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elafonisi

  • Verbergnix
Re: Ich sehe was Du nicht siehst / Behörden-Trojaner
Antwort #210: September 10, 2007, 10:49:03
Ich glaube doch, dass viele hier, wenn nicht alle dafür sind den Terrorismus zu bekämpfen. Das man den Sicherheitsbehörden das Werkzeug (Gesetze und Technik) an die Hand geben muss um solches auch tun zu können, wird wahrscheinlich auch niemand ernsthaft in Frage stellen.

Die Erfahrung mit unseren Politikern hat allerdings gezeigt: wehe wenn sie losgelassen. Als Beleg dafür darf man auf das tausendjährige Reich und 40 Jahre Arbeiter- und Bauernparadies verweisen. Kann schon sein, dass wir da ganz anders denken, als der Rest der Welt.

Aber selbst wenn man die beiden Zeitabschnitte ausblendet, gibt es seitens der Politik immer wieder Versuche mehr Kontrollmöglichkeiten einzuführen und die persönlichen Freiheiten einzuschränken. Die Mittel dazu waren immer gleich. Eine Forderung der man sich aus logischen Gründen nicht verschließen kann, der breite Konsens über die Umsetzung, eine kurze Phase der Ruhe und die anschließende klammheimliche Aufweichung der Regeln. Manchmal landen diese Versuche vor der Justiz die zum Glück auch manches wieder gerade rückt. Erfolg vor den Gerichten ist aber meistens nur denen beschieden, die entweder über genügend finanzielle Mittel oder eine breite Lobby verfügen. (z.B. Schutz der Informationsquellen von Journalisten)
Die sich jetzt auftuenden Möglichkeiten technischer Art sind sicherlich auch nicht dazu geeignet, einen Schutz der Privatsphäre zu gewährleisten.

Mein ganz persönliches Fazit:
Ich bin für die Möglichkeit der Online-Durchsuchung (falls überhaupt technisch möglich), wenn garantiert wäre, dass ein Richter dies anordnet und dieses Instrument nur zu Bekämpfung der Schwerstkriminalität und des Terrorismus eingesetzt wird. (auch auf Dauer!  Zweifel sind hier erlaubt und angebracht.)
Re: Ich sehe was Du nicht siehst / Behörden-Trojaner
Antwort #211: September 10, 2007, 12:03:15
Mein ganz persönliches Fazit:
Ich bin für die Möglichkeit der Online-Durchsuchung (falls überhaupt technisch möglich), wenn garantiert wäre, dass ein Richter dies anordnet und dieses Instrument nur zu Bekämpfung der Schwerstkriminalität und des Terrorismus eingesetzt wird. (auch auf Dauer!  Zweifel sind hier erlaubt und angebracht.)

Schön, doch auch mal einen Grauton zu lesen.  ;)  Bin ganz ähnlicher Ansicht.
_______
Complete liberty of contradicting and disproving our opinion, is the very condition which justifies us in assuming its truth for purposes of action; and on no other terms can a being with human faculties have any rational assurance of being right. (John Stuart Mill - On Liberty)
Re: Ich sehe was Du nicht siehst / Behörden-Trojaner
Antwort #212: September 10, 2007, 12:11:08
Schön, doch auch mal einen Grauton zu lesen.  ;)  Bin ganz ähnlicher Ansicht.

Das liegt daran, daß nur jeder zweite Beitrag hier auf grauem Grund geschrieben wird und der Schreiber sich das leider nicht aussuchen kann. ;)

Zum anderen ist es doch sowieso und bei allen, die Schäuble nicht vertrauen, genau so:
Wenn der Eindruck des "Freibriefes" für alle möglichen Schnüffelleien ausgeräumt wird, bitte.....
Re: Ich sehe was Du nicht siehst / Behörden-Trojaner
Antwort #213: September 10, 2007, 17:48:55
Mein ganz persönliches Fazit:
Ich bin für die Möglichkeit der Online-Durchsuchung (falls überhaupt technisch möglich), wenn garantiert wäre, dass ein Richter dies anordnet und dieses Instrument nur zu Bekämpfung der Schwerstkriminalität und des Terrorismus eingesetzt wird. (auch auf Dauer!  Zweifel sind hier erlaubt und angebracht.)

Schön, doch auch mal einen Grauton zu lesen.  ;)  Bin ganz ähnlicher Ansicht.

