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Jetzt schimpfen Sie wieder auf die bösen Stromkonzere...
November 05, 2006, 18:52:44
Marode Netze u. a.

Sind die Konzerne nicht weitgehend privatisiert ?

Die Privatisierung wurde doch zum Nutzen der Verbraucher durchgeführt  ;D

Oder verstehe ich da was falsch  ???

Jochen
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Wenn Du es eilig hast, gehe langsam.
Re: Jetzt schimpfen Sie wieder auf die bösen Stromkonzere...
Antwort #1: November 05, 2006, 19:57:52
Ja, ist wirklich irgendwie auffällig, dass so Blackouts scheinbar erst auftreten wo und seit die Stromversorgung privatisiert ist. Zufall ist natürlich nicht ausgeschlossen. Aber dem durchschnittlichen Schweizer, der die Privatisierung des Strommarktes bereits einmal an der Urne gestoppt hat, dürfte dies durchaus auch so auffallen und  er dürfte sich in seiner Meinung auch beim nächsten Anlauf der Privatisierer bestärkt fühlen. Zumal es sein nicht privatisierter Stromversorger auch diesmal fertig gebracht hat, sich aus dem Schlamassel heraus zu halten.
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Complete liberty of contradicting and disproving our opinion, is the very condition which justifies us in assuming its truth for purposes of action; and on no other terms can a being with human faculties have any rational assurance of being right. (John Stuart Mill - On Liberty)

Florian

  • Verderbliche Ware!
Re: Jetzt schimpfen Sie wieder auf die bösen Stromkonzere...
Antwort #2: November 05, 2006, 22:00:35
Ich weiß nicht, ob man das so sagen kann. Die Privatisierungen in Deutschland (und hier scheint ja die Störungsquelle zu finden sein) gingen ja schon vor Jahrzehnten los.
Was ich aber schon auch unterschreiben würde ist, daß hier ein Geschäftsbereich ist, in dem es sich massiv rächt, wenn man kurzfristige Gewinnmaximierung über alles andere stellt. Ganz offensichtlich ist da irgendwo der Wurm drin - entweder wird nicht genug ausgebaut und saniert, oder man hat sich nicht an die neuen Verhältnisse angepasst. Wenn ich lese, es hat wohl daran gelegen, daß irgendwo eine Leitung lahmgelegt wurde, um ein Schiff durchzulassen und vielleicht noch am starken Wind, der die Windräder schneller drehte, frage ich mich schon wirklich, was hier insgesamt alles verschlafen wurde.

Will also sagen: Nicht die Privatisierungen an sich sind schuld, sondern m.E. Kurzfrist-Denken der Verantwortlichen und ein nichtfunktionierender Wettbewerb unter den Stromkonzernen, um nicht zu sagen Nichtzulassung des Wettbewerbs durch eben diese.

Vor nicht allzu langer Zeit wurde hierzulande noch über den großen Blackout in den USA gespottet. Nun hat Europa den auch erleben dürfen.

Ich war ja persönlich nicht betroffen, aber eine 99,99% zuverlässige Stromverfügbarkeit ist eigentlich eines der Hauptmerkmale, weil auch Bedingung, für ein hochentwickeltes, modernes Land. Nun passiert so etwas aber nicht mehr alle zehn Jahre, sondern offensichtlich jedes Jahr.
Dann schaue ich mir noch den Zustand unserer Strassen an, den Rückzug der Bahn aus der Fläche, die Nichtrealisierung vieler Verkehrsprojekte und einiges andere und mir kommen schon ziemlich trübe Gedanken. Offensichtlich ist Deutschland nicht in der Lage seine einst zu recht gerühmte  Infrastruktur instand zu halten - von Ausbau kaum noch die Rede.
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Beitrag frei Haus geliefert. Frisch von der Apfelinsel.

Drbro

  • Hello Kitty
Re: Jetzt schimpfen Sie wieder auf die bösen Stromkonzere...
Antwort #3: November 06, 2006, 01:30:57
Vor nicht allzu langer Zeit wurde hierzulande noch über den großen Blackout in den USA gespottet. Nun hat Europa den auch erleben dürfen.

Das will ich aber auch meinen - peinlich, peinlich.
Naja, bleibt erst mal abzuwarten, wo denn genau der Grund lag. Komischerweise ist hier in Oberhausen nicht in der ganzen Stadt der Strom ausgefallen. ???
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Re: Jetzt schimpfen Sie wieder auf die bösen Stromkonzere...
Antwort #4: November 06, 2006, 06:23:44
Die Privatisierung von bisher unter staatlicher Kontrolle stehenden Bereichen wurde und wird ja immer als Allheilmittel gegen Schlendrian, Kostenineffizienz verkauft.
Und mit der Privatisierung soll es ja für den Bürger preiswerter werden.

