Sinne des Weltpostvertrages gelten. Eben solche Produkte bilden heute auch die Top-Produkte (bezüglich Geschwindigkeit) der staatlichen Postbetriebe, wie jene der im Artikel erwähnten Post-Tochter DHL Express.
Über einen Zoll, der die in ein Land ein- und aus ihm ausführenden Warenströme überwacht und an ihnen die jeweiligen nationalen Gesetze anwendet, verfügt wohl jeder Staat unseres Planeten. Das ist nichts Neues, sondern mindestens seit dem Mittelalter so. Dass zu diesem Zweck ein Warenführer dem Zoll die mitgeführte Ware zu deklarieren hat und dass diese Deklaration Dinge wie die Art der Ware, Absender und Empfänger enthält, ist wohl auch in jedem Staat so. Seit eh und je. Beim "hochrangingen Datenschützer", der im Artikel mit der Aussage zeitiert wird, "dem amerikanischen Zoll kann doch nichts Besseres passieren, als dass er erfährt, wer an wen eine interessante Sendung schickt, die es vielleicht lohnt zu öffnen, zum Beispiel weil Konstruktionszeichnungen darin sind", kann ich mich wirklich nur noch fragen, auf welchem Planeten der lebt und wie er zum "hochrangingen Datenschützer" hat werden können. Genau diese Informationen hat jeder Zoll schon seit immer erhalten.
Was mit den eingangs erwähnten Integrators geändert hat und worum es auch beim jetzigen Widerstand von Österreich geht, ist lediglich der Zeitpunkt, wann ein Zoll diese Informationen erhält. Damit die Integrators die heute gebotenen Zustellzeiten hinkriegen, muss die Zollabfertigung möglichst nahtlos in die Abläufe der Integrators eingebunden werden. Die Zollabfertigung muss also beginnen und im Idealfall auch schon beendet sein, bevor eine Sendung physisch im Bestimmungsland eintrifft. Zu diesem Zweck werden die Sendungsdaten von den Integrators bereits im Versendungsland erhoben und ins Bestimmungsland übermittelt, so dass dort bereits die Zollanmeldungen erstellt werden können, wenn die Sendung noch irgendwo unterwegs ist. Das läuft so seit es Integrators gibt (und ist heute auch bei anderen Speditionen gang und gäbe) - also seit mindestens 2 Jahrzehnten. Eingeführt wurden diese Verfahren nicht auf Wunsch oder auf Druck Seitens der Behörden, sondern durch die Integrators im Interesse ihrer Kundschaft.
Erst in den letzten Jahren setzt nun allmählich auch ein Wunsch der Behörden ein, die Daten (wohlgemerkt jene Daten, welche früher oder später ohnehin bekanntgegeben werden müssen) möglichst früh zur Verfügung zu haben, um mehr Zeit für eine Risikoanalyse zur Verfügung zu haben. Wohlgemerkt, eine Risikoanalyse, die seit eh und je vorgenommen wird, ja vorgenommen werden muss, wenn die Behörde nicht in höchstem Masse ineffizient ins Blaue hinaus kontrollieren will. Die USA sind hier zwar Vorreiter. Andere Staaten, allen voran die EU, die sich hier also im passiven Modus quer stellt, machen im aktiven Modus aber genau das selbe und sind dabei, Pflichten zur Vorausanmeldung einzuführen. (Ob sich die Brüsseler Bürokratie wohl bewusst ist, welch schizophrenen Eindruck sie nach aussen mitunter macht?)
Inwieweit einer Einführung dieser in anderen Verkehrsarten längst üblichen Praxis beim Postverkehr der Weltpostvertrag tatsächlich entgegen steht, kann ich nicht beurteilen. Die Frage, wie sinnvoll ein Widerstand gegen entsprechende Anpassungen der internationalen Verträge ist, darf aber wohl erlaubt sein. Dass durch eine frühzeitige Datengestellung das Postgeheimnis aufweicht werden soll, erschliesst sich mir jedenfalls nicht. Viel mehr stelle ich mir die Frage, ob man durch das Aufbauschen bzw. Aufbauen solcher Nicht-Probleme zu grossen Schlagzeilen der Sache des Datenschutzes nicht einen Bärendienst erweist?
Edit: Fehlerbehebung