Tja, so ähnlich stehe ich dem Ganzen auch gegenüber. Von völliger Ablehnung habe ich nicht gesprochen, gebe aber gerne zu, dass ich mich an einigen Stellen bestimmt so anhöre. Ich bin halt nur für einmal mehr hinterfragen, als immer nur die sich am ehesten bietende Option zu wählen.

Florian

  • Verderbliche Ware!
Re: Ich sehe was Du nicht siehst / Behörden-Trojaner
Antwort #214: September 10, 2007, 19:31:31
Korrekt. Der Rechtsstaat hat die Pflicht, dem Recht soweit immer möglich zum Obsiegen zu verhelfen und keine rechtsfreien Räume zuzulassen.

Soweit immer möglich. Aha. Das schließt Selbstbeschränkung aus. Das ist dann aber kein Rechtsstaat mehr.

Zitat
Wenn sich Verbrecher neuere technologische Mittel zu Nutze machen, um sich dem Recht und einer Strafverfolgung zu entziehen, dann hat der Rechtsstaat durchaus die Pflicht, das nach  seinen Möglichkeiten zu unterbinden. Dabei wird er die neuen technologischen Mittel kaum ignorieren können.

Es geht ja auch weniger um das technische Mittel sondern um die schon erwähnten Punkte:
Heimlichkeit, Zeitpunkt, Dauer.

Zitat
Ist das nicht genau jene Frage, die Schäuble aufgeworfen hat und die ihm nun das Sperrfeuer eingebracht hat? Genau dazu würde ein entsprechendes Gesetz doch dienen, um eben diese Grenze zu ziehen.

Ohne fehlende Rechtsgrundlage ist es auch nicht erlaubt, daß hat der Bundesgerichtshof schon entschieden. Es gibt also durchaus schon eine Grenze.
Als ich fragte, wo "man" die Grenze ziehen soll, war das eher eine schlecht formulierte Frage an Dich.

Wie auch immer, es ist doch sehr gut das die Bürger endlich einmal aufwachen. Peu a peu wird ihnen die informationelle Selbstbestimmung genommen.
In Anbetracht der Erfahrungen, die wir Bundesbürger so machen durften - in den letzten 20 Jahren, nicht als Zuschauer eine Guido-Knopp-Dokumentation - ist es doch nicht verwunderlich das nicht immer astrein und themenpur diskutiert wird. Aber in diesem Falle finde ich das mal erfrischend, denn zu häufig bleibt die Diskussion ganz aus. In diesem Forum freilich selten.

Zitat
Ich werde aus politischen Diskussionen in Deutschland irgendwie oftmals nicht schlau. Wie gern wirft man den Amis ein Schwarz-Weiss-Denken vor. Sorry, aber mir scheint in Deutschland (und bei politischen Diskusionen hier im Forum) häufig etwas sehr ähnliches vorzugehen. Nur dass man es hier wohl Schwarz-Rot-Denken nennen müsste.
Es scheint immer irgendwie zwei Gruppen zu geben, die sich vor allem dadurch definieren, die entgegengesetzte Meinung der anderen Gruppe zu haben. Früher waren diese einigermassen klar definiert, hier die Schwarzen, da die Roten. Dazwischen nichts oder nur Marginales. Seit der grossen Koalition verlaufen die Gräben wohl nicht mehr immer den Parteigrenzen entlang. Aber bei jeder Sachfrage scheinen sich wieder quasi naturgemäss zwei radikale Gruppen zu bilden. Und dazwischen nichts. Beide Seiten vertreten stur ihre von Vorurteilen durchtränkten Meinungen und werfen der jeweiligen Gegenseite schlechte Absichten vor. Konsensfindung scheint gar nicht gewollt.

Also, ich kann echt nur noch mit dem Kopf schütteln, mir stehen gewissermassen die Haare zu Berge - ein imposantes Bild. ;)

Also jetzt mal ehrlich, Deutschland ist mit Sicherheit eines der europäischen Länder mit der ausgeprägtesten Konsenskultur. Schau doch mal nach Spanien, Italien, Portugal, Polen, England, Tschechien, Frankreich - wie es da zur Sache geht.
Hier gibt es auch nicht diese extreme Rot/Schwarz-Aufteilung der gesamten Gesellschaft wie es sie anderswo gibt. In der Bundesrepublik hat auch noch nie eine Partei alleine die Regierung stellen können, so von wegen in der Mitte gäbe es nichts. Die großen Parteien haben auch teilweise sehr starke linke oder rechte Flügel, die zur Mitte weisen. Die stark föderalistische Struktur zwingt die Parteien jederzeit zumindest zum Gespräch.
Und außerdem: Glaubst Du die Online-Durchsuchung würde hier anders diskutiert, käme der Vorschlag von einem SPD-Minister? Hätte ja gut sein können, sehr verschieden war die Politik von Otto Schily nämlich nicht.