Ob das so stimmt  ???

Wer erinnert sich noch an die knickenden Strommasten in Norddeutschland im Dezember 2005.

Die Zeche zahlen immer WIR, wer aus sonst  ;D

Jochen
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Re: Jetzt schimpfen Sie wieder auf die bösen Stromkonzere...
Antwort #5: November 06, 2006, 08:13:42
Will also sagen: Nicht die Privatisierungen an sich sind schuld, sondern m.E. Kurzfrist-Denken der Verantwortlichen und ein nichtfunktionierender Wettbewerb unter den Stromkonzernen, um nicht zu sagen Nichtzulassung des Wettbewerbs durch eben diese.

Da "Kurzfristigkeit" aber seit einiger Zeit mit "erfolgreichem Management" gleich zu setzen ist, ist es also doch irgend wie die Privatisierung.

Man stelle sich vor, die Aufsichtsräte der Energieversorger hätten auf Renditen verzichtet und statt dessen Geld für die Pflege der Netze ausgegeben.
Die Aktionäre hätten ihnen die Köpfe abgerissen!

In den nächsten Tagen wird dann die Garde der "Pressesprecher" vor den Kameras erscheinen.
Die werden erklären das es gar keinen Stromausfall gegeben hat. Jedenfalls nicht so richtig, nicht so richtig schlimm und schon gar nicht gefährlich.
Wenn aber weiterhin an den angeblich zu hohen Strompreisen rumgemäkelt wird, dann könnte so etwas (also das was es eigentlich gar nicht gab) jedoch öfter geschehen.
Re: Jetzt schimpfen Sie wieder auf die bösen Stromkonzere...
Antwort #6: November 06, 2006, 08:24:59
Will also sagen: Nicht die Privatisierungen an sich sind schuld, sondern m.E. Kurzfrist-Denken der Verantwortlichen und ein nichtfunktionierender Wettbewerb unter den Stromkonzernen, um nicht zu sagen Nichtzulassung des Wettbewerbs durch eben diese.

Mit ersterem bin ich absolut einverstanden. Nur ist halt bei einer privatisierten Versorgung die Gefahr grösser, dass sich Kurzfrist-Denken durchsetzt.

Eigentlich bin ich ja kein Verfechter eines starken Staates. Aber bei der Grundversorgung (Strom, Wasser, und bis zu einem gewissen Grad auch Festnetz-Telekommunikation und Müllabfuhr) erschliessen sich mir die Vorteile von privaten Leistungserbringern nicht unbedingt. In diesen Bereichen kann es doch gar nie wirklichen Wettbewerb geben. Das liegt ja bis zu einem gewissen Grad schon in der Natur der Sache. Es kann ja nicht jede Firma ihre eigenen Leitungen ziehen und so dem Endverbraucher wirklich ihr eigenes Produkt anbieten und sich beim Produkt auch von der Konkurrenz unterscheiden. Sonst hätte unter jeder Strasse 5 Wasser-, 10 Strom-, 4 Abwasser- und 15 Telekom-Leitungen etc. Da muss es ja immer Zusammenarbeit geben, Verträge unter Firmen, Kungeleien, undurchsichtige Verbindungen, x Möglichkeiten sich da auch noch irgendwo (nicht unbedingt notwendigerweise) einzuschalten und ein paar Kröten abzuschöpfen. Letztlich bin ich wirklich skeptisch, ob eine privatisierte Grundversorgung a) billiger und b) besser als eine staatliche Grundversorgung ist.
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Re: Jetzt schimpfen Sie wieder auf die bösen Stromkonzere...
Antwort #7: November 06, 2006, 08:47:01
Im deutschen Festnetz klappt das bisher ganz gut mit dem Wettbewerb und der Zuverlässigkeit, finde ich. Ein Vorbild? NegativBeispiele gibts ja genug, z. B. die englische Bahn.
Re: Jetzt schimpfen Sie wieder auf die bösen Stromkonzere...
Antwort #8: November 06, 2006, 09:51:57
Im deutschen Festnetz klappt das bisher ganz gut mit dem Wettbewerb und der Zuverlässigkeit, finde ich.

Wo klappt das denn gut?