Zitat
So scheint auch die Diskussion um den Trojaner zu laufen. Auch hier im Forum. Es scheint nur radikale Poistionen geben zu dürfen. Ist man nicht vorbehaltslos und grundsätzlich gegen das, was Schäuble will, ist man vollumfänglich und vorbehaltslos für Schäuble und entsprechend wird aus allen Rohren gefeuert.

Das ist doch nicht richtig. Welche Beiträge sind denn so schlimm das Du Dich angegriffen fühlst? Man ist auch nicht gezwungen auf alles einzugehen.

Zitat
Mir passiert hier bei jeder politischen Diskussion irgendwie das ständig selbe. Versucht man Gedanken anzuregen, wonach die Wahrheit womöglich irgendwo zwischen den radikalen Polen liegen könnte und vertritt man keine der Schwarz- oder Weiss-Ansichten, sondern irgend ein mehr oder weniger helles Grau, wird man von beiden radikalen Lagern als nicht zu ihnen gehörend und damit als "feindlich" eingestuft und man landet im Sperrfeuer beider Seiten.

Das wird wohl auch an Deinen eigenen Beiträgen liegen, meinst Du nicht. Es ist ja nicht das erste Mal das Du provozierende Äußerungen setzt, ich erinnere mich an Darwin. Hier ist es die Rüstungsspirale, eigentlich ja - ich nehme an wir sind uns einig - ein maßloses, gefährliches Phänomen. Ich nehme aber an gerade das wolltest Du gar nicht sagen, wie ich auch glaube das Du eigentlich gar nicht provozieren wolltest.
Laß' doch einfach die Vergleiche und Metaphern weg, die werden oft mißverstanden selbst wenn sie passender gewählt sind als diese Beispiele.

Zitat
Ist vielleicht wirklich eine deutsch-schweizerische politische Inkompatibilität, die uns bei jeder politischen Diskussion scheitern und aneinander vorbei reden lässt.

Unsinn.
Etwas unglücklich finde ich allerdings wenn Jemand ständig betont das er ja von außen draufschaut und damit die Objektivität gepachtet hat. So könnte man auch Deine längliche Fehlcharakterisierung deutscher Mentalitäten interpretieren.

Zitat
Aber auf dieser Stufe, auf der wir jetzt wieder angelangt sind, habe ich keine Lust mehr weiter zu diskutieren. Über das "Schäuble ist böse, folglich ist alles was er anreisst so böse, dass man gar nicht erst darüber diskutieren darf, ob womöglich wirklich ein Handlungsbedarf besteht" kommen wir irgendwie nicht hinaus.

Habe ich zum Beispiel nicht geschrieben, oder?
Man kann aber so etwas nicht diskutieren, ohne das der eigene Erfahrungsschatz mit einfließt. Und ob man Vertrauen in Politiker hat, die sich so äußern wie Herr Schäuble, oder wie auch immer, darf ja wohl Jeder selbst entscheiden.
Ich gebe Dir allerdings recht das dieses das eigentliche Diskussionsthema nicht völlig auf die Seite drücken sollte.


Zitat
Tja, wir Schweizer sind eigentlich nicht unbedingt dafür bekannt, mit gesunder Skepsis gegenüber Staatsbehörden spärlich gesegnet zu sein. Wahrlich nicht. Und ich kann Dir versichern, ich bin auch diesbezüglich Schweizer pur. Aber ab einem gewissen Grad ist das Misstrauen nicht mehr gesund.

Wir Schweizer... ihr Deutschen. Nein! Du und Ich!



Mein ganz persönliches Fazit:
Ich bin für die Möglichkeit der Online-Durchsuchung (falls überhaupt technisch möglich), wenn garantiert wäre, dass ein Richter dies anordnet und dieses Instrument nur zu Bekämpfung der Schwerstkriminalität und des Terrorismus eingesetzt wird. (auch auf Dauer!  Zweifel sind hier erlaubt und angebracht.)

Das klingt natürlich zunächst mal gut, aber da liegen ja genau die Probleme:
a) Richterliche Kontrolle, schön und gut. Auch Telekommunikationsüberwachung wird richterlich kontrolliert. Wie sieht nun die Realität aus? Kaum je wird ein Antrag abgewiesen. Die völlig überlasteten Richter unterschreiben das im Schnelldurchlauf, TKÜ wird mittlerweile bei zig Delikten angewandt.
b) Was ist eigentlich Schwerstkriminalität? Hier stellt sich doch sehr die Frage, ob man nicht damit die Büchse Pandoras öffnet. Erst sind es Landesverrat, dann Organisierte Kriminalität aller Art (auch Taschendiebe), die Kinderschänder,  Wiederholungstäter aller Art, etc. pp.
Muss nicht so kommen, kam aber bisher immer so.
c) Terrorverdächtig ist so Mancher. Ich erinnere mal an die Aktivphase der RAF. Da waren plötzlich sehr viele Leute dem Staat sehr verdächtig und wurden polizeilich behandelt, sogar beruflich diskrimiert.
Man überwacht auch nicht nur den jeweilig Verdächtigen (nicht überführten!), sondern auch alle seine Kommunikationspartner oder Leute, über die er Informationen gesammelt hat. Man denke an Lehrer, Journalisten, Psychologen.

Es heißt jetzt immer: Vielleicht acht oder zehn im Jahr! Regt Euch nicht auf. Aber angeblich gibt es ja mindestens hundert Schläfer, tausende Sympathisanten und deren Freunde, Familie, Kontakte aller Art.
Das passt doch nicht zusammen.

Der Trojaner an sich mag im luftleerem Raum ja womöglich eine akzeptable Sache sein, beim Eintritt in die Atmosphäre beginnen aber die wirklichen Fragen.
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Beitrag frei Haus geliefert. Frisch von der Apfelinsel.
Re: Ich sehe was Du nicht siehst / Behörden-Trojaner
Antwort #215: September 10, 2007, 21:44:50
Korrekt. Der Rechtsstaat hat die Pflicht, dem Recht soweit immer möglich zum Obsiegen zu verhelfen und keine rechtsfreien Räume zuzulassen.
Soweit immer möglich. Aha. Das schließt Selbstbeschränkung aus. Das ist dann aber kein Rechtsstaat mehr.
Kommt darauf an, was genau Du unter Selbstbeschränkung verstehst. Selbstbeschränkung im Sinne von Wahrung der Verhältnismässigkeit schliesst es mitnichten aus. Aber es schliesst Selbstbeschränkung im Sinne einer Kapitulation vor den technischen Fortschritten der Verbrecher aus.

Zitat
Wie auch immer, es ist doch sehr gut das die Bürger endlich einmal aufwachen. Peu a peu wird ihnen die informationelle Selbstbestimmung genommen.
Dass dem Bürger die informationelle Selbstbestimmung zunehmend schwieriger fällt und entgleitet sehe ich durchaus auch. (Schuldig in diesem Sinne ist aber sicher nicht nur und womöglich nichtmal hauptsächlich der Staat.) Du setzt hier aber doch schon wieder etwas als gegeben voraus, was nicht naturgemäss gegeben ist. Bzw. Du schliesst implizit aus, dass es möglich ist, einen Trojanereinsatz gesetzlich zu ermöglichen, ohne dass das informationelle Selbstbestimmungsrecht des normalen Bürgers beschnitten wird.

Zitat
Welche Beiträge sind denn so schlimm das Du Dich angegriffen fühlst?
Ich fühle mich nicht angegriffen. Aber ich finde meine Äusserungen in Diskussionen mit Deutschen (sorry, wenn hier wieder der Deutsche kommt - mit Euch - aber nicht nur mit Euch, sondern auch mit anderen Deutschen) sehr häufig in eine weit radikalere Ecke gestellt, als sie eigentlich gedacht und von mir selbst empfunden waren. Und da mir das in Diskussionen mit Schweizern nicht passiert, gehe ich mal davon aus, dass das nicht a priori in mangelnder Sprachpräzision meinerseits, sondern in irgend welchen deutsch-schweizerischen Unterschiedlichkeiten begründet liegt. Ob die nun sprachlicher oder politischer Natur oder beides sind, weiss ich auch nicht.  :-\