Das gerade die Kurzfristigkeit von Entscheidungen ein wichtiges Mermal von gutem Managment ist, hatten wir ja auch schon in einem anderen Thread. Manager sind halt aktuell in.
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Was ist die Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn, Verstand ist stets bei wen´gen nur gewesen." -- Schiller
Re: Jetzt schimpfen Sie wieder auf die bösen Stromkonzere...
Antwort #9: November 06, 2006, 10:30:33
Im deutschen Festnetz klappt das bisher ganz gut mit dem Wettbewerb und der Zuverlässigkeit, finde ich.

Wo klappt das denn gut?

Bei mir. Ein Ausfall meines analogen Festnetztelefons ist während der letzten 10 Jahre nicht vorgekommen. Sogar während eines Stromausfalls ging es. Von anderen Leuten höre ich nix anderes. Und die Preise von z.B. Ferngesprächen sind in den letzten 10 Jahren von ca. 30 auf unter 2 Cent pro Minute gefallen. 
Re: Jetzt schimpfen Sie wieder auf die bösen Stromkonzere...
Antwort #10: November 06, 2006, 11:22:00
Bei mir. Ein Ausfall meines analogen Festnetztelefons ist während der letzten 10 Jahre nicht vorgekommen. Sogar während eines Stromausfalls ging es.

Ja, die Zuverlässigkeit der analogen Leitungen ist (noch) ganz gut, wobei die aber noch hauptsächlich aus der Zeit vor der Privatisierung stammen. D.h. dort hat sich noch nicht viel mit dem Wettbewerb getan, kein Wunder, die Leitungen liegen ja schon alle und das andere Firmen eigene Leitungen legen ist nicht mehr mach-/finanzierbar. Die T-Com profitiert dann von ihrem Erbe, das ist kein Resultat des Wettbewerbes.

Zitat
Und die Preise von z.B. Ferngesprächen sind in den letzten 10 Jahren von ca. 30 auf unter 2 Cent pro Minute gefallen. 

Ja, bei den Ferngesprächen hat der Wettbewerb funktioniert, aber bei der letzten Meile funktioniert er überhaupt nicht. Die T-Com hat die Leitungen zum Verbraucher geerbt und verteidigt ihre Pfründe dort mit Händen und Füßen.
- "Mitbewerber" müssen manchmal für die Leitungen mehr bezahlen als der Endkunde.
- Wenn die T-Com gezwungen wird auch Mitbewerber zu erlauben, arbeiten sie mit Tricks. Nur ein paar Beispiele aus meinem Erfahrungskreis:
Weil die T-Com einen Fehler macht, wird ein DSL-Anschluß für 3 Monate gesperrt. Die Speere wird ausdrücklich nur dann aufgehoben, wenn statt eines Mitbewerbers T-Online als Provider genommen wird.
Die Schaltung eines DSL-Anschlußes für einen Mitbewerber lehnt die T-Com aus technischen Gründen ab. Sie selber können den aber sofort schalten. Die Schaltung für einen nciht T-Online Zugang wird mehrfach aus den gleichen Gründen abgelehnt (mal ist der Anschlußinhaber nicht der Anschlußinhaber, mal geht das nicht...
Die T-Com verkauft trotz ausdrücklichem Wunsch den billigsten Analog-Anschluß zu bekommen, einen teureren, weil es den anderen angeblich nicht gibt (zweimal passiert). Nach hinweis auf deren Tarife auf deren Website: "Ja, schon, aber den können wir nicht nehmen."

Komm mir nicht mit T-Com und funktionierendem Wettbewerb. Die behindern den Wettbewerb wo sie nur können und aufgrund der letzten Meile, die ihnen niemand nehmen kann und die ihnen für lau in den Schoß geworfen wurde und für die es auch realistisch keine Alternative gibt, sitzen sie am längeren Hebel.
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Patrick

  • 4 - 8 - 15 - 16 - 23 - 42
Re: Jetzt schimpfen Sie wieder auf die bösen Stromkonzere...
Antwort #11: November 06, 2006, 11:26:10
@radneuerfinder: Schön für Dich. Ich hab seit über 15 Jahren nur ISDN und sowohl bei der Post, Telekom, T-Com und jetzt Arcor gab es immer wieder Probleme mit den Telekom-Leitungen. Wobei Arcor bisher beim Handling einer Störung am Besten abschnitt. Zum einen kümmerte man sich zeitnah um das Problem (auch am Wochenende, da geht bei den Gelben gar nix) und es wurde vor allem auch noch nach einem Tag nachgehakt, ob jetzt alles klappt.

Post und Telekom waren katastrophal. Ohne mehrfaches Nachfassen hätten die noch ewig gebraucht, die Probleme zu beheben.