Zitat
Etwas unglücklich finde ich allerdings wenn Jemand ständig betont das er ja von außen draufschaut und damit die Objektivität gepachtet hat. So könnte man auch Deine längliche Fehlcharakterisierung deutscher Mentalitäten interpretieren.
Dass ich das von ausserhalb Deutschlands mitverfolge ist nunmal so. Daraus eine erhöhte Objektivität ableiten zu wollen, war eigentlich nie meine Absicht. Wenn das so empfunden wurde, entschuldige ich mich dafür. Wenn ich meinen ausserdeutschen Standpunkt erwähnt habe, dann geschah dies eigentlich in der Absicht zu erklären oder verdeutlichen, weshalb ich gewisse Dinge nicht gänzlich verstehen oder nachvollziehen kann.

Zitat
Das klingt natürlich zunächst mal gut, aber da liegen ja genau die Probleme:
Auf die Gefahr hin, dass das erneut als arrogant empfunden wird, erlaube ich mir doch mal aufzuzeigen, wie diese Probleme in einem entsprechenden Gesetzesvorschlag in der Schweiz gelöst wurden. Aber schliesslich fragtest Du mich ja...
Zitat
... wo "man" die Grenze ziehen soll, war das eher eine schlecht formulierte Frage an Dich.
Also antworte ich jetzt einfach mal, wie "man" diese Probleme hier auf eine Art zu lösen versucht, mit der ich persönlich leben kann.
Der erwähnte Gesetzesvorschlag liegt in seiner stark abgeschwächten zweiten Version vor, nachdem die erste Version (meiner Meinung absolut zu Recht) wegen einer Reihe auch hier in diesem Thread vorgebrachten Datenschutzbedenken zersaust worden ist.

 
Zitat
a) Richterliche Kontrolle, schön und gut. Auch Telekommunikationsüberwachung wird richterlich kontrolliert. Wie sieht nun die Realität aus? Kaum je wird ein Antrag abgewiesen. Die völlig überlasteten Richter unterschreiben das im Schnelldurchlauf, TKÜ wird mittlerweile bei zig Delikten angewandt.
Der Gesetzentwurf sieht für eine geheime Durchsuchung eines Computers folgende Prozedur vor:
Zuerst ist eine Stellungnahme einer speziellen Kammer des Bundesstrafgerichts einzuholen. Dieses kann die geplanten Massnahmen gutheissen, mit Auflagen gutheissen oder ablehnen. Gibt das Gericht eine positive Stellungnahme, darf der Antrag dem Justizminister (himself, nicht delegierbar) vorgelegt werden. Dieser muss zusätzlich das Einverständnis der Verteidigungsministers (himself, nicht delegierbar) einholen. Ist jener einverstanden, kann der Justizminister die Massnahme anordnen. Spricht sich der Verteidigungsminister dagegen aus, kann die Sache dem Gesamt-Bundesrat (also allen 7 Ministern = allerhöchste Regierungsebene) vorgelegt werden. Spricht sich dort die Mehrheit dafür aus, kann die Massnahme angeordnet werden.

Also das sind hohe Hürden.

 
Zitat
b) Was ist eigentlich Schwerstkriminalität? Hier stellt sich doch sehr die Frage, ob man nicht damit die Büchse Pandoras öffnet. Erst sind es Landesverrat, dann Organisierte Kriminalität aller Art (auch Taschendiebe), die Kinderschänder,  Wiederholungstäter aller Art, etc. pp.
Muss nicht so kommen, kam aber bisher immer so.
Der Deliktekatalog ist abschliessend wie folgt beschrieben:
- Terrorismus
- verbotener politischer oder militärischer Nachrichtendienst
- verbotener Handel mit Waffen, radioaktiven Materialien sowie verbotener Technologietransfer
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Patrick