Noch schlimmer ist es bei den T-Trödeliö's, wenn's um Beanstandungen von Rechnungen geht. Da ist dann keine der 3 Firmen mehr zuständig und man wird zwischen Telekom, T-Com und T-Online hin- und hergeschoben.

Ich habe mal fast 2 Jahre um 150 Euro gekämpft, bis dann die Dame hier in der Rechnungsstelle Süd sich ein Herz fasste und einfach eine Gutschrift erstellte. Ich hatte mit der fast jede Woche zu tun und gottseidank hatte ich deren Durchwahl, in der Warteschleife wäre ich wahrscheinlich umgekommen. Es ging um zuviel gezahlte Gebühren für die damalige ISDN-Flatrate bzw. die Umstellung danach. Absolut irre, was da abging.
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Dr. Jones: Well I can assure you, Detective Britten, that this is not a dream. What?
Michael: That's exactly what the other shrink said. (Awake 1x01)
Re: Jetzt schimpfen Sie wieder auf die bösen Stromkonzere...
Antwort #12: November 06, 2006, 11:37:04
Vor einiger Zeit mußte T-Online (damals noch eigenständiges Unternehmen) einigen Leuten Geld zurückerstatten. Lag daran, daß nach einer Kündigung noch mehrere Monate Geld abgebucht wurde, weil die die Kündigung nicht schnell genug bearbeiten konnten. Da T-Online aber bei den meisten über die T-Com das Geld einziehen ließ, wurde man wie Patrick auch schon beschreibt, von A nach B geschickt ohne mal jemand wirklich zuständigen zu packen. Der Rat war immer, zahlen sie trotzdem, sie bekommen das Geld dann zurück, quasi ein zinsloser Kredit an T-Online. Wohlgemerkt kein Einzefall! Wenn dann doch mal eine Gutschrift erfolgte, bekam man aber nicht das Geld zurück, sondern nur eine Gutschrift, die man bei der Telekom (damals eine eigenständige Firma!) abtelefonieren konnte. War mein Telekom-Kunde, tja, Pech gehabt. Man konnte natürlich weiter gegen Windmühlen kämpfen und auf sein Geld bestehen...
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Re: Jetzt schimpfen Sie wieder auf die bösen Stromkonzere...
Antwort #13: November 06, 2006, 11:40:18
Ich bin der Meinung, dass Infrastruktur eine hoheitliche Aufgabe des Staates ist

dieser ist für das Straßennetz, das Stromnetz, Schienennetz und die Flugsicherung verantwortlich

Diese Voraussetzungen oder Einrichtungen sollte er an den Meistbietenden vermieten.Dies würde ausschließen, dass Firmen, die in erster Linie auf Profit hin arbeiten, diese ungeliebten Pflichten vernachlässigt, "unrentable" Strecken stilllegt oder die Sicherheit vernachlässigt.

Die Kosten dafür sind eben durch die Nutzer einzunehmen, meinetwegen auch mit einer PKW-Maut.

Ich halte es für einen Wahnsinn, dass strukturelle Aufgaben Firmen übertragen werden, die jährlich ihre Aktionäre befriedigen möchten.
… man kann sich auch kaputtsparen…
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"Die Mutter der Dummen ist immer schwanger!" (Afghanisches Sprichwort)
Re: Jetzt schimpfen Sie wieder auf die bösen Stromkonzere...
Antwort #14: November 06, 2006, 12:15:37
Ein Bekannter von mir arbeitet bei der Telekom.

Er ist einer von denen, die in den Kästen auf der Strasse, die Leitungen schalten.

Er hat mir vor Kurzem sehr glaubhaft versichert, daß bei einem Anbieterwechsel, er bzw. die Telekom nichts anderes machen als diese Schaltung durchzuführen.
Die Schalten vom "Anbieter Telekom" auf den "Anbieter Arcor" und das war's.

Die allermeisten Meldungen, die besagen das der Wechsel auf Arcor (ein Beispiel) von der Telekom behindert werden, ist nach seinen Aussagen ein hausgemachtes Problem des neuen Anbieters, nicht aber der Telekom.
Die stellen dann natürlich die Telekom als den Buhmann hin.

Ich muss allerdings dazu sagen, daß mein Kumpel verdammt wenig Ahnung von der Materie hat. Es ist erschreckend wie wenig er und seine Kollegen von der Telekom an Basiswissen mit auf den Weg bekommen.
Es kann also sein, daß die Geschichte auch nur das Ziel des "dumm haltens der eigenen Mitarbeiter" durch seine Chefs hat.
Wissentlich gelogen hat er aber mit Sicherheit nicht!