  • 4 - 8 - 15 - 16 - 23 - 42
Re: Ich sehe was Du nicht siehst / Behörden-Trojaner
Antwort #216: September 10, 2007, 23:32:56
Irgendwo ist es doch hirnrissig: allein schon die Tatsache, daß der Trojaner öffentlich diskutiert wird, macht ihn doch sinnlos. Wenn überhaupt, bekommt man damit dumme Drohnen (wobei die natürlich die Pläne im Endeffekt umsetzen, aber absolut ersetzbar sind) und für die reichen ja augenscheinlich schon die bisherigen Methoden. Höhere Ebenen wird man auf diese Weise kaum erwischen. Wenn da was per Internet kommuniziert wird, werden kaum eigene Rechner verwendet, sondern eher Internet-Cafés, als Ablage dienen weit verteilte Systeme, die Zugriffe laufen über Anonymizer. Eher aber wird mündlich mit Kurieren gearbeitet, nix Elektronik oder Papier.
_______
Dr. Jones: Well I can assure you, Detective Britten, that this is not a dream. What?
Michael: That's exactly what the other shrink said. (Awake 1x01)

Florian

  • Verderbliche Ware!
Re: Ich sehe was Du nicht siehst / Behörden-Trojaner
Antwort #217: September 11, 2007, 17:12:52
Kommt darauf an, was genau Du unter Selbstbeschränkung verstehst. Selbstbeschränkung im Sinne von Wahrung der Verhältnismässigkeit schliesst es mitnichten aus. Aber es schliesst Selbstbeschränkung im Sinne einer Kapitulation vor den technischen Fortschritten der Verbrecher aus.

Ich habe ja nur auf Deine Äußerung geantwortet. Natürlich kann man nicht sagen: Das ist moderner, also dürfen wir es nicht anwenden.


Zitat
Dass dem Bürger die informationelle Selbstbestimmung zunehmend schwieriger fällt und entgleitet sehe ich durchaus auch. (Schuldig in diesem Sinne ist aber sicher nicht nur und womöglich nichtmal hauptsächlich der Staat.)
Du setzt hier aber doch schon wieder etwas als gegeben voraus, was nicht naturgemäss gegeben ist. Bzw. Du schliesst implizit aus, dass es möglich ist, einen Trojanereinsatz gesetzlich zu ermöglichen, ohne dass das informationelle Selbstbestimmungsrecht des normalen Bürgers beschnitten wird.

Ja, ich sage es sogar explizit:
Theoretisch ist das alles möglich, in der Praxis wette ich dagegen. Kann ich es 100% wissen? Nein. Trotzdem bin ich mir sicher das, ist dieses Instrument erst einmal freigegeben, die Hürden nach und nach fallen oder es zumindest versucht wird.

Zitat
Ich fühle mich nicht angegriffen. Aber ich finde meine Äusserungen in Diskussionen mit Deutschen (sorry, wenn hier wieder der Deutsche kommt - mit Euch - aber nicht nur mit Euch, sondern auch mit anderen Deutschen) sehr häufig in eine weit radikalere Ecke gestellt, als sie eigentlich gedacht und von mir selbst empfunden waren. Und da mir das in Diskussionen mit Schweizern nicht passiert, gehe ich mal davon aus, dass das nicht a priori in mangelnder Sprachpräzision meinerseits, sondern in irgend welchen deutsch-schweizerischen Unterschiedlichkeiten begründet liegt. Ob die nun sprachlicher oder politischer Natur oder beides sind, weiss ich auch nicht.  :-\

Ich kann das nicht nachvollziehen. Wieso radikale Ecke? Scharf kritisiert wurde doch Schäuble und nicht Du. Wenn Du das so empfindest, ist das natürlich schade. Sprachlich dürfte das Problem wohl nicht sein, was allerdings sicher irgendwo stimmt ist das hier und auch in vielen anderen Internet-Foren  Überwachungsmaßnahmen selten Befürworter finden. Das liegt sicher an der Usermischung, die nicht repräsentativ sein kann.


Zitat
Dass ich das von ausserhalb Deutschlands mitverfolge ist nunmal so. Daraus eine erhöhte Objektivität ableiten zu wollen, war eigentlich nie meine Absicht. Wenn das so empfunden wurde, entschuldige ich mich dafür. Wenn ich meinen ausserdeutschen Standpunkt erwähnt habe, dann geschah dies eigentlich in der Absicht zu erklären oder verdeutlichen, weshalb ich gewisse Dinge nicht gänzlich verstehen oder nachvollziehen kann.

Ich habe auch gezögert das zu schreiben, denn eigentlich bin ich mir schon recht sicher das Du nicht vom hohen Ross herunter sprechen willst.
Es ist halt nur so das Sprüche wie "Angst um Deutschland" schon eine ziemlich provokative Note haben.

Ich muss aber zugeben das mir ganz allgemein auf den Keks geht wenn, ob aus dem Ausland oder von Deutschen selbst, so getan wird als könnten die Deutschen halt nicht klar denken wegen erlittener Traumata. Nichts das Du das so explizit getan hättest, mir dünkte allerdings es ging in diese Richtung, überhaupt sehe ich leicht rot wenn mehr oder minder von Volkscharakteren die Rede ist.  Das ist für mich Humbug mit Potential zur Bösartigkeit.
Aber das ist quasi die Metaebene, nicht unsere Diskussion hier, nur in meinem Kopf sind die halt nebeneinander. :)


Zitat
Der Gesetzentwurf sieht für eine geheime Durchsuchung eines Computers folgende Prozedur vor:
Zuerst ist eine Stellungnahme einer speziellen Kammer des Bundesstrafgerichts einzuholen. Dieses kann die geplanten Massnahmen gutheissen, mit Auflagen gutheissen oder ablehnen. Gibt das Gericht eine positive Stellungnahme, darf der Antrag dem Justizminister (himself, nicht delegierbar) vorgelegt werden. Dieser muss zusätzlich das Einverständnis der Verteidigungsministers (himself, nicht delegierbar) einholen. Ist jener einverstanden, kann der Justizminister die Massnahme anordnen. Spricht sich der Verteidigungsminister dagegen aus, kann die Sache dem Gesamt-Bundesrat (also allen 7 Ministern = allerhöchste Regierungsebene) vorgelegt werden. Spricht sich dort die Mehrheit dafür aus, kann die Massnahme angeordnet werden.

Also das sind hohe Hürden.

Ja, sieht so aus.
Aber in Deutschland soll das anders gemacht werden. In der Tat, wie oben schon erwähnt, gab es in NRW schon ein Gesetz, das selbst die elementarsten Regeln nicht beachtete. So werden in Deutschland Gesetze gemacht, leider. Die Gerichte sammeln sie dann wieder ein, was oft lange dauert.

Wie, frage ich, soll man da Vertrauen fassen?

Und generell:
Bevor jetzt schon wieder eine neue Maßnahme hinzukommt, müssten alle seit den 70ern eingeführten Einschränkungen der Freiheits- und Bürgerrechte endlich einmal unabhängig geprüft werden und auch ständig neu geprüft werden.
Das wäre Job unserer Abgeordneten, und den tun sie nicht.

Vielleicht liegt hier auch der hier entdeckte Unterschied zwischen Deutschland und der Schweiz, also nicht in der politischen Meinung sondern im Handeln der Politik. Manchmal. Ohne was glorifizieren zu wollen.


Ich schätze aber Du willst zu der Frage durchdringen, ob man bzw. ich und die anderen Teilnehmer hier so einen Trojaner gutheißen kann, wenn die Beschränkungen nur groß genug sind?

Mir verursachte das trotzdem Bauchgrimmen. Ich kann die Frage auch nicht lösen vom generellen Trend, der meiner Meinung nach die gänzlich falsche Richtung hat.

Aber wenn ich sie doch mal total entkoppele:

Wenn es wirklich Fälle gibt, wo das Instrument unabdingbar ist, wenn die Grenzen gezogen und schärftens kontrolliert werden, wenn Transparenz bzgl. der Wirksamkeit gegeben wäre und das Gesetz bei Nichtwirksamkeit zurückgenommen werden würde: Ich würde nicht auf die Barrikaden gehen.


Nur was bringt mir dieser Gedankengang in der Realität?


 
Zitat
- Terrorismus
- verbotener politischer oder militärischer Nachrichtendienst
- verbotener Handel mit Waffen, radioaktiven Materialien sowie verbotener Technologietransfer

Wie gesagt sind die Termini nur vermeintlich scharf. Aber gut, irgendwelche muss man ja finden, wenn dann die. Ich warne nur davor zu glauben damit wäre eine strenge Eindämmung gegeben.
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Beitrag frei Haus geliefert. Frisch von der Apfelinsel.
Re: Ich sehe was Du nicht siehst / Behörden-Trojaner
Antwort #218: September 11, 2007, 20:32:57
Warlord, ist ja schön, daß in der Schweiz die Welt noch in Ordnung ist:

Zuerst ist eine Stellungnahme einer speziellen Kammer des Bundesstrafgerichts einzuholen. Dieses kann die geplanten Massnahmen gutheissen, mit Auflagen gutheissen oder ablehnen. Gibt das Gericht eine positive Stellungnahme, darf der Antrag dem Justizminister (himself, nicht delegierbar) vorgelegt werden. Dieser muss zusätzlich das Einverständnis der Verteidigungsministers (himself, nicht delegierbar) einholen. Ist jener einverstanden, kann der Justizminister die Massnahme anordnen. Spricht sich der Verteidigungsminister dagegen aus, kann die Sache dem Gesamt-Bundesrat (also allen 7 Ministern = allerhöchste Regierungsebene) vorgelegt werden. Spricht sich dort die Mehrheit dafür aus, kann die Massnahme angeordnet werden.

Einer solchen Regelung könnte ich sofort zustimmen! Lieb wäre mir für Deutschland noch, wenn sie nur mit 2/3 Mehrheit wieder geändert werden könnte.

Eine solch geringer Festplattenzugriff steht aber in Deutschland nicht zur Debatte. Sogar Skeptiker schlagen eine derart kleine Lösung erst gar nicht vor. Insofern ist hier kein "Zwischenton" im politischen Angebot.

Meine Befürchtungen in exponentiell zunehmenden, heimlichen Datenmitschnitt/zugriff sind dafür um so größer. Hier ein Blick auf die Telfonüberwachung:

   
http://www.heise.de/newsticker/meldung/36882

   
http://sewoma.de/berlinblawg/2007/04/26/wolff-marting/telefonueberwachung-in-deutschland/

Und die in diesem Thread weiter vorne erwähnten staatlichen Kontenabfragen 2006 von 14 Mio Stück (Prognose 2007: 20 Mio), oder das berühmte Beispiel, der, zunehmend vom Staat genutzten, (technisch lückenlosen) Kennzeichen Nachverfolgung auf allen deutschen Autobahnen, machen es auch nicht besser.


Ich finde die (schwarze) Frage, ob es in 15 Jahren ein flächendeckendes Festplatten-Screening geben wird, für berechtigt, und viel interessanter als mögliche, oder sogar wahrscheinliche, Grautöne dazwischen.
« Letzte Änderung: September 11, 2007, 20:54:09 von radneuerfinder »

elafonisi

  • Verbergnix
Re: Ich sehe was Du nicht siehst / Behörden-Trojaner
Antwort #219: September 11, 2007, 21:56:00
Kann man in der Schweiz als Deutscher Asyl beantragen?
Re: Ich sehe was Du nicht siehst / Behörden-Trojaner
Antwort #220: September 11, 2007, 22:23:50
Wenn man Dir glaubt, dass Du in Deutschland verfolgt wirst.  ;D

Um in die Schweiz zu ziehen, brauchst Du aber kein Asyl. Kannst hier ja schonmal testen, wie das mit dem Sprachverständnis aussehen würde:  ;)
http://www1.spiegel.de/active/quiztool/fcgi/quiztool.fcgi?id=27264
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Re: Ich sehe was Du nicht siehst / Behörden-Trojaner
Antwort #221: September 12, 2007, 06:33:43
Neun richtige und vier falsche Antworten.

Wobei ich die vier falschen Antworten auch nicht im zweiten Versuch erraten konnte.

Reicht das aus?
Oder kann ich damit nur Österreicher werden? ;D
Re: Ich sehe was Du nicht siehst / Behörden-Trojaner
Antwort #222: September 12, 2007, 08:01:48
10 sind das Minimum für eine Gutheissung des Asylantrages.  ;D

Die Österreicher werden sicher einen eigenen Test haben. Die haben ja noch komischere Wörter.  ;D
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apprendi

  • unredlicher Präsidentschaftskandidat
Re: Ich sehe was Du nicht siehst / Behörden-Trojaner
Antwort #223: September 12, 2007, 10:36:24
Fünf falsche Antworten - und ich wohn hier ja schon  ::)

Aber ist ja Genf. Die können auch nicht sprechen (nur anders).

Ist eh nicht empfehlenswert hier sein Glück zu versuchen. Ich warte seit Februar auf meine Permis, die scheinen darüber eingeschlafen zu sein...
Re: Ich sehe was Du nicht siehst / Behörden-Trojaner
Antwort #224: September 12, 2007, 10:54:45
Den Genfern ist Deine Gesichtsfarbe wohl zu hell...  :-X